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Onkel ist der Beste

Onkel ist der Beste

Titel: Onkel ist der Beste
Autoren: Mary Scott
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vielleicht, und sie antwortete mit einem langen, freundlichen Hupton.
    »Äußerst unvorsichtig«, sagte Robert, während er sich mit einer Hand an der Wagenwand festklammerte. »Du bist einem Zusammenstoß sehr geschickt ausgewichen.«
    »Ach, wir sind Johnnys Zustand auf dem Heimweg von der Stadt gewohnt. Jetzt müßten wir eigentlich die Strecke vor uns frei haben.«
    Das war purer Optimismus, aber inzwischen war Roberts Vertrauen zu seiner Fahrerin gewachsen, und er zuckte bei den nächsten drei Begegnungen nicht mit der Wimper. Zunächst war es eine herumstreunende und unentschlossene Kuh, dann ein imponierender Wagen modernster Bauart, der es auf ihre Vernichtung abgesehen zu haben schien, und schließlich eine größere, verwegene Schweineherde. Judy fuhr ausgezeichnet, doch er würde ordentlich erleichtert sein, wenn sie am Ziel angelangt waren.
    Sie sagte: »Du hast eine lange Reise hinter dir, wir sind jetzt gleich da. Es sind nur zehn Meilen vom Laden bis zu uns.«
    Ihm war es länger vorgekommen, doch nach wenigen Minuten bog sie von der Straße ab, überquerte eine geländerlose, schmale Brücke und verlangsamte das Tempo. »Da ist es«, sagte sie und konnte Stolz und Liebe nicht unterdrücken. »Das ist das Haus.«
    »Sehr malerisch«, murmelte er pflichtschuldig, war aber tatsächlich überhaupt nicht beeindruckt. Seit vierzig Jahren an die anmutigen Bauten der Alten Welt gewöhnt, hielt er von der neuseeländischen Architektur nicht viel. Na, dieses Haus war ganz sicher nicht von einem Architekten gebaut worden.
    »Es sieht komisch aus, aber wir mögen es. Ursprünglich waren es zwei große Wohnhäuser, und Vater hat sie mit einer Veranda verbunden. Deswegen sieht alles so komisch und lang aus. Die Farm erstreckt sich über diese Hügel hinaus, bis nach dort drüben.«
    Robert sah hin und war bedrückt. Einem Künstler wäre das alles vielleicht schön erschienen, für einen Hypothekargläubiger war der Anblick entmutigend. Sogar sein unkundiger Blick erfaßte sofort, daß die Hügel steil und schwer zu bebauen waren, daß es da eine Menge Farn und Unkraut gab und daß die Umzäunungen umgefallen oder nur notdürftig abgestützt waren. Und auf diese Wildnis hatte er einen Kredit von fünftausend Pfund gewährt! Er unterdrückte ein Seufzen.
    »Dort am Tor steht Mutter«, sagte Judy und fuhr die Anhöhe zum Haus hinauf. Wieder hatte Stolz in ihren Worten mitgeschwungen, und diesmal, dachte Robert, während er steifbeinig ausstieg, war der Stolz gerechtfertigt.
    »Dora«, sagte er, beugte sich nieder und drückte einen konventionellen Kuß auf ihr linkes Ohr, »du bist ganz dein Vater.«
    Mit den dunklen Augen, der hohen Stirn und dem schönen Mund glich sie ganz seinem Bruder. Dazu kam weiblicher Charme und eine ungewöhnliche, ruhige Heiterkeit, die sie von vielen Frauen unterschied, sehr jedenfalls von ihrer unordentlichen kleinen Tochter, die eben eifrig sein Gepäck aus dem Wagen herausbeförderte.
    Ein wenig unpassend wirkte die Promenadenmischung, die Dora wie ein Schatten folgte. Robert Macalister hatte mit Hunden wenig zu tun gehabt und mochte sie eigentlich im Haus nicht. Außerdem mußte man seiner Ansicht nach, wenn man schon gezwungen war, einen Hund zu halten, zumindest wissen, zu welcher Rasse er gehörte. Dieser schwarze, langohrige Bastard mit dem buschigen Schweif und den spindeldürren Beinen gehörte mindestens vier Rassen an.
    Das Haus enthielt mehr Räume, als er erwartet hatte. Sein eigenes Zimmer, das er in den nächsten zehn Tagen bewohnen würde, war groß und luftig. Es enthielt einen Schreibtisch, der vermutlich dem erfolglosen Ehemann Doras gehört hatte, dazu eine herrliche Nachttischlampe. Robert warf einen sehnsüchtigen Blick auf das bequeme Bett. Dabei wußte er, daß mindestens vier Stunden vergehen mußten, ehe er sich dankbar hineinsinken lassen konnte. Vier unbehagliche Stunden, denn was war peinlicher, als bei Menschen zu Gast zu sein, die einem Geld schuldeten, noch dazu, wenn es sich um Verwandte handelte, die man kaum kannte? Doch im kühlen Wohnzimmer, das die ganze Breite des Hauses einnahm und nach vorne und hinten Fenster hatte, vergaß er seine Befangenheit. Dora war ein Mensch, der jegliches Unbehagen glättete. Er sah ihr mit Vergnügen zu und dachte bei sich, daß eine schöne Frau am charmantesten dann ist, wenn sie an ihrem Teetisch sitzt.
    Judy war verschwunden, die Promenadenmischung hatte den Kopf auf Doras Fuß gelegt. Dora folgte dem Blick ihres
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