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Oma klopft im Kreml an

Oma klopft im Kreml an

Titel: Oma klopft im Kreml an
Autoren: Anne Telscombe
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seine Stimme ihn verriet, und brach ab. Er mußte vorsichtig sein und sich zusammennehmen. Es hatte keinen Sinn, Gefühlen nachzugeben.
    Jackie warf ihm einen freundlichen Blick zu.
    «Jetzt, in diesem Augenblick denke ich genauso von Ihnen und Miss Baker. Ich möchte gern wieder von Ihnen hören; aber die Wochen und Monate vergehen, und jeder kehrt in sein eigenes Leben zurück, sieht andere Leute und tut andere Dinge. Man hält es einfach nicht durch. Es ist wie mit Schiffsbekanntschaften. An Bord ist man brennend daran interessiert, in Verbindung zu bleiben. Und wie oft tut man das wirklich? Aber ich weiß, wie Sie es meinen.»
    Humphrey ließ plötzlich alle Vorsicht fahren. Mochte es auch das vernünftigste sein, auf Jackies Rückkehr nach London zu warten - diesmal hatte das Vernünftigste jeden Reiz für Humphrey Napier verloren.
    «Sie haben nicht die geringste Ahnung, wie ich es meine», sagte er, ergriff sie bei den Schultern und drehte sie zu sich herum. «Ich bin keine Schiffsbekanntschaft, und ich bin auch nicht Tante Lavinia. Ich will nicht alle paar Monate von Ihnen hören, und ich interessiere mich nicht nur beiläufig für das, was Sie tun. Ich will an jedem einzelnen Tag von Ihnen hören. Und ich will jede verdammte Minute wissen, was Sie tun.»
    Jackie lachte nicht einmal, wie sie es vor einer Stunde bei Stewart getan hatte. Sie war so überrascht, daß sie Humphrey nur mit offenem Mund anstarren konnte.
    «Aber Sie mögen mich doch nicht einmal, Humphrey, das wissen Sie doch ganz genau.» Sie klang verwirrt und unglücklich. «Sie haben wirklich nicht das Recht, mich so zu erschrecken. Erst heute abend haben Sie mich überhaupt nicht leiden können. Ich hab’s gefühlt. Sie brauchen kein Mitleid mit mir zu haben, nur weil ich meinen Posten verloren habe. Wirklich, Humphrey, das kompliziert doch alles ganz unnötig. Wenn Ihnen auch nur ein Wort ernst ist von dem, was Sie da sagen -»
    «Ich habe nicht das geringste Mitleid mit Ihnen», sagte Humphrey. Es war der falsche Zeitpunkt, damit anzufangen. Er wußte es genau. Außerdem war es der falsche Anfang. Aber nun hatte er einmal begonnen und konnte genausogut auch weitermachen. «Sie müßten sich eigentlich geschmeichelt fühlen. Ich kenne nicht viele Mädchen, die zwei Heiratsanträge an einem Abend ablehnen.»
    «Heiratsanträge? Humphrey, seien Sie doch nicht blöd. Wenn Sie und Stewart mir das Gefühl geben wollen, daß ich die schöne Helena bin, dann haben Sie damit nicht den geringsten Erfolg. Meine Nase ist nicht mal gepudert», fügte sie mit vorwurfsvoller Stimme hinzu. «Und außerdem haben Sie mich ja noch nicht einmal geküßt.»
    «Und Ferguson?»
    «Natürlich. Oft, wenn wir auf Parties waren oder von einer nach Hause gingen. Ich meine - na ja, ich wußte wenigstens, daß er mich mag, und deshalb war es nicht so eine Überraschung. Aber Sie dürfen nicht plötzlich so aus der Rolle fallen, Humphrey. Das ist nicht fair.»
    «Darf ich Sie jetzt nicht küssen?»
    «Sehen Sie», sagte Jackie ärgerlich. «Man fragt nicht, ob man jemand küssen darf. Man tut es einfach. Wenn man erst fragt, macht es keinen Spaß mehr und wird peinlich und konventionell - eine Eigenschaft von Ihnen, die ich nicht ausstehen kann.»
    «Hören Sie sofort mit Ihrer Rechthaberei auf», kommandierte Humphrey. «Das ist eine Ihrer Eigenschaften, die ich nicht ausstehen kann. Ich mag Sie nicht - von ganzem Herzen. Sie sind aggressiv und herrschsüchtig und unweiblich - ich kann überhaupt nicht verstehen, daß ich mich in Sie verliebt habe.»
    Seine Arme umfaßten sie, er preßte sie an sich und erstickte jede Widerrede. Jackie hob protestierend ihr Gesicht, und er küßte sie langsam und bedächtig. Eine brennende Süße durchströmte ihn, als er ihre weichen, so überraschend willigen Lippen berührte. Hingebungsvoll küßte er sie weiter.
    «Meine unmögliche Jackie», flüsterte er. «Du bist wunderbar. Unmöglich. Wunderbar unmöglich. Ich könnte keine andere so lieben wie dich.»
    Jackie befreite sich etwas atemlos aus seinen Armen.
    «Ich hätte nie geglaubt, daß Sie so küssen können.» Sie versuchte, sachlich und distanziert zu klingen. «Von allen Männern der Welt sind Sie am wenigsten -»
    «Geben Sie zu, Jackie, Sie mochten es -»
    «Natürlich mochte ich es. Es gehört zur menschlichen Natur, daß man gern küßt. Aber ein paar Küsse sind noch keine Ehe. Nicht einmal eine konventionelle Ehe, wie wir sie führen würden. Wir haben einfach nicht
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