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Ondragon - Menschenhunger

Ondragon - Menschenhunger

Titel: Ondragon - Menschenhunger
Autoren: Strohmeyer Anette
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schlagartig nachgelassen. Ondragon krümmte sich, doch sein Blick war unverwandt auf die Szene gerichtet, in die er so überraschend hineingeplatzt war.
    „Was? Was hast du getan?“, schrie er Peter Parker schließlich wütend an, als er wieder Luft zum Atmen hatte. Der Hillbilly hockte auf dem Boden und sah mit tränengeröteten Augen zu ihm auf.
    „Mr. On Drä gn . Es hat nicht funktioniert.“ Neben ihm lag sein Bruder Momo auf dem Rücken. Die Augen des geistig behinderten Jungen waren aufgerissen, sein Gesicht aufgequollen und seine Hände hatten sich um seinen eigenen Hals gelegt. Zunge und Lippen waren mit schwärenden Blasen überzogen und eine getrocknete, gelblichweiße Masse klebte an Haut und Kleidung.
    „Verdammt, Pete! Natürlich hat es nicht funktioniert!“ Ondragon kniete neben dem unglücklichen Momo nieder und fühlte dessen Puls. Der Junge war tot. Qualvoll erstickt an dem heißen Wachs, das Pete ihm in den Hals geschüttet hatte.
    Wendigo-Exorzismus!
    „Ich wollte ihm doch nur helfen!“, heulte der Hillbilly.
    „Woher hast du überhaupt das Wachs?“, fuhr Ondragon ihn an. Doch als er neben Momo einen verbeulten Topf entdeckte, wusste er, woher. Pete war zu der Höhle gegangen und hatte sich das Wachs von den Indianern geschnappt. Dieser Vollidiot!
    „Mann, Pete!“ Ondragon fuhr sich mit zitternder Hand über die heiße Stirn und sah sich in der Hütte um. „Wo ist dein Onkel Joel?“
    „Er ist weg.“
    „Weg? Wohin? Verdammt, nun rede schon!“ Ondragon schüttelte den Hillbilly, doch der schluchzte so heftig, dass er kein Wort mehr herausbrachte. Er ließ von ihm ab und ging zu dem Bett des Onkels hinüber. Erleichtert atmete er auf. Dort stand die alte Flinte in der Ecke, ein vorsintflutlicher Vorderlader, gefühlte zweihundert Jahre alt. Auf dem Kolben waren die Initialen A.J.P. eingeritzt. Ondragon nahm sie und kontrollierte, ob eine Kugel im Lauf war. Sie war geladen. Leider würde er mit diesem Gewehr nur einen einzigen Schuss abgeben können. Das anschließende Nachladen würde zu lange dauern, um sich damit dauerhaft zu verteidigen. „Pete, wo ist dein Jagdgewehr?“
    Der Kofferjunge schüttelte den Kopf. „Im Schuppen nebenan.“
    Verdammt! Darauf würde er vorerst keinen Zugriff haben, denn Kateri hatte die Blockhütte inzwischen mit Sicherheit erreicht und verschanzte sich in diesem Augenblick da draußen. Er musste also mit dem Vorlieb nehmen, was er hier in der Hütte fand. Ondragon hängte sich das alte Gewehr über die Schulter und durchsuchte die Küche der Hillbillies nach geeigneten Stichwaffen. Auch hier war er erfolgreich. Joel Parker war ein Fallensteller, er besaß gleich drei gute Bowiemesser, die an Nägeln über der provisorischen Spüle hingen. Das sollte ausreichen. Ohne weiter auf den heulenden Kofferjungen und seinen toten Bruder zu achten, zerriss Ondragon ein Hemd und verband damit seine Wunde, dabei fiel ihm auf, dass er blutige Fußspuren auf dem Holzfußboden der Hütte hinterlassen hatte. Scheiß drauf! Er musste jetzt einen Plan entwerfen, wie er zur Lodge gelangen konnte, ohne dabei von einem Pfeil durchbohrt zu werden. Er löschte die Öllampe, damit es in der Hütte dunkel wurde, und schlich zum Fenster neben der Tür. Vorsichtig spähte er hinaus in den anbrechenden Tag, konnte aber niemanden sehen. Er kontrollierte die Ausblicke von sämtlichen Fenstern. Fehlanzeige. Wenn Kateri da draußen war - und das war sie! - dann versteckte sie sich verdammt gut. Ondragon überlegte. Zum Glück war Kateri allein, eine einsame Jägerin. Sie konnte maximal drei Seiten des Blockhauses gleichzeitig im Blick behalten. Er würde also herausfinden müssen, welche Seiten das waren. „Pete!“
    Der Hillbilly rührte sich nicht. Im Dunklen kauerte er neben der Leiche seines Bruders.
    „Pete! Ich brauche deine Hilfe!“ Ondragon ging zu dem Jungen und zerrte ihn auf die Beine. „Hörst du? Ich werde verfolgt. Miss Wolfe ist da draußen und will mich töten!“
    Pete blickte ihn an. Natürlich verstand er nichts. „Du musst sie ablenken, damit ich unentdeckt fliehen kann.“
    „Aber …“
    „Jetzt hör wenigstens ein einziges Mal auf mich. Geh da an die Tür.“ Er schob den Hillbilly zum Eingang. Dass Pete womöglich getroffen werden könnte, nahm er in Kauf. Er konnte sich keine Rücksicht auf Kollateralschäden leisten, jetzt zählte nur das Überleben des Paul Eckbert Ondragon!
    „Öffne die Tür!“, befahl er. Mit zitternder Hand schob Pete den
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