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Oma klopft im Kreml an

Oma klopft im Kreml an

Titel: Oma klopft im Kreml an
Autoren: Anne Telscombe
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Humphrey und starrte sie plötzlich entgeistert an. «Wollen Sie im Ernst sagen, daß Sie noch nie eine Affäre hatten? »
    Jackie schüttelte feierlich den Kopf.
    «Keine einzige?»
    «Keine einzige. Was ist daran so erstaunlich?»
    «Na ja, ich meine - heutzutage. Ist das nicht außergewöhnlich für ein Mädchen von - von -»
    «Fünfundzwanzig. »
    «Fünfundzwanzig und für ein Mädchen wie Sie -» Humphrey verstummte wieder.
    «Wie meinen Sie das, ?» fragte Jackie.
    «Oh, ich meine nur nach dem Eindruck, den man von Ihnen bekommt. Ein sehr attraktives Mädchen wie Sie, weit weg von zu Hause und allein lebend, immer von Männern umgeben und mit ihnen herumschäkernd -als ob Sie eine Menge Erfahrung hätten.»
    «Ich hab eine Menge Erfahrung - im Ausgehen und Herumschäkern, wie Sie das nennen», antwortete Jackie. «Und all das hat mich zu der Erkenntnis gebracht, daß es sich nicht lohnt, weiter zu gehen, wenn einem nicht wirklich was dran liegt.»
    «Meinen Sie nicht, daß uns etwas dran liegen könnte?»
    «Nicht jetzt», sagte Jackie energisch. «Nichts fördert Illusionen mehr, als wenn zwei Leute durch Zufall am letzten Urlaubstag in einem fremden Land zusammentreffen. Ein künstlich aufgebauschtes Erlebnis, das durch die Kürze der Zeit noch aufregender ist. Nein, danke.»
    «Und mehr wäre es nicht für Sie?»
    «Nein. Es tut mir leid, daß Sie mich spießig finden.»
    «Ich finde sie nicht spießig», sagte Humphrey leise. «Ich finde Sie süß.»
    Er ging auf sie zu, aber Jackie wich ihm schnell aus und lief aus dem Zimmer. Als sie einen Augenblick später wieder zurückkam, war sie mit Decken beladen und ganz aufs Praktische ausgerichtet.
    «Sie können ins Badezimmer gehen, während ich Ihr Bett zurecht mache. Auf dem Bord liegt eine neue Zahnbürste, und ich habe ein frisches Handtuch hingehängt.»
    «Danke», sagte Humphrey, aber er blieb an der Tür stehen und sah ihr zu, wie sie die Bettücher ausschüttelte und einen sauberen Bezug über eines der Sofakissen zog. Beide schwiegen. Auch Jackies munterer Redefluß war plötzlich versiegt. Als sie mit dem Bett fertig war, versuchte Humphrey nicht, sie am Hinausgehen zu hindern. Er saß lange auf der Couch - so lange, daß Jackie schließlich an die Tür klopfte.
    «Wollen Sie erst ins Badezimmer, oder soll ich gehen?»
    Humphrey raffte sich aus seinen Gedanken auf und öffnete die Tür. Jackie stand vor ihm und versuchte, ihre leichte Verlegenheit unter einem besonders sachlichen Ton zu verbergen.
    «Ich warte seit Stunden, daß Sie ins Bett gehen. Jetzt seien Sie aber vernünftig, Humphrey.»
    «Ich werde vernünftig sein. Ich habe nachgedacht, Jackie. Ich kann nicht hierbleiben.»
    «Was wollen Sie denn aber tun?»
    «Das Flugzeug geht um neun Uhr, also würde ich sowieso um sechs aufstehen. Ich werde jetzt Spazierengehen. Ich bin noch nie eine ganze Nacht aufgeblieben. Jedenfalls nicht freiwillig. Die einzige Nacht, in der ich nicht geschlafen habe, war die, bevor ich Sie kennengelernt habe. Ich hätte gleich wissen müssen, daß das was bedeutet. Meine konventionelle Welt ist ins Wanken geraten. Haben Sie nicht das Gefühl, Jackie, daß ich das auch ein wenig Ihnen zu verdanken habe?» Humphrey amüsierte sich über sich selbst.
    Jackie zögerte, aber nur eine Sekunde lang. Für sie hatte es nicht einen besondern Augenblick der Wahrheit gegeben. Der Abend hatte aus vielen Augenblicken bestanden - Augenblicken plötzlicher Einsicht, wenn sie sich zu Humphrey hingezogen fühlte, und Augenblicken der Nachdenklichkeit, wenn sie wieder vor ihm zurückwich. Sie war zu verwirrt, um zu wissen, was sie eigentlich wollte, aber eins wußte sie genau: sie konnte nicht allein in der Wohnung sitzen und darüber nachgrübeln.
    «Ich geh mit», sagte sie abrupt. «Ich glaube auch nicht, daß ich schlafen kann.»
    «Jackie!»
    «Bitte, legen Sie meinen Worten jetzt keine Bedeutung unter, wo keine ist. Ich habe nur gesagt ...»
    «Ich habe gehört, was Sie gesagt haben, und es war sehr ermutigend. »
    Humphrey legte seine Hände auf ihre Schultern und sah ihr mit zärtlichem Spott lächelnd in die Augen. «Wenn ich es in drei Stunden so weit bei Ihnen gebracht habe, ist ja noch Hoffnung für die restlichen sieben.»
    Plötzlich kam Jackie ein überraschender Gedanke.
    «Glauben Sie, daß Miss Baker das alles deshalb getan hat? Deshalb hier weggegangen ist, wo sie’s, doch so bequem hatte, und mitten in der Nacht ins Metropol gefahren
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