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Ondragon - Menschenhunger

Ondragon - Menschenhunger

Titel: Ondragon - Menschenhunger
Autoren: Strohmeyer Anette
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mächtige Weißkiefern säumten die Ufer.
    „Der See hat die Form einer Gurke und ist zweieinhalb Meilen lang, und manchmal kommen tatsächliche Elche, um hier zu fressen. Meist in der Dämmerung. Außerdem kann man prima angeln. Wenn Sie Ausrüstung dafür brauchen - die Cedar Creek Lodge hat alles da, was das Anglerherz begehrt. Wenden Sie sich an mich oder Frank, das ist der Gärtner.“
    Ondragon hasste Angeln. Reine Zeitverschwendung, wenn man den Fisch im Supermarkt nebenan kaufen konnte oder noch besser, gleich fertig zubereitet im Restaurant.
    „Das dort drüben ist übrigens der Mount Witiko.“ Pete wies mit dem Daumen auf eine bizarre Felsformation.
    „Witiko“, wiederholte Ondragon und blickte auf den beinahe schwarzen, in zwei Spitzen gespaltenen Gipfel, der sich zwischen zwei flacheren Bergkuppen aus dem undurchdringlichen Grün des Waldes erhob. Möglicherweise vulkanischen Ursprungs, dachte er.
    „Ist’n indianischer Name, von den Ojibway. Und der Berg ist einer ihrer heiligen Orte. Sie halten dort Rituale ab und so’n Zeugs. Falls es Sie interessiert, in der Bibliothek der Lodge finden Sie alle möglichen Karten und Bücher über die Wälder und die Indianer.“
    Ein unerwartetes Kribbeln jagte über Ondragons Rücken. Bibliothek! Wenn du wüsstest, Bürschchen!
    Pete plapperte munter weiter. „Die Geschichte dieser Gegend ist Dr. Arthurs Hobby. Is‘ nich‘ mein Ding, aber ich guck mir manchmal die gruseligen Bilder in den Büchern an. Speziell die vom Bergmonster.“ Der Kofferjunge gluckste und rückte seine Baseballkappe zurecht. Schien eine Angewohnheit von ihm zu sein. „So, ich muss dann mal wieder nach unten, Sheila wartet auf mich. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt, Mr. On Drägn .“
    Pete ging zur Tür.
    „Ach ja, bevor ich’s vergesse!“ Er wandte sich noch einmal um. „Auf dem Nachttisch liegen die Golden Rules . Dr. Arthur will, dass jeder Gast sie liest und sich natürlich auch daran hält.“ Der Hillbilly grinste und verschwand.
    Eine Weile stand Ondragon noch auf dem Balkon und betrachtete den Mount Witiko, der sich schwarz auf der glatten Wasseroberfläche des Sees spiegelte. Dann ging er wieder hinein, zog sein mit rotem Satin gefüttertes Jackett aus und sah sich in dem Zimmer um, das für die nächsten Wochen sein Domizil sein sollte. Das breite Bett war aus entrindeten Holzstämmen gezimmert, genauso wie der Tisch mit den zwei Stühlen. In der Ecke am Panoramafenster stand ein schwerer Ledersessel mit einem kleinen, runden Beistelltisch aus dunklem Nussholz und einem elektrischen Windlicht darauf. In der anderen Ecke neben der Tür stand ein wahrer Koloss von einem Schrank: Antikbeize und handgeschmiedete Angeln. Ondragon drehte den großen Schlüssel im Schloss und öffnete ihn. Mehrere Ablagefächer, eine Kleiderstange und ein Tresor mit Eingabetasten. Kein Fernseher! Ondragon wusste noch nicht, wie er das finden sollte. Er schloss den Schrank wieder und wandte sich um. Über dem Bett hing ein hellblauer Wandteppich im Stil der Westküstenindianer mit einem weißen Raben darauf. Er trug den Mond in seinem Schnabel. Alles wirkte rustikal, gleichzeitig aber auch edel und lud zum Wohlfühlen ein. Mal sehen, wie lange er es hier aushielt.
    Ondragon fragte sich, wie viele „Gäste“ sich außer dem offensichtlich stockschwulen Mr. Shamgood hier wohl noch aufhielten. Er beschloss, sich bei Sheila danach zu erkundigen. Schließlich wollte er wissen, mit wem er es zu tun hatte, wenn er sein privates Problem hier behandeln ließ.
    Er warf einen kritischen Blick in das großzügige Bad. Es war hübsch in Hellblau und Braun gefliest mit Holzablagen und glänzenden Messinghaken. Eine beindruckende Emailbadewanne auf Löwenfüßen kauerte unter dem Fenster wie ein weißes Untier. Ondragon sah die dicken, weichen Stapel frischer Handtücher und freute sich schon jetzt auf eine heiße Dusche nach den Abendessen. Er ging zurück ins Zimmer und setzte sich auf das Bett. Sein Blick fiel in den Spiegel, der ihm gegenüber hing.
    Für Außenstehende wirkte sein Gesicht braungebrannt und vital, und seine grünen Augen leuchteten angriffslustig unter den breiten, dunklen Brauen hervor, deren Wirkung er sehr genau kannte, wenn er sie spielen ließ. Aber er sah auch deutlich die müde Blässe hinter dem kalifornischen Teint und die dunklen Ringe unter seinen Augen. Seine Sorgenfalten auf der Stirn wurden immer tiefer. Kritisch blieb sein Blick an seiner Nase hängen. Die
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