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Operation Glueckskeks

Titel: Operation Glueckskeks
Autoren: York Pijahn
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Erklärung. Denn ich habe ansonsten in Sachen Koordination nicht viel zu bieten.
    Die Schwerkraft hat keine Macht über diesen Körper. Er sieht bei alldem wirklich unfassbar gut aus. Die Rede ist: von mir.
    Ein kurzer Überblick: Ich spiele Fußball wie eine betrunkene Schlaganfallgruppe, die in Treibsand geraten ist. Meine Musikalität beschränkt sich auf ein halbes Jahr als Bongo-Spieler im Schulorchester von Bielefeld-Senne. Mein Fazit dieser Zeit: In mir steckt kein Harry Bellafonte, dafür eine Mischung aus Rammstein und Rzwo-Dzwo. Ich kann auf einem Klavier den Anfang des Lenor-Waschmittel-Songs klimpern, aber es klingt nie nach Werbe-Jingle, sondern immer nach Panzerparade. Wenn ich versuche zu jonglieren, gehen Sachen kaputt, ich habe mir schon einmal beim Squash selber ein blaues Auge geschlagen, kein Witz. Aber wenn ich tanze, bin ich der in Massageöl gebadete … und so weiter und so weiter, bla, bla, ich habe es schon erwähnt.

    Okay. Sie fragen sich jetzt, wo dieses hochtoupierte Selbstbewusstsein herkommt? Kann ich Ihnen sagen. Aus England. Genauer: aus der Universität von Hertfordshire, denn dort unterrichtet der Psychologe Peter Lovatt. Auch bekannt unter dem Namen: Dr. Dance. Lovatt wollte wissen, warum manche Gentlemen auf der Tanzfläche das Haus rocken und andere zur Schande ihres Geschlechts werden. Er ließ deshalb Männer vor einer Kamera tanzen, pixelte ihre Gesichter und zeigte die Bilder dann jungen Frauen. Das Ergebnis: Am besten tanzen Männer, die große aber kreative Bewegungen machen. Gähn, aha, wow, wie spannend. Dann fand er aber raus, dass ebendiese Männer - jetzt kommt’s - Ringfinger haben, die länger sind als ihre Zeigefinger. Und das bedeutet, dass der Tänzer viel Testosteron im Blut hat. Die Information, dass meine Ringfinger ziemlich lange Dinger sind, lasse ich jetzt am Ende dieses Absatzes lässig und mit einem Lächeln fallen.
    Illu. 31

    So. Hoher Testosteronspiegel also: Das bedeutet unter anderem Haarausfall, eine Tendenz zu Stimmungsschwankungen, zu Aggressivität und Selbstüberschätzung, klingt doch super. Selbstüberschätzung? Meinen letzten großen Auftritt auf dem Dancefloor hatte ich übrigens auf dem 40. Geburtstag meines ältesten Bruders, vor gut zwei Wochen. Ich tanzte in seinem Wohnzimmer mit dem Wissen der Studie im Hinterkopf, praktisch bevor die Musik richtig an war. Ich tanzte mit meiner Freundin, meinen Cousinen, meinen Brüdern, mit Onkel Siegfried gegen seinen Willen und sehr intensiv mit meinem Spiegelbild, das ich unscharf in der Balkontür erkennen konnte. Als ich mich neben meiner Mutter nach zwei Stunden aufs Sofa plumpsen ließ, tätschelte sie mir den verschwitzten Hinterkopf und sagte einen dieser Sätze, die nur Mütter aus Ostwestfalen-Lippe so hart und ironiefrei sagen können: »Junge, du machst dich wirklich zum Deppen beim Tanzen.« Sie nippte an ihrem Sherry-Glas. »Aber das macht ja nix: Hauptsache, man hat Spaß, oder?«

Epilog: »Keine Angst«
    D ie wichtigste Frau im Leben eines Mannes ist: oft die Mama. York Pijahns Mutter über goldene Ballerinas, die Liebe und Esprit per Knopfdruck
     
    Mama, du kommst in dieser Kolumne öfter vor. Heute ein Interview mit dir, Helga Pijahn, 72, Bielefeld, über die Liebe.
    … schreib noch: Rentnerin, verwitwet, der Vollständigkeit halber.
     
    Habe ich notiert. Diese Kolumne handelt von den kleinen Dingen, die in ihrer Gesamtheit das Leben gut werden lassen, was macht dich glücklich? Ich fahre gerne Auto wie eine gesengte Sau, ich radle gern durch die Felder hier in der Umgebung, ich bin froh, drei liebe Söhne zu haben. Und ich habe Vertrauen in die Familie, auch wenn ich Witwe bin.
     
    Lohnt es sich, jeden Monat über die Liebe zu schreiben?
    Ja, denn die Liebe ist wichtig. Weil die Liebe entscheidend ist
für das Leben miteinander, in der Familie, mit dem Partner, im Sportverein. Es geht darum, dem Nächsten wohlgesonnen zu sein.
     
    Wie muss ein Mann sein, damit er dir gefällt?
    Ein Mann muss ein Mann sein. Selbstbewusst, gebildet, groß, stattlich, wie der junge Gregory Peck. Und der Mann darf nicht kleiner sein als ich, ich tue allen kleinen Männern wohl unrecht, denn der Charakter kann ja trotzdem wertvoll sein, aber da muss ich mich etwas anstrengen.
     
    Was magst du an Männern nicht?
    Ungepflegtheit! York, Haare aus den Ohren und der Nase, da möchte ich wegrennen. So was wirst du bei dir selber bitte nicht durchgehen lassen, hoffe
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