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One Night Wonder

One Night Wonder

Titel: One Night Wonder
Autoren: Kira Licht
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hätte, wäre es ganz cool gewesen. Ich glaube, danach war es ihm endlos peinlich, er hat kein Wort mehr mit mir gesprochen.«
    »Kann ja gut sein.«
    »Also, ich würde meine dunklen Neigungen nicht sofort so jedem offenbaren. Und was mache ich jetzt, wenn wir uns über den Weg laufen?«
    »Ja, gar nichts. Außerdem ist es doch seine Sache, wie er damit umgeht. Vielleicht findet er es gar nicht so seltsam wie du. Und du hast doch mitgemacht.«
    »Ja, aber nur, weil er es wollte.«
    »Hättest du ja nicht gemusst, du hättest auch einfach verschwinden können.«
    »Aber er sah so gut aus!«
    »Dann kannst du auch nicht meckern.«
    »Wenn du meinst«, schmolle ich. Jule guckt, als wolle sie sich nicht weiter mit diesem Thema auseinandersetzen. Sie ist ja sowieso der Meinung, ich könnte mir meine Abenteuer komplett sparen.
    »Kaffee?«, fragt sie.
    »Kaffee«, sage ich.
    *
    Nach einer halben Stunde kreativer Rumsitzerei, gekrönt von Automatenkaffee, machen wir uns auf zu unseren Seminaren.
    »Dann wünsch ich dir viel Spaß in deinem Lieblingsseminar bei deinem Lieblingsdozenten«, sagt Jule affig und klimpert mit den Augenlidern.
    »Verarsch mich bitte nicht«, sage ich und grinse.
    »Wieso, er ist doch ein Hübscher. Und du hast direkt nach der ersten Sitzung gesagt, dass er was hat«, sagt sie frech.
    »Ja, klar hat er was!« Ich will lieber nicht darüber reden. Das Thema ist peinlich. Außerdem steckt mir der Gedanke an Timo noch in den Knochen. Er läuft jetzt mit blauen Flecken rum. Oh, lieber nicht dran denken.
    »Ist doch schön, dass er gut aussieht, dann hast du was zu gucken. Und kannst noch was dabei lernen!« Jule sieht mich an wie eine Kindergärtnerin.
    »Ja, fast wie Sesamstraße!«
    Jule scheint kapiert zu haben, dass ich nicht bereit bin, noch länger mit ihr die Attraktivität meines Dozenten zu erörtern. Sie zuckt die Schultern und wechselt das Thema.
    »Was macht dein Hals?«
    »Zum Glück wieder gut. Die Mandeln tun nicht mehr weh.« Unsere Wege trennen sich am nächsten Abzweig. Jule muss ins gegenüberliegende Gebäude, ich Richtung Treppenhaus und zwei Etagen tiefer.
    »Okay, dann bis nachher!«
    »Bis nachher!«
    Jetzt muss ich mich beeilen, dass ich nicht zu spät komme. Irgendwie schaffen es Jule und ich immer, uns zu verquatschen. Ich schlüpfe gerade auf meinen Platz, da kommt er auch schon durch die Tür. Ich gebe mich schwer beschäftigt und vermeide den Blick nach vorn. Er grüßt uns kurz, hat in null Komma nix seinen Laptop an den Projektor angeschlossen, und schon geht es los.
    Das Thema »Grundlagen des städtebaulichen Entwerfens« ist interessant und besagter Dozent jung, kompetent und auf eine vergeistigte Art süß. Er hat die schmale, fast hagere Figur eines typischen Gelehrten und die obligatorische metallgerahmte Brille auf der Nase. Sein Kurs ist toll, aber jedes Mal, wenn er zufällig zu mir schaut, vergisst er seinen Text. Mir ist das noch peinlicher als ihm, deshalb halte ich meinen Blick fest auf meine Notizen geheftet. Und genau deshalb schreibe ich auch alles auf, was er von sich gibt, denn sinnlos aufs Pult zu starren ist mir dann doch zu auffällig. Ich finde ihn wirklich attraktiv, aber dass meine unschuldige Anwesenheit ihn nervös macht, haben auch bereits andere bemerkt. Und das finde ich ziemlich schlimm. Nicht wegen mir, von mir aus sollen die Leute doch denken, was sie wollen, aber ich glaube, ihm ist es nicht egal. Es ist der erste Kurs, den er gibt, und wahrscheinlich hat er es sich auch ein wenig unkomplizierter vorgestellt.
    Gerade hat er sich wieder zur Tafel gedreht, und ich atme erleichtert auf.
    »Ist er nicht süß«, zischt Sabine, die rechts neben mir sitzt. Ich lächle möglichst unverbindlich und nicke zustimmend. Mit Sabine rede ich nur ungern, sie ist ein intrigantes Miststück. Die Falschheit guckt aus ihren blauen Augen. Da helfen auch der hellblonde Pony, die Sommersprossen und das eigene Pferd nicht. Mittlerweile haben die meisten ihrer Kommilitonen Lehrgeld bezahlt, und Sabine ist fast allein auf ihrem Posten. Bis auf eine etwas naiv aus der Wäsche guckende Trulla mit Kringellöckchen, die eigentlich Friseurin werden wollte, dann aber »ganz zufällig« Abi gemacht hat, ist ihr niemand geblieben.
    »Hast du es schon gemerkt …?«, flüstert sie weiter und sieht mich triumphierend an. Worauf auch immer sie mich ansprechen will, ich werde alles dementieren.
    »Immer wenn er zu mir rübersieht, kriegt er Sprachstörungen!« Meine Mimik
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