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Ondragon - Menschenhunger

Ondragon - Menschenhunger

Titel: Ondragon - Menschenhunger
Autoren: Strohmeyer Anette
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überzeugen. Nun ja, Ondragon hoffte, dass sie sich nicht irrten.
    Er spürte, dass er müde wurde. Das Brummen des Fliegers und der Champagner taten ihre Wirkung. Doch noch immer hielt sein Geist sich zäh an den Bildern fest. Offensichtlich war das Teil der Aufarbeitung, also würde er es auch zu Ende denken.
    Die Familientragödie der Parkers mutete zum Beispiel nicht minder katastrophal an als der Unstern, der über Kateris Leben und Sterben gewacht hatte. Und beides schien auf schicksalhafte Weise miteinander verknüpft gewesen zu sein. Petes Leiche war auf der Westseite der Blockhütte nur wenige Schritte entfernt gefunden worden. Kateri hatte ihn einen Pfeil in die Brust geschossen. Der Medical Examiner hatte festgestellt, dass der arme Kerl noch eine halbe Stunde lang gelebt hatte, bevor er quälend langsam an seinem eigenen Blut in der Lunge ertrunken war. Um ihn tat es Ondragon tatsächlich ein wenig leid. Der unglückselige Hillbilly war nicht gerade auf Rosen gebettet gewesen, hatte aber tapfer versucht, das Beste daraus zu machen. Ondragon hatte sich auch um dessen einsame Beerdigung gekümmert, denn von Momo war nicht einmal ein Fingerknochen übriggeblieben. Sein Körper war zusammen mit der Hütte verbrannt, von der nur noch der gemauerte Kamin wie ein schwarzes Mahnmal aus den Trümmern aufgeragt hatte. Ondragon hatte das FBI über Momos Taten in der Vergangenheit aufgeklärt, und das Bureau legte den Fall der Parker-Morde zu den Akten.
    Blieb nur noch Joel Parker - und das war das einzig Unerklärliche an der ganzen Sache:
    der Alte blieb unauffindbar. Die Kriminaltechniker hatten keine einzige Spur von ihm entdecken können, ebenso wenig wie die Spürhunde, mit denen man mehrere Tage lang den Wald durchsucht hatte. Es schien, als hätte Joel Parker, der alte Fallensteller, nie existiert.
    Very spooky.
    Ondragon trank den Rest seines zweiten Champagnerglases und dachte an das Tagebuch des Lieutenant Stafford. Es war das einzig Greifbare, das ihn jetzt noch an diese verrückte Episode in den Wäldern des Nordens erinnerte. An das dunkle Geheimnis des Wendigo. Vielleicht gab es das Waldmonster wirklich, vielleicht auch nicht. Vielleicht war es doch bloß eine Legende der Indianer.
    Bevor sie die Lodge endgültig verlassen hatten, hatte Ondragon Charlize gebeten, das Buch aus seinem Zimmer zu holen. Nun lag es in einem nagelneuen Spezialsafe der Firma Sentry im Keller seiner Villa in L.A. Es war das einzige Buch in seinem Haus und es verursachte ihm trotz seiner hermetischen Verwahrung ein gewisses Unbehagen. Irgendwann würde er es digitalisieren lassen und es einem Museum schenken. Vielleicht würde er es aber auch eines Tages schaffen, das Buch in sein erstes jungfräuliches Bücherregal in seinem Arbeitszimmer zu stellen. Vielleicht. Denn bekanntlich geschahen Wunder ja immer wieder.

Epilog

    1835, Kabetogama, die Hütte der Fallensteller mitten im Wald

    Sie erreichten die Hütte und traten durchgefroren ein. Parker entzündete das Feuer im Kamin, um Kälte und Dunkelheit zu vertreiben, und setzte Wasser für Kaffee auf. Lieutenant Stafford hatte sie zähneknirschend ziehen lassen. Schließlich lag gegen sie nichts vor. Stafford hatte seinen Verdacht nicht erhärten können. Erst recht nicht, nachdem auch Parker noch seine Aussage gemacht hatte, zumindest soweit er sich noch erinnern konnte. Das Fieber hatte ihm das Gedächtnis vernebelt. Aber jetzt war er wieder völlig gesund.
    Froh, wieder in ihrem bescheidenen Reich zu sein, verriegelte Lacroix die Tür, und die Trapper zogen ihre dicken Winterjacken aus.
    „Two-Elk, was hast du denn da?“, hörte Parker den Frankokanadier hinter sich fragen, und drehte sich zu seinen Freunden um. Er sah, dass der Chippewa den Inhalt seines Lederbeutels auf dem Tisch entleert hatte. Obenauf lag ein kleines Buch.
    „Buch von Lieutenant. Ich habe es gestohlen, Ritual muss geheim bleiben.“
    „Oh, darüber wird Stafford aber nicht erfreut sein, wenn er feststellt, dass es ihm entwendet wurde. Dabei hat er sich doch solche Mühe mit seinen Untersuchungen gegeben.“ Lacroix lachte schadenfroh.
    „ Kitchie Manitou mag Schriftzeichen vom Weißen Mann nicht. Ich werde Buch vernichten.“ Two-Elk wollte es in die Flammen werfen.
    „Halt!“ Lacroix nahm dem Indianer das Buch aus der Hand und blätterte eine Weile darin herum. „Ich behalte es lieber, mon ami . Wer weiß, vielleicht brauchen wir es nochmal. Der Große Geist wird sicher großmütig darüber
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