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One Night Wonder

One Night Wonder

Titel: One Night Wonder
Autoren: Kira Licht
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Sitzecke sind komplett breit. Entweder vom Alkohol oder von Drogen oder von beidem.
    Marie neben mir hat ihren Kopf nach hinten auf die Lehne gelegt, aber ihre Augen sind geöffnet. Sieht komisch aus, aber diese Frau kann wirklich nichts entstellen. Marie ist eine der seltenen echten Blondinen. Ihre Haare sind wie fein gesponnenes Gold. Nicht diese gelbe, grobe Wolle, die die Fußballerfrauen als Extensions am Kopf kleben haben. Heute hat sie sie zu zwei Schnecken hochgesteckt, die sich mittlerweile aber schon in Auflösung befinden. Ihre Haut ist von einem beneidenswerten durchscheinenden Puderrosa. Sie ist eine der Frauen, bei denen man die Adern überm Busen sehen kann. Ihr Körper, ihr Gesicht und die Haare haben die typischen Merkmale von Blondinen aus dem kühlen Norden: hoch gewachsen und schlank mit zarten Knochen und aparten Gesichtszügen. Doch ihre Augen haben ein helles Bernsteinbraun, das bei Tageslicht fast grünlich schimmert. Marie könnte jeden haben, was sie auch hin und wieder ausnutzt.
    Mein Blick wandert an ihr herunter. Ihre Füße stecken in den für Gothicmädchen üblichen »Pornohufen«: Lackboots mit schwindelerregend hohen Absätzen und kleinem Plateau vorn. Die langen Beine schmücken halterlose Strümpfe, die mittlerweile schon Löcher haben. Dazu trägt sie einen Lackmini, der einen perfekten Blick auf die Rundungen ihres kleinen Hinterns bietet. Ein Lacktop bedeckt ihren Busen, die Arme stecken in Stulpen. Ich trage einen schwarzen Rock mit langem Schlitz, dazu Netzstrümpfe und ein enges Samttop.
    Sie muss meinen Blick bemerkt haben, denn sie dreht den Kopf zu mir und lächelt mich verschwörerisch an. Irgendjemand verteilt Wolldecken. Marie und ich teilen uns eine. Das Ding ist verfilzt und von schmuddeligem Orange, außerdem kratzt der Stoff ein bisschen. Marie zieht ein skeptisches Gesicht, ich zupfe mit spitzen Fingern an der ehemals glänzenden Satineinfassung. Wenigstens wird es jetzt sofort wärmer um meine Beine. Wir wuseln unter der Decke herum und Marie zieht ihre Schuhe aus. Ich halte das für eine gute Idee und mache es ihr nach. Dann faltet sie die langen Beine auf die Polster und legt den Kopf an meine Schulter.
    Ich bleibe wie erstarrt sitzen und traue mich nicht, mich zu bewegen. Warum macht sie mich so nervös? Wir kennen uns schon eine Weile, zum ersten Mal ist sie mir auf der Party eines gemeinsamen Freundes aufgefallen. Wir haben nur kurz gequatscht, aber ich war gleich beeindruckt von ihr. Sie ist ziemlich bekannt in der Szene. Die Männer laufen ihr nach, und sie lässt nichts anbrennen. Ihr ganzes Auftreten hat etwas Unwiderstehliches. Jeder möchte sie anfassen, egal ob Mann oder Frau.
    Heute Abend habe ich sie auf der Party getroffen und bin einfach noch mit ihr mitgegangen. Jetzt seufzt sie leise und legt den rechten Arm um meinen Bauch. Ich halte so lange die Luft an, bis ich nicht mehr kann, dann muss ich doch atmen, auch auf die Gefahr hin, dass sie ihren Arm wieder wegnimmt. Doch nichts passiert. Vorsichtig ziehe ich meinen Arm hoch und lege ihn ihr über die bedeckten Schultern.
    Die Leute in der Sitzecke labern, rauchen und trinken, doch um mich herum verschwimmt alles zu einem dumpfen Brei. Niemand stört sich an uns.
    Maries Hand rutscht wie von selbst tiefer, sie fährt in den seitlichen Schlitz meines Rockes und landet auf der Innenseite meines Oberschenkels. Jetzt werde ich doch etwas nervös. Ich hatte noch nie etwas mit ’ner Frau. War das jetzt eine Anmache? Nachdenklich kaue ich noch auf meiner Unterlippe, als Marie plötzlich nah an meinem Hals flüstert: »Du hast schöne Haut.«
    »Danke«, hauche ich, und mein Herz rast. Sie streicht mit den Fingern den gummierten Spitzenrand meiner Strümpfe entlang. Ich versuche immer noch, meine Atmung in den Griff zu bekommen. Dann plötzlich lässt sie von mir ab und setzt sich kerzengerade auf. Die Decke rutscht in ihren Schoß. Ich gucke überrascht zu ihr hinüber.
    »Belästige ich dich?«, fragt sie ernst.
    Ich kann nur den Kopf schütteln.
    »Sicher nicht?«, hakt sie nach. Ich nicke und gucke wohl wie ein verschrecktes Huhn, denn sie lacht leise und streichelt meine Wange. Ihr Mund ist klein, aber die Lippen sind voll und sinnlich. Wie es sich wohl anfühlen würde …?
    Sie scheint meine Gedanken zu lesen, denn sie beugt den Kopf zu mir herüber, und schon liegt ihr Mund auf meinem. Ihre Lippen sind unglaublich weich, so zart, wie ich es bei einem Mann noch nie erlebt habe. Ich lege eine Hand
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