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Ondragon - Menschenhunger

Ondragon - Menschenhunger

Titel: Ondragon - Menschenhunger
Autoren: Strohmeyer Anette
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war es nur der Wind, der durch das Geäst strich und die Schatten tanzen ließ? Ondragon schnalzte mit der Zunge. Jedenfalls war es jetzt fort. Was immer es auch gewesen sein mochte.
    „Scheißwald!“
    Er gab wieder Gas. Wahrscheinlich war es ein Elch gewesen. Hoffentlich war er bald da. Sonst würde er es sich doch noch anders überlegen.

    Eine halbe Stunde später erreichte er endlich den Parkplatz vor der Lodge. Er parkte den Mustang neben vier Offroadern, einem staubigen Pickup mit der Aufschrift Cedar Creek Lodge und einem roten Prius ein. Verdammte Ökoschüsseln! Sie machten ihm immer ein schlechtes Gewissen.
    Mit einem missbilligenden Blick auf den Toyota zog Ondragon den Schlüssel aus dem Zündschloss und stieg aus. Es war bereits gegen Abend, und der Parklatz war in violette Schatten getaucht. Der Wald atmete abendliche Kühle aus. Nur auf den Dächern der Gebäude und den Spitzen der Douglasien glomm noch das rötlichgoldene Licht der untergehenden Sonne. Allerdings würde es noch mindestens vier bis fünf Stunden dauern, bis sie tatsächlich verschwunden wäre. Die Tage in diesen Breiten waren im Sommer lang und im Winter verdammt kurz. Ganz anders als in Kalifornien, wo die Tage immer schön gleich waren. Ondragon öffnete den Kofferraum und nahm zwei große Reisetaschen heraus, dabei fiel sein Blick auf den länglichen Metallkoffer. Ihn würde er vorerst im Auto lassen. Vielleicht würde er ihn gar nicht brauchen. Er schlug die Kofferraumklappe zu und fuhr zusammen. Ein junger Kerl stand neben dem Mustang und piff durch die Zähne. Er hatte einen Dreitagebart und einen leichten Silberblick.
    „Wow, ein 67er Shelby GT 500 Fastback! Solch ein Zuckerstück bekommt man hier nicht oft zu sehen. Wie viel macht er denn so?“
    „Zweihundert Meilen die Stunde!“
    Wieder ein Pfiff. „Darf ich?“
    Ondragon nickte. Silberblick fuhr andächtig über die mattschwarze Oberfläche. Eine Sonderanfertigung aus L.A. wie auch das Interieur. Ondragon kannte die Typen von West Coast Customs persönlich.
    Der Kerl ging einmal um das Auto herum und öffnete seinen Mund zu einem breiten Grinsen.
    „Eine heiße Lady. Wirklich!“
    „Danke.“
    Silberblick kam wieder bei ihm an.
    „Sie sind sicher Mr. On Drägn . Darf ich Ihre Taschen nehmen?“
    „Das heißt Ondragon!“ Er hasste es, wenn man seinen Namen falsch aussprach. „On-dra-gon. Betonung auf der ersten Silbe. Das ist kein amerikanischer Name.“
    „Echt? Trotzdem cool.“ Silberblick zog sich die rote Baseballkappe mit dem verwaschenen Chicago Bulls Logo zurecht. Wenigstens hatte er Geschmack bei der Wahl seines Basketballteams bewiesen.
    „Und wer sind Sie?“, fragte Ondragon.
    „Oh, ‘tschuldigung, wie unhöflich von mir. Ich bin Peter Parker.“
    „Wollen Sie mich verarschen, Mann!“ Ondragon wurde langsam ungehalten. Was war das für eine Lodge, die sich solche Angestellte leistete? Vielleicht sollte er sein Vorhaben doch noch einmal überdenken, bevor er sein Geld hier investierte.
    „Äh, wieso?“ Silberblick schob sich verlegen die Ärmel seines karierten Hemdes hoch. Jetzt sah er so aus, als wolle er dem Holzfällerriesen Paul Bunyan Konkurrenz machen!
    „Schon mal was von Spiderman gehört?“ Ondragon tippe sich mit seinem schmalen, langen Zeigefinger an die Stirn.
    Der silbrige Blick seines Gegenübers blieb leer, nahm dann aber doch einen Ausdruck des Begreifens an. „Ach, Sie meinen den Typen, der sich in Spiderman verwandelt. Ja, der heißt genauso wie ich!“ Ein halbdebiles Grinsen folgte.
    „Nicht zu fassen. Ihre Eltern waren wohl Fans?“
    „Keine Ahnung. Mein Urgroßvater hieß so. Gab es damals schon Spiderman?“ Er kratzte sich unter seiner Baseballkappe am Kopf. „Egal. Nennen Sie mich einfach Pete. Das ist mir sowieso viel lieber. Darf ich jetzt Ihre Taschen hinauf zum Empfang tragen?“
    Ondragon zögerte kurz, überließ Pete dann aber das Gepäck.
    „Bitte folgen Sie mir, Mr. On Drägn .“
    Ondragon rollte mit den Augen und folgte dem seltsamen Faktotum zu der Lodge hinauf. Mal sehen, welch merkwürdige Gestalten sich noch hier herumtrieben.
    Die Lodge lag etwas oberhalb des Parkplatzes auf einer gut getrimmten Wiese, die hier in der Wildnis so unpassend wirkte wie ein Jäger im Seidenkimono. Der große Blockhauskomplex bestand aus einem dreistöckigen Mittelbau mit sechseckigem Grundriss und einem holzschindelgedeckten Dach, das wie die Spitze eines Kristalls aussah. Von diesem zentralen „Turm“ aus knickten
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