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One: Die einzige Chance (German Edition)

One: Die einzige Chance (German Edition)

Titel: One: Die einzige Chance (German Edition)
Autoren: Tobias Elsäßer
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wie zu einem großen Bruder, aber dich hat das anscheinend nicht interessiert. Kaum macht man einen Fehler, schon ist man abgeschrieben. Nicht wahr? Du hast mich nicht mal im Krankenhaus besucht, als es mir richtig dreckig ging. Anna hat dich entschuldigt. Du hättest viel zu tun. Dass ich nicht lache. Du bist und bleibst ein feiger Egoist. Aber glaub mir, so leicht kommst du diesmal nicht davon.«
    »Willst du mich jetzt töten?«
    »Hast du Angst?«
    Vincent schüttelte den Kopf. »Nicht mehr als die anderen, die du auf dem Gewissen hast.« Er ging einen Schritt auf Weinfeld zu. Fast so, als wollte er ihm drohen, und sagte scharf: »Warum musste Marietta sterben?«
    »Sie hat ein Doppelspiel getrieben. Das war feige und musste bestraft werden. In diesen Stunden wird auf Millionen Computern in Banken, Versicherungen und Unternehmen ein Virus aktiviert, den ich programmiert habe. In Assembler , einer für heutige Cracks antiquierten Programmiersprache, die sich wunderbar zwischen Befehlszeilen verstecken lässt. Ich hab den Virus Hermes genannt. Das dürfte dir doch gefallen. Hermes war nicht nur der Götterbote, sondern auch …«
    »… der Gott der Kaufleute und Diebe«, vollendete Vincent.
    »Auch auf diesem Gebiet warst du allen aus der Gruppe überlegen.«
    »Und jetzt wird mich dein Killer als Nächstes töten, hab ich recht?« Er blickte über Weinfelds Schulter hinüber zum Fenster. Er meinte, einen Schatten gesehen zu haben. »Sonst könnte ich vielleicht hergehen und der Polizei meine Hilfe anbieten, weil ich die möglichen Szenarien kenne. Weil ich weiß, wohin die Gelder fließen und wie die Staaten reagieren werden.«
    »Du kannst es nicht aufhalten. Die Kettenreaktion ist längst in Gang. Dieses Mal wird es zum finalen Crash kommen. Nach all den Jahren der Unvernunft, nach all den Jahren der Flickschusterei ist es an der Zeit, dass die Uhren zurückgestellt werden. Die ehrlichen Bürger haben einen Neuanfang verdient. Die Sintflut muss kommen, damit es nicht immer so weitergeht.«
    »Und wer darf auf die Arche? Wer sind diejenigen, die nicht ersaufen?«
    »Die Jungen. Ja, vor allem die Jungen. Die verlorene Generation, die man ihrer Träume beraubt, um sie passfertig in die Maschine einzufügen, bis sie nicht mehr können. Du glaubst gar nicht, wie viele junge Menschen darauf warten, die Generation vor ihnen abzulösen. In einigen Staaten ist die Korruption das Einzige, was funktioniert. Alle, die sich nicht darauf einlassen wollen, stehen als Verlierer da. Das wird sich ändern. Europa muss in die Hände der Jüngeren gegeben werden. Man darf sie nicht dazu verdammen, mit Universitätsabschlüssen auf der Straße zu sitzen. Man darf sie nicht aus ihren Ländern drängen, nur weil sie alles über den Haufen werfen wollen.« Weinfeld starrte nun zum dritten Mal auf seine Uhr. Er zog sein Handy heraus und tippte darauf herum.
    »Gibst du dem Killer jetzt das Okay?«
    Weinfeld reagierte nicht, dann sagte er leise: »Ja, das tue ich.« Und erhob sich.
    »Es ist mir egal, was du mit mir vorhast, Kaspar. Lass nur Samuel am Leben«, flehte Vincent. »Er hat damit nichts zu tun. Er ist ein guter Junge. Er ist das Beste, was ich je zustande gebracht habe.«
    »Das weiß ich. Ich hab ihn kennengelernt und er wird eines Tages stolz auf dich sein, obwohl du das vielleicht gar nicht verdient hast.«
    Die Situation war aussichtslos. Vincent wagte einen letzten Versuch. »Ich werde ihnen helfen. Das verspreche ich. Ich werde es versuchen, sobald der Blackout vorüber ist. Aber es ist und bleibt eine Theorie. Was danach kommt, ist nicht vorhersehbar.« Vincent machte einen Schritt auf Weinfeld zu. Wahrscheinlich war sein Todesurteil unumkehrbar. Wahrscheinlich war es zu spät für dieses Angebot.
    Weinfeld senkte die Augen und drückte mit zitternden Fingern auf das Display, dann ließ er das Handy sinken. Vincent starrte zum Fenster und riss erschrocken die Augen auf.

Zehn
    Chalet | 22 Grad | Nacht
    Fabienne ließ die Pistole langsam sinken. Sie stand auf dem Weg. Die Arme ausgestreckt, den Blick starr vor Entsetzen. Sie zitterte am ganzen Körper. Einsetzender Regen prasselte unrhythmisch auf ihre Kapuze. Die Gestalt, der Mann, der Killer, sank in sich zusammen. Die Wucht der Projektile hatte ihn nicht nach hinten gerissen. Als die Schüsse ihn trafen, hatte er nur gezuckt. Er stieß keinen Schrei aus. Er kauerte nicht qualvoll am Boden und flehte um Hilfe und Vergebung. Er sank in die Knie, so langsam, so zitternd
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