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Oma 04 - Omas Erdbeerparadies

Oma 04 - Omas Erdbeerparadies

Titel: Oma 04 - Omas Erdbeerparadies
Autoren: Janne Mommsen
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neugierig machten, sondern seine warme Bassstimme beim ersten Telefonat.
    «Trotzdem muss das erste Treffen auf jeden Fall an einem neutralen Ort stattfinden», schärfte ihr Carla ein.
    «Weiß ich selbst», raunzte sie zurück. Sie wollte jederzeit abhauen können, falls Rainer doch eine Pleite war.
    Etwas anderes bereitete ihr aber mehr Sorgen: «Er ist genauso alt wie ich.»
    «Und?»
    «Männer sehnen sich doch eher nach Jüngeren. Seine Zielgruppe müsste Mitte bis Ende vierzig sein.»
    «Dafür hast du das Sportabzeichen in Gold!»
    «Super, das stecke ich mir dann ans Revers.»
    «Er will dich treffen, also was soll’s? Außerdem hast du kaum Falten …»
    «Genau: kaum!»
    «… schwarze Haare ...»
    «… weil ich sie getönt habe …»
    «… und deine knallblauen Augen leuchten wie eh und je aus deinem hübschen Gesicht. Ganz im Ernst, Maike, so was wie dich muss einer erst mal finden.»
    Wieso ihr Herz dann so klopfte, als sie gestern in Westerland aus dem Zug stieg, konnte sie sich auch nicht erklären. Es war total albern, immerhin war sie keine achtzehn mehr, sondern fröhliche zweiundsechzig! Rainer erwartete sie am Ende des Bahnsteigs. Er war braun gebrannt wie sie, seine Stirn etwas höher als auf dem Foto, er war gerade noch als schlank zu bezeichnen. Einer, der etwas für sich tat, sich aber nicht kasteite. Seine Augen verrieten leichte Nervosität, was sie sehr erleichterte: Treffen dieser Art waren offensichtlich auch nicht sein täglich Brot! Rainer führte sie zu seinem alten Kombi, der voll beladen mit frischer Bettwäsche war.
    «Eigentlich wollte ich mir ein Cabrio leihen, um dich zu beeindrucken», sagte er augenzwinkernd. «Aber zwei meiner Angestellten sind krank geworden, und ich musste die Wäsche vom Zug abholen.»
    Sie lächelte.
    «Für mich geht es zur Not auch ohne Cabrio.»
    Sein lockerer Ton nahm beiden die Anspannung. Er fuhr sie erst zu ihrem Hotel, dann an einen wunderbaren Strand, wo sie ein paar Stunden am Meer spazieren gingen. Auf der windigen Westseite von Sylt war die See viel wilder als auf Föhr. Hohe Wellen rasten vom Horizont heran, bäumten sich vor dem Strand ein letztes Mal auf und brachen dann mit Getöse in sich zusammen. Dazu lieferte die Sonne vor wolkenlosem, blauem Himmel alles an Wärme, was sie zu bieten hatte. Allein der stetige Wind kühlte die Temperatur wieder etwas ab.
    Sie ließen sich ordentlich durchpusten und quatschten über alles, was ihnen gerade einfiel. Das ging kreuz und quer von herrlich missglückten Essenseinladungen bis zu Hotelgast- und Patientenanekdoten. Rainer besuchte wie sie gerne Kunstausstellungen und vertraute dabei seinem Geschmack mehr als irgendwelchen Fachleuten.
    Nach dem Strand führte er sie in ein Restaurant, das geschmackvoll, aber nicht überkandidelt war. Bis zwei Uhr nachts hatten sie dort zusammengesessen und sich eine Menge zu sagen gehabt. Dann hatte er sie nach Westerland in ihr Hotel gebracht. Es war ein schöner Abend gewesen, und Maike wäre gerne noch etwas länger auf Sylt geblieben.Aber ihr stand ein langer Tag in der Praxis bevor, und ihre Patienten konnte sie nicht hängenlassen.

    Föhr rückt immer näher, es wird richtig warm in der Sonne. Die weiße «MS Schleswig-Holstein» sucht sich in niedrigem Gang ihren Weg durchs Wattenmeer. Es ist Ebbe, die gesamte Meeresfläche flieht geschlossen zum Horizont. An einigen Prielen entstehen kleine Wirbel, immer mehr Sandbänke tauchen im Wasser auf. Die schmale Fahrrinne ist mit übergroßen Reisigbesen abgesteckt. Um diese Uhrzeit sind nicht mehr als zwei Dutzend Passagiere an Bord, die sich über das gesamte große Schiff verstreuen. Auf dem Autodeck unter ihr steht in Gummistiefeln und weißem Kittel Dieter Trulsen von der Meierei neben seinem Lkw und stopft sich ein großes Stück Käsekuchen in den Mund. Er ist ihr Patient und sollte wegen seines starken Bluthochdrucks eigentlich dringend abnehmen. Seine Sache, er ist volljährig, außerdem ist sie nicht im Dienst!
    Ihr Handy klingelt. Diesmal ist es keine SMS, Carla hängt direkt am Hörer:
    «Ich muss es wissen: Wie war Rainer?»
    Maike lacht.
    «Geht dich das was an?»
    «Ich bin deine beste Freundin!»
    Dabei weiß Carla genau, dass sie immer sehr schweigsam wird, wenn es ans Eingemachte geht.
    «Ich sehe es positiv», erklärt sie. Es klingt so spröde wie eine Regierungserklärung.
    «Und er?»
    «Keine Ahnung.»
    Sie fand es wunderbar mit Rainer, aber das muss er nicht genauso empfunden
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