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Aratani

Aratani

Titel: Aratani
Autoren: Karin Preuss
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1. Heimkehr

 
    Aran Albus trat vor das Haus, in die nach Tau duftende Morgensonne, nach
Tau, der ihn eine Frische empfinden ließ, als würde er barfuß über eine vom
Regen feuchte Wiese laufen. Duftend nach den vielen, ihm so vertrauten Aromen,
nach diesen hunderten exotischen Blüten, die in dem kleinen Kräuter- und
Gemüsegarten hinter dem Haus wuchsen, und dem würzigen Geruch des Waldbodens,
der durch eine leichte Brise vom Barabesi hierher getragen wurde, hier in den
Osten von Arantoi, hierher, wo Kirana, wo er, zu Hause waren. Er genoss dieses
Gefühl der Ruhe, welches tief in ihn hineinströmte, und es kam ihm vor, als
wäre er viele Jahre fort gewesen. Aran schaute sich lächelnd um. Es hatte sich
nichts verändert. Ja, er war zu Hause!
    Es kündigte sich ein heißer, schwüler Tag an, und Aran sog tief die noch
kühle reine Luft in seinen geschwächten Körper. Zu sehr steckten ihm die
Erlebnisse in den Gliedern. Er war dankbar, dieses Lebenselixier auch in
Zukunft genießen zu dürfen. Hatte er doch in den vergangenen Monden einige Male
heftig daran zweifeln müssen. Aber er war jung und stark, so hatte er sich immer
wieder erholt. Er war lediglich um einige Narben reicher.
    Aran setzte sich nur in leichten Beinkleidern auf einen der vier klobigen
Holzstühle an den runden, derben Tisch, der, ebenso wie die Sitzmöbel, aus dem
dunkelroten, grob gemaserten Holz eines Warlaunbaumes gefertigt war. Der ganz
eigene Duft des Holzes, fast etwas säuerlich, stieg Aran in die Nase. Obwohl
die Möbel schon vor Jahren gezimmert worden waren, hatten sie ihren angenehmen
Geruch bewahrt.
    Der nicht einmal Fünfundzwanzigjährige schlürfte seinen heißen Kaffee,
den er sich samt einer unter den Arm geklemmten Decke mit hinaus genommen hatte.
Er genoss diese frühe Stunde.
    Obwohl die hier herrschende, besondere Ruhe das Gefühl vermitteln konnte,
alle Welt würde noch schlafen, sprangen einige Karaninchen in der Nähe umher. Süße
Geschöpfe, wie Kirana meinte , obwohl die kleinen
Langohren immer wieder den so liebevoll angelegten Garten plünderten. Für Aran
waren sie eher ein Braten auf dem Tisch, auch wenn ihm die Tiere immer wieder
Leid taten. Aber Kirana zu liebe brachte er die von ihr so gemochten Tiere nach
erfolgreicher Jagd immer schon abgezogen, ausgeweidet und zerlegt mit nach
Hause. Früher jagte Kirana auch, übernahm diese Arbeiten allerdings fast
widerwillig und nur, wenn der Gemüsegarten in den kälteren Jahreszeiten nicht
mehr viel hergab. Seitdem sie aber mit Aran zusammenlebte, hatte sie diese Art
der Ernährungsbeschaffung gern an ihn abgegeben. Es ging ihnen gut, sie mussten
keinen Hunger leiden, konnten im Sommer und Herbst sogar einige Male auf dem
Markt von Arant Gemüse und Früchte verkaufen oder gegen Kleidung und andere
Dinge, die sie hier in dieser Einsamkeit benötigten, eintauschen.
    Aran richtete seinen Blick auf den nahen Waldrand. Violette, rote, blaue
und grüngelb gepunktete Schmetterlinge und große dunkelblaue Libellen saßen auf
künstlich anmutenden Orchideenblüten in allen vorstellbaren Farben und Formen.
Verschiedenerlei Käfer und Bienen waren schon eifrig mit ihrem Tagwerk
beschäftigt. Aran und Kirana hatten einige Bienenstöcke in ihrem Garten
aufgestellt und schleckten gern das klebrige Süß. Sie stellten unter anderem Heilsalben
und Kerzen her, die auf dem Markt einige zusätzliche Kupferlinge einbrachten.
    Östlich hörte er das Rauschen des Flusses. Das stetige Brausen, Krabbeln
und Summen in Arans Ohren, zusammen mit dem leichten Knacksen der Äste, lullte
ihn ein. Ließ ihn an seine Kindheit denken.
    Seit seiner Jugendzeit hatte sich sein Gehör immer mehr verfeinert, so
dass Aran eine Biene auf weite Entfernung hören konnte. So wie alle seine Sinne
besonders ausgeprägt waren. Nur am Geruch erkannte er die verschiedensten Tiere
und Pflanzen. Er sah eine eventuelle Jagdbeute, bevor diese ihn auch nur zu wittern
in der Lage war. Seine Sinne waren so fein gesponnen, dass er manches Mal bereits
vorher wusste, was jemand erst später sagen oder tun würde. Dieser darauf
angesprochen, war nicht selten verblüfft, und Aran kam ihm schon etwas unheimlich
vor.
    Für seine Eltern war dies nichts Ungewöhnliches, war doch auch sein
Vater mit solchen Gaben gesegnet. Sie erklärten Aran schon als Kind, dass er das
feine Gespür seinen Ahnen zu verdanken hatte. Das elfische Blut in seinen
Adern, wenn auch nicht so rein, wie bei seinen Vorfahren, sollte
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