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Oma 04 - Omas Erdbeerparadies

Oma 04 - Omas Erdbeerparadies

Titel: Oma 04 - Omas Erdbeerparadies
Autoren: Janne Mommsen
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Kurzschluss in der Klimaanlage. Die Versicherung wird ihm den Schaden ersetzen, er kann sich ein neues Haus kaufen, aber sämtliche persönlichen Gegenstände sind im Feuer vernichtet worden. Inklusive Schallplatten, CDs, seinem Computer, die Bilder seiner Eltern und Erinnerungsstücke aus seiner Kindheit, die er im Keller aufbewahrt hat. Er hat sich nie als besonders sentimental eingeschätzt, aber das hat ihn hart getroffen. Alles, was ihn ausmachte, ist weg, jetzt hat er nur noch sich selbst. Nun hofft er, auf Föhr Jugendfotos von seinen Eltern zu finden, deswegen ist er hier.

    Im Hotelzimmer lässt er sich in Klamotten aufs Bett fallen und stürzt sofort in einen unruhigen traumlosen Schlaf. Erst gegen vier Uhr nachmittags wacht er auf, duscht ausgiebig und beschließt, erst mal einen langen Spaziergang zu machen.
    Wie anders Wyk aussieht! Ende der Sechziger gab es hier kaum ein Gebäude, das mehr als drei Stockwerke hatte, jetzt sind überall neue Häuser entstanden, Apartments, eine Kurklinik. Er atmet tief ein und lächelt: Aber die Luft riecht genauso würzig wie damals! Ihr salziges Aroma lässt ein Karussell von Föhrer Gesichtern vor seinem inneren Auge erscheinen, an die er ewig nicht gedacht hat. Die Jüngeren haben mit Sicherheit die Insel verlassen, von den Älteren werden die meisten gestorben sein. Das werden stille Tage auf Föhr, was von ihm auch so gewollt ist. Er wird die Fotoarchive der Stadt Wyk und der Friesenstiftung durchforsten und mit Glück ein paar Bilder seiner Eltern finden. Für den Rest der Zeit hat er sich lange Spaziergänge auf dem Deich und im Watt verordnet. Den Brand hat er als Zeichen genommen, einmal Pause zu machen und in sich zu gehen. Vielleicht ist jetzt die richtige Zeit gekommen, die Agentur zu verkaufen und noch mal etwas Neues zu beginnen? Mal sehen, was für Ideen ihm am anderen Ende der Welt so kommen.
    Er biegt ab auf den Sandwall, die Promenade direkt hinter dem Strand, damals wie heute die erste Adresse in der Inselhauptstadt. Das Café Steigleder gibt es immer noch, es ist jetzt, zur deutschen Kaffeezeit, proppenvoll. Mit viel Glück erwischt er einen Tisch unter freiem Himmel. Von hier aus hat man den perfekten Blick auf die Hallig Langeneß, die sich lang und grün im Meer erstreckt. Der Himmel über dem Wattenmeer ist zweigeteilt, das Café liegt im sonnigen, warmen Hochsommer, während von Westen her eine pechschwarze Wolkenfront heranrückt.
    Der Kellner kommt an seinen Tisch, ein langer schlaksiger Kerl, bestimmt zwei Meter groß, mit schwarzer Hose und weißem Hemd. Er ist ungefähr in seinem Alter. Harald fragt ihn, ob er Englisch spricht. Er fühlt sich einfach noch zu müde, um sich aufs Deutsche zu konzentrieren.
    «Yes, what can I do for you?», antwortet der Kellner.
    «Is it possible to get a typical island breakfast with crumbled eggs and crabs?» Er hat einen Bärenhunger und überhaupt keine Lust auf Kuchen.
    Der Kellner lächelt freundlich: «Good choice.»
    Sein dicklicher Kollege kommt dazu und fragt auf Friesisch:
    «Na, kuupe e Amerikoner nü alles wech?»
    Na, kaufen die Amis alles weg?
    «Wat wäl dü diarjin maaghe?»
    Was willst du dagegen machen?
    «Nem man di doppelt Pris.»
    Nimm einfach den doppelten Preis.
    «Of glik triises», mischt sich Harald ein.
    – Wenn schon, dann gleich dreifach!
    Die beiden Kellner starren ihn verdattert an.
    «Du sprichst Friesisch?», fragt der Dickliche.
    «Een betje.»
    «Wo kommst du her?»
    «Kanada.»
    «Und da spricht man Friesisch?»
    Harald nickt.
    «Aber nur auf dem platten Land.»
    Sie verstehen seinen Humor sofort.
    «Ist hier nicht anders.»
    «Sag mal, kennen wir uns?», fragt ihn der Schlaksige plötzlich und starrt ihn an.
    Harald reicht ihm die Hand: «Ich bin Harry Peterson.»
    Der Kellner lässt sein leeres Tablett auf den Boden fallen. «Harry?», schreit er so laut, dass sich einige Passanten erschrocken umdrehen.
    In dem Moment erkennt ihn auch Harald: «Holgi?»
    Sie fallen sich in die Arme und trommeln sich vor Freude gegenseitig auf den Rücken.
    «Make Love …!», schreit Holgi.
    «… not War!», antwortet Harald lachend.
    Es ist tatsächlich Holger Heinßen, sein alter Kumpel von damals, mit dem er nachts um die Häuser gezogen ist! Keine dreißig Sekunden später steht ein großer Manhattan auf dem Tisch, den Cocktail haben die ausgewanderten Föhrer in den sechziger Jahren aus den USA mitgebracht. Er ist seitdem das Nationalgetränk der Insel. Normalerweise besteht er
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