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Ondragon - Menschenhunger

Ondragon - Menschenhunger

Titel: Ondragon - Menschenhunger
Autoren: Strohmeyer Anette
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Fuß vorsichtig vor den anderen setzend. Ondragon atmete leise ein und setzte sich wieder in Bewegung, verringerte die Entfernung zwischen ihnen auf wenige Schritte. Plötzlich gewahrte er das vertraute, tödliche Sirren, und noch während desselben Atemzuges schlug ein Pfeil direkt neben seiner Hand in den Boden ein.
    Scheiße! Sie schoss im Gehen!
    Ondragon sprang auf und lief mit aller Kraft los, machte große Sätze und schlug Haken wie ein Kaninchen. Wie zum Teufel hatte sie ihn sehen können? Ein weiterer Pfeil verfehlte ihn nur knapp, zitternd stecke er in der Rinde einer Tanne. Er hatte blutrote Federn. Ondragon schluckte und leises Entsetzen packte ihn, denn an diesem Detail des prähistorischen Geschosses erkannte er, dass es heller geworden war. Die Schwärze der Nacht war dem dunklen Blau der Dämmerung gewichen und gab immer deutlicher die Konturen der Bäume frei. Fuck!
    Wie ein Panzer mit Vollgas brach er sich seinen Weg durch das Gestrüpp. Wenn er nicht bald ein Versteck fand, war er geliefert! Wieder überholte ihn ein Pfeil. Fluchend änderte Ondragon seine Richtung. Warum machte sie mit dem Bogen auf ihn Jagd? Warum nahm sie nicht einfach seine Pistole? Machte sie sich einen Spaß daraus, den Cowboy auf Indianerart zur Strecke bringen? Das hätte unerwarteten Stil. Wahrscheinlich wollte sie aber nur vermeiden, mit einem Schuss zu viel Lärm zu machen. Was wiederum nur bedeuten konnte, dass sie sich näher an der Lodge befanden, als Kateri behauptet hatte. Wenn er doch nur wüsste, in welche Richtung er laufen sollte. Aber auch der See kam nicht in Sicht. Keine Wegmarke, die ihm bekannt vorkam.
    Ein Sirren erklang, doch kein Aufschlag ertönte. Ondragon lief ein paar Sätze weiter und sah dann an sich herunter. Mit nüchterner Erkenntnis stellte er fest, dass der Pfeil in seiner Seite steckte, zwei Finger breit unter seinem letzten rechten Rippenbogen. Die Spitze war vorne wieder ausgetreten. Eine Jagdspitze mit Widerhaken. Während er weiterlief, packte Ondragon den Pfeil und zog in mit einem Ruck nach vorne raus. Das Adrenalin, das großzügig seinen Körper flutete, verhinderte, dass die Schmerzen seine Geschwindigkeit verringerten. Er wollte den Pfeil wegwerfen, überlegte es sich dann aber anders. Er war immerhin eine Art Waffe und die Klingen der Spitze waren scharf. Mit dem blutverschmierten Pfeil in der Faust rannte er weiter. Hinter sich unheimliche Stille und irgendwo die lautlose Jägerin.
    Die Wunde blutete immer stärker und bald war Ondragon klar, dass er mit seinem Blut Spuren hinterließ, die ein geübter Jäger leicht lesen konnte. Er presste eine Hand auf die Seite und sprang über einen umgestürzten Baum. Die Stelle kam ihm bekannt vor. Er sah sich um. Sollte er sich hinter dem Baumstamm verbergen? Er sah an sich herunter, ein rotes Rinnsal lief an seinem Bein hinab. Kateri würde ihn aufspüren!
    Plötzlich fiel ihm auf, dass schon seit längerem kein Pfeil mehr geflogen war. Was hatte sie vor? Wollte sie ihm den Weg abschneiden? War das Taktik oder war da etwas vor ihn, das ihn retten konnte? Er rannte weiter geradeaus. Das Dunkelblau der Dämmerung hatte sich zu einem diffusen Grau verwandelt. Man konnte bereits gut sehen. Wahrscheinlich legte sie in diesem Moment in aller Ruhe auf ihn an. Ondragon meinte, die schussbereite Pfeilspitze förmlich in seinem Nacken spüren zu können. Instinktiv zog er den Kopf ein und schlug sich mit einer abrupten Wende in ein dichtes Gebüsch. Der Pfeil landete genau an der Stelle, wo er vor einer Zehntelsekunde noch vorbeigelaufen war. Diese Schlange! Sie war verdammt gut!
    Unvermittelt stieß er gegen einen großen, harten Schatten. Verdutzt prallte er zurück und erkannte eine kleine Hütte, die gerade mal so groß war, dass ein Mensch darin Platz fand. Einen Augenblick lang musste er überlegen, was das zu bedeuten hatte, dann schoss ihm ein Gefühl des Triumpfes durch sein vom Adrenalinnebel berauschtes Hirn. Er hatte es geschafft! Das war das Klohäuschen der Parkers, und keine zwanzig Schritt weiter stand das Blockhaus. Darin waren Menschen, die ihm helfen konnten.
    Beseelt von neuer Energie lief er zum Haus und riss einfach die Tür auf, ohne vorher zu klopfen. Er erwartete, die Bewohner schlafend vorzufinden, doch das, was ihn stattdessen empfing, ließ ihn jäh erstarren.

54. Kapitel

    2009, Moose Lake, in der Hütte der Parkers

    Der Schmerz explodierte in seiner Seite, als hätte die Wirkung seiner körpereigenen Drogen
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