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One Night Wonder

One Night Wonder

Titel: One Night Wonder
Autoren: Kira Licht
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hellrosafarbenen Flauschbadematte, und ich gebe ihm noch genau 15 Sekunden, sich wieder einzukriegen, bevor ich ihm wortlos den Seifenspender an den Kopf werfe. Ich fange an zu zählen und komme bis dreizehn, als er endlich aufhört und den Kopf wieder in meine Richtung dreht.
    »Er ist 16.« David beobachtet mein Mienenspiel mit einer Mischung aus Spott und ehrlichem Mitleid.
    »Da hat er dich wohl ganz schön verarscht, hm?«
    »Hat er.«
    »Jaja, du und deine viel gerühmte Menschenkenntnis.«
    »Halt einfach die Klappe, okay?« Mir ist auf einmal gar nicht mehr nach Sekt, deshalb stelle ich das Glas auf dem Waschtisch ab.
    »Bist du etwa ohne Auto hier?«
    »Nein.« Er soll bitte aufhören, mich zu nerven.
    »Und was soll dann der Sekt?«
    »Sag mal, was interessiert dich das eigentlich?«
    »Nur so. Ist doch ’ne berechtigte Frage.«
    »Gut, von mir aus. Ich lasse das Auto hier stehen. Irgendwie werde ich wohl nach Hause kommen, zur Not fahre ich Taxi.«
    »Von hier bis zu dir? Hast du im Lotto gewonnen?«
    »Nein!«
    »Aha.« Davids Blick wandert an mir herunter, um sich ein Urteil über meine allgemeine Verfassung zu bilden, und bleibt an den erdigen Zehen hängen.
    »Keine Zeit zum Duschen gehabt heute?«
    »Können wir wohl mal aufhören, von mir zu reden?«
    »Soll ich dich vielleicht nachher nach Hause fahren? Ich hab nichts getrunken.«
    »Nein, danke!«
    »Ach, komm schon, als wenn du Lust hättest, nachher mit Bus und Bahn zu trampen.«
    Natürlich hat er recht, er hat ja sowieso immer recht. Beim Gedanken an schlecht beleuchtete Bahnhöfe und unzuverlässige Fahrpläne wird mir nicht unbedingt warm ums Herz, insbesondere wenn ich an meine nackten Zehen denke. Mein Widerstand schwindet, und David merkt das genau.
    »Ich könnte so tun, als wären wir zusammen hier gewesen, und dich formvollendet anständig bis zur Haustür eskortieren.«
    »Hör auf, mich zu verarschen.«
    »Das meine ich ganz ernst.«
    »Ich habe heute genug von anständigen Männern.«
    »Oh bitte, vergleiche mich nicht mit diesem Grünschnabel da draußen.«
    Grünschnabel? Was ist das bitte für ein Wort? Und benutzt man das heute überhaupt noch?
    »Was guckst du so amüsiert?«, will David wissen.
    »Grünschnabel?«, wiederhole ich.
    »Ja, der Emo-Boy. Steht der überhaupt auf Mädchen?«
    »Hör auf zu lästern. Natürlich steht er auf Mädels, sonst hätte er dich doch gar nicht so eifersüchtig machen können.«
    »Na ja, vielleicht sieht er in dir eher eine mütterliche …« Er spricht den Satz vorsichtshalber nicht zu Ende, doch das muss er auch gar nicht. Im Kopf vervollständigt er sich von alleine. Ich schiele erneut nach dem Seifenspender. Aber nein, ich lass mich von ihm nicht provozieren, die Zeiten sind vorbei.
    »Oh, so friedliebend heute?« Irre ich mich, oder guckt David enttäuscht.
    »De-es-ka-la-tion«, sage ich.
    »Hübsches Wort.«
    »Ich will nach Hause.«
    »Dann komm!« David steht auf, legt einen Arm um mich, und ich lasse ihn machen. Mit gesenktem Haupt schiebe ich mich durch den Flur bis zur Haustür. Draußen gebe ich David die Autoschlüssel. Er fährt mich schweigend bis vor die Haustür und geht noch bis zum Eingang mit.
    »Bis dann«, sagt er und will sich sofort umdrehen.
    »Danke, dass du mich gefahren hast, David.«
    »Schon gut.«
    »Nein wirklich, das war sehr lieb von dir.« Er lächelt nachsichtig. »Du bist zwar ein bisschen verrückt im Kopf und ich komme bei einigen deiner seltsamen Ideen nicht ganz mit, aber letztendlich kann man sich leider nicht aussuchen, wen man gut leiden mag.« Dann dreht er sich um, winkt noch einmal über die Schulter und überquert die Straße Richtung Bahnhof. Ich schaue ihm nach, bis er nicht mehr zu sehen ist.

14. Kapitel
Frauen küssen besser
    Den nächsten Abend verbringe ich wild tanzend auf einer Gothic Party in einem Club. Ich glaube, ich habe Nachholbedarf von Weihnachten und Silvester. Lukas’ SMS sind immer weniger geworden. Das Letzte, was ich von seiner Band gehört habe, ist, dass sie schon wieder einen überregionalen Wettbewerb gewonnen haben und nun ein paar lokale Radiosender ihren Debütsong spielen.
    Jetzt ist es halb fünf morgens, ich bin noch auf eine sogenannten »After-Hour« mitgegangen und weiß nicht, ob ich müde und erledigt oder müde und aufgekratzt bin.
    Fröstelnd räkele ich mich auf einer speckigen Ledercouch, die aussieht, als hätte sie auch schon mal eine Nacht auf dem Sperrmüll verbracht. Die meisten Leute hier in der
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