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One Night Wonder

One Night Wonder

Titel: One Night Wonder
Autoren: Kira Licht
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kneife ihm dabei in die linke Brustwarze. Ich drücke ein paar Mal kräftig zu, gucke aber lieber nicht hin, und er kommt plötzlich ganz gewaltig. Sein Körper bebt, und er hat den Kopf von mir abgewandt. Einen Moment lang noch genieße ich den Anblick seines schönen Körpers und seiner verletzlichen Nacktheit. Er schnauft in die Kissen. Geschwitzt hat er fast gar nicht.
    Zeit zu gehen. Ich lasse ihn schwer atmend auf dem Bett zurück. Er bleibt völlig reglos und scheint erst langsam wieder klar denken zu können. Eine heiße Woge aus Schamgefühl schwappt zu mir herüber. Oh nein, jetzt bitte keine »Was habe ich nur getan?« -Monologe. Ich versuche, uns beiden weitere Peinlichkeiten zu ersparen, und ziehe mich in Rekordtempo an. Dann greife ich nach meiner Handtasche.
    »Man sieht sich«, sage ich und wende mich Richtung Tür. Er dreht nicht mal den Kopf in meine Richtung. Schnell ziehe ich die Tür hinter mir zu. Noch im Hausflur drücke ich Jules Kurzwahl. Sie wird wohl wissen wollen, wo ich so plötzlich abgeblieben bin.
    »Wo bist du?«, kreischt sie in ihr Handy. Ich bin schon wieder halb taub.
    »Wo seid ihr?«, frage ich.
    »Auf der Party vielleicht? Wo bist du?«
    »Auch gleich wieder da.«
    »Wo hast du gesteckt?«
    »Seid ihr immer noch oben auf der Balustrade?«
    »Ja.«
    »Okay, bis gleich.«
    Nachdem ich am Eingang brav meinen gestempelten Handrücken vorgezeigt habe, suche ich die beiden. Es scheinen noch mehr Menschen geworden zu sein. Jule empfängt mich mit einem strafenden Blick: »Wir haben uns Sorgen gemacht!«
    »Ich war beschäftigt.«
    »Oh«, Jule reißt die Augen auf, »doch nicht etwa mit Timo?«
    »Doch.«
    »Wie hast du das denn geschafft?«
    Tobias kriegt große Ohren.
    »Ach, frag lieber nicht …« Ich denke an die kratzigen Zuwendungen.
    »Erzähl mir morgen alles!«, sagt Jule. Tobias guckt enttäuscht.
    »Okay.« Wir grinsen verschwörerisch.
    Der Rest des Abends verläuft relativ ereignislos, und einige Zeit später fährt der Regionalexpress mich nach Hause. Timo ist nicht wieder aufgetaucht. Ich sitze auf dem abgeschabten Sitz, und der Zug rattert durch die schwarze Nacht. Hier wird es nie richtig dunkel, dafür ist das Gebiet viel zu dicht bebaut. Es ist schon nach vier und trotzdem, richtig Nacht ist es nicht. Überall Reklametafeln, Neonröhren oder beleuchtete Autobahnen. Ich denke über Timo nach. Ich verstehe das nicht ganz. Er hat so getan, als würde er mich bestimmen lassen, doch im Endeffekt hat er mir seinen Fahrplan aufgedrängt. Er hat mir suggeriert, dass er gekratzt werden will. Warum habe ich ihm nicht suggeriert, dass es mir keinen Spaß macht?
    *
    Am nächsten Morgen weckt mich das Festnetztelefon, das direkt neben meinem Kopfkissen liegt. Ich schiele auf den Wecker. Mist, schon neun Uhr! Wo ist die Nacht geblieben?
    »Hmja?«, nuschel ich.
    »Schläfst du etwa noch?«
    Oh, es ist Mama. Sie hat den sechsten Sinn für so was. »Hast du heute frei?«
    »Nein. Und ich war auch schon wach.« Ich versuche vergeblich, möglichst frisch zu klingen.
    »Ah ja«, sagt sie und meint eigentlich: »Vergiss es, du kannst einfach zu schlecht lügen.«
    »Was gibt’s denn?«, frage ich.
    »Nichts! Ich wollte mal hören, wie es dir geht.«
    »Gut.«
    »Das merke ich. Wer um die Zeit noch im Bett liegt …«
    »Mama, ich war schon wach!«
    »Jaja. Dann wünsche ich noch einen erfolgreichen Tag. Kommst du am Wochenende mal in deinem Elternhaus vorbei?«
    »Weiß ich noch nicht.« Ich kann ohne Kaffee nicht denken.
    »Melde dich einfach.«
    »Okay.«
    »Okay.«
    »Tschüss.«
    »Ja, tschüss.«
    Na gut, wenn ich schon mal wach bin, kann ich auch an Jule simsen. Wir beschließen, uns um elf Uhr an der Uni zu treffen. Dann haben wir noch eine Stunde, bevor die nächsten Veranstaltungen beginnen. Jule kommt eine Viertelstunde zu spät, ich bin immer noch nicht ganz wach.
    »Und wie war’s? Habt ihr …?«, will sie sofort wissen.
    Ich nicke.
    »Krass. Wieso hat er plötzlich doch angebissen?«
    »Kratzen«, sage ich.
    »Kratzen?«
    »Er steht darauf, gekratzt zu werden. Und gekniffen.«
    »Aha.«
    »Ja.«
    »Ich wusste gleich, dass der nicht ganz normal ist. Erinnerst du dich daran, wie er mal eine Woche ohne Schuhe unterwegs war?«
    »Ja, allerdings.«
    Jule schielt nach dem Kaffeeautomaten. »Und wie war es so mit ihm?«
    »Na, er sieht nackt noch besser aus als angezogen. Und er war auch echt nicht schlecht, ich meine, wenn er jetzt nicht diese merkwürdigen Vorlieben gezeigt
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