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Operation Blackmail

Operation Blackmail

Titel: Operation Blackmail
Autoren: Jenk Saborowski
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knapp, aber gerade noch zu schaffen. Mit
ruhiger Hand schraubte sie den Deckel von »MR Zinc Spray grey« ab und entnahm
ihr eine kleine Ampulle, auf der ein roter Aufkleber mit der Warnung vor einer
tödlichen Substanz klebte. Der einfache Timer war schon voreingestellt. Mit
einem winzig kleinen Bohrer durchlöcherte sie auf Anweisung von »Schwarzbär«
das mit der Farbe Lila gekennzeichnete Rohr der Klimaanlage des Towers von
London Heathrow und befestigte dahinter den Behälter, sodass er auf den ersten
Blick nicht zu sehen war. Schließlich aktivierte sie den chemischen Timer, der
die Substanz bis auf fünf Minuten zuverlässig in einer halben Stunde freisetzen
würde. Ihr blieben 25 Minuten, bis das Chaos ausbrechen würde.
    Exakt 23 Minuten später verließ Solveigh Lang in der Uniform einer
Stewardess von Virgin Atlantic den Terminal 3 und atmete die kerosinschwangere
Airportluft. Diesen Geruch mochte sie, er versprach die weite Welt. Heute allerdings
würde niemand mehr von Heathrow verreisen. Außerhalb des Trubels vor dem
Gebäude lehnte sie sich an eine Betonbrüstung und öffnete eine Dose Cola light.
Sie trank schnell, das kaltprickelnde Getränk war eine Wohltat für ihre
ausgedörrte Kehle. Nachdem ihr Durst gestillt war, schaute sie auf die
Armbanduhr ihres Vaters. Zeit zu gehen. Neun Minuten später gab der Tower
Alarm.
    KAPITEL 8
    Amsterdam, Flughafen Schiphol
    Tag 1: Montag, 7.Januar, 14:00 Uhr
    Nur anderthalb Stunden nach seinem Gespräch mit dem
Bundeskriminalamt saß Paul Vanderlist in einem Firmenjet der EuroBank auf dem
Weg nach Amsterdam. Als sein Jet in Schiphol aufsetzte, regnete es Bindfäden.
Das Privatflugzeug wurde an einem abgeschiedenen Terminal außerhalb der
Fluggastzone abgefertigt, sodass er binnen zehn Minuten in einer schwarzen
Limousine Richtung Innenstadt raste. Laut seinem Fahrer würde er in etwa 25
Minuten bei der Adresse im Amstel Business Park ankommen. Während sie sich
durch den dichten Verkehr schlängelten und der Chauffeur versuchte, ein paar
Minuten gutzumachen, kämpfte Paul mit alten Gefühlen und Erinnerungen. Er durfte
seiner Vergangenheit nicht erlauben, ihn zu kontrollieren. Noch immer hatte er
die Bilder nicht besiegt, immer wieder tauchten Fetzen vor seinem geistigen
Auge auf. Und noch immer verfolgten ihn üble Schweißattacken, das letzte Mal
kurz vor der Landung. Aber im Großen und Ganzen hatte er sich im Griff. Weil es
keine Alternative gab für die Mitarbeiter der EuroBank, deren Leben bedroht
wurde. Wo würden die Täter als Nächstes zuschlagen? An der Börse in Stockholm?
Oder vielleicht doch in einer Filiale auf dem Land, irgendwo zwischen Chemnitz
und Kaufbeuren? Sie hatten alleine in Deutschland über 600 Büros. Das Damoklesschwert
der Erpresser schwebte über jedem einzelnen Mitarbeiter. Das Telefonat mit dem
Referenten der Bundeskanzlerin hatte ihm ein wenig Mut gemacht, er hatte zwar
nur vage von einer »möglichen Hilfe« gesprochen, aber für Paul klang das
bedeutend vielversprechender als sein Gespräch mit den Herren vom BKA. Außerdem
hatte es ihm die Möglichkeit eröffnet, der hitzigen Atmosphäre der Frankfurter
Zentrale zu entkommen. Oder war er einfach nur froh, sich vor der Verantwortung
drücken zu können? Vor seinem Abflug hatte er seinen Stellvertreter beauftragt,
einen internen Krisenstab zu bilden, und einen externen Berater engagiert, der
auf Erpressungen spezialisiert war. Mutete er ihnen zu viel zu? Nein, entschied
Paul, der besonnene und souveräne Henrik eignete sich viel besser für die
Leitung des Stabs als er. Er ließ sich in das teure Leder des Luxusschlittens
sinken und atmete durch. Und schließlich tat er doch sein Bestes, um dieser
Krise Herr zu werden, oder nicht? Die »mögliche Hilfe« bestand zunächst nur aus
einer Adresse, die ihm ein Kurier des Bundeskanzleramts auf dem Frankfurter
Flughafen übergeben hatte. Was verbarg sich dahinter? Worum machte die Politik
in Deutschland ein derartiges Geheimnis? Jenseits aller Dämonen der
Vergangenheit war seine Neugier geweckt.
    Als sie die mysteriöse Anschrift erreicht hatten, ließ er sich noch
zwei Straßenecken weiter fahren. Er wollte sich in Ruhe einen ersten Eindruck
verschaffen und ging zu Fuß zu dem anonymen Bürogebäude aus Beton und Glas, das
überall hätte stehen können, ausdruckslos und nichtssagend.
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