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Operation Blackmail

Operation Blackmail

Titel: Operation Blackmail
Autoren: Jenk Saborowski
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Nähe ihr eigentliches Ziel lag.
Niemand sprach sie an, warum auch? Wer hätte im Terminal 1 Interesse an Bodenpersonal
aus T3, und an ihrem roten Overall war deutlich zu erkennen, welcher Crew sie
angehörte. Laut den Dienstplänen, die erstaunlich einfach zu besorgen waren,
wurde häufig zwischen den Terminals Personal getauscht, so fiel Solveigh Lang
nicht auf. Nur einmal während ihres fast drei Kilometer langen Marschs wurde
sie von einem verzweifelten Kollegen um Hilfe gebeten, der versuchte, zwei
verkeilte Snowboards voneinander zu trennen. Sie half ihm gerne und lächelte
freundlich, er roch nach billigem Deo, das sicher mit Attributen wie
»meerfrisch« oder »vital« vermarktet wurde. Trotz dieses unvorhergesehenen
Zwischenfalls lag sie immer noch gut im Zeitplan. Als sie Terminal 3 erreicht
hatte, öffnete sie eine Klapptür zu einem engen Schacht und stieg eine Etage
tiefer, unter das Flughafengebäude. Jetzt kommt der spannende Teil, dachte
Solveigh Lang, denn hier fand ihre sorgfältige Planung ein Ende. Die Baupläne
für die Versorgungsschächte des Flughafens unterlagen strengsten Sicherheitsbestimmungen,
trotz intensiver Bemühungen hatte Eddy ihrer nicht habhaft werden können. Sie
zog die Luke wieder zu und schaltete ihre Taschenlampe ein, als sie den
Schatten bemerkte. Hektisch kramte sie nach dem Verapamil. Sie litt seit Jahren
unter der seltenen Krankheit, die ihr die Schatten brachte. Diesen Vorboten
heftiger Schmerzen, der jetzt um ihr linkes Auge tanzte. Als sie die Tablette
gefunden hatte, ließ sie sich an der rauen Wand in die Hocke sinken.
»Cluster-Kopfschmerz« lautete die Diagnose ihres alle paar Wochen urplötzlich
auftretenden Leidens. Einige Ärzte behaupteten, ihr beinahe schon
pathologischer Geruchssinn sei eine Folge davon. Oder auch die Ursache. Wie
auch immer. Mit den verschreibungspflichtigen Tabletten aus Amerika, die ihr
ein Arzt gegen ein horrendes Honorar monatlich schickte, hatte sie ihre Cluster
im Griff. Ursprünglich war Verapamil ein Herzmedikament, aber es half auch
manchen Kopfschmerzpatienten. Ihr zum Glück auch, zumindest meistens.
Erleichtert spürte sie, wie die Chemiekeule den Schatten vertrieb. Ein paar
Minuten blieb sie mit geschlossenen Augen sitzen. Nur ein paar Minuten. Aber
irgendwann musste sie weitermachen. Eddy und die anderen wussten nichts von
ihrem kleinen Problem mit den Pillen, und das sollte unbedingt so bleiben.
Endlich stemmte sie sich hoch und tastete mit dem dünnen Lichtstrahl die Wände
des Schachts ab, überall verliefen Rohre und Kabel. »Wegpunkt 10«, berichtete
sie. »Wie geht’s weiter?«
    Â»Laut den Auftragsbüchern der für den Flughafen tätigen
Handwerksfirmen liegt für deine Sektion nichts vor, das heißt, wir dürften
unsere Ruhe haben. Ich stelle dich jetzt zu Murat, er hat ›Schwarzbär‹.«
    Schwarzbär war ihr interner Codename für den Ingenieur, der die
Klimaanlage von Heathrow geplant hatte. Eddy gab ihr damit zu verstehen, dass
er zur Kooperation bereit war, das waren gute Neuigkeiten. Solveigh Lang begann
zu schwitzen. Irgendwo hinter ihr musste ein Belüftungsmotor sein, es war
drückend heiß in dem Schacht. Mit dem Ärmel ihres Overalls wischte sie ihre
Stirn trocken.
    Â»Murat, Solveigh hier. Lass hören.«
    Als Nächstes vernahm sie Schwarzbärs zittrige Stimme. Wie unpassend
für einen Bären, dachte Solveigh bei sich und tadelte Murat innerlich, der dem
Mann sicher gerade eine Pistole an die Schläfe hielt.
    Â»Die Systeme … sind getrennt angelegt.« Die Stimme räusperte sich.
»Aber Sie sind noch zu weit entfernt. Sie müssen mindestens bis zum Schott
›T3-AC-0107‹. Erst dahinter läuft das Sicherheitssystem mit dem vom Terminal
parallel.«
    Fluchend arbeitete sich Solveigh auf Knien durch die enge Röhre, an
jeder Luke machte sie halt und überprüfte ihre Zeit. Langsam wurde es knapp,
wenn sie es noch rechtzeitig rausschaffen wollte, dachte sie, als sie hinter
sich ein metallisches Kratzen vernahm. Instinktiv begriff sie, dass die
Protokolle der Servicefirmen unvollständig sein mussten. Es waren doch Arbeiten
an der Anlage vorgesehen, sie saß in der Falle. So schnell es die engen
Platzverhältnisse erlaubten, drehte sie sich um und zog den Schraubenschlüssel
aus der Tasche ihres Overalls. »Eddy, schmeiß Murat aus der Leitung, wir
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