Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Olympiareife Nummern

Olympiareife Nummern

Titel: Olympiareife Nummern
Autoren: Doris Meissner-Johnannknecht
Vom Netzwerk:
gibt's bloß zwei Gymnasien. Kurzzeitig überlege ich, ob ich das andere angeben soll, entschließe mich aber dagegen. Er nickt. „Ich unterrichte dort. Ich bin Lehrer", sagt er und ich denke so bei mir, dass ich es gut finde, dass er nicht gleich nach ihrem Namen gefragt hat. „Ach, ehrlich? Sport?", frage ich.
„Das auch ... in erster Linie aber Mathe! Ich arbeite nicht voll... nur'n paar Stunden." Er sieht mich an.
„Und du?" Ich leiere meinen Sermon von Grafik-Design runter.

„Toll", sagt er, „ich habe Künstler immer bewundert, weil ich selbst so mies war in dem Fach. Gibt's Arbeiten von dir zu bewundern?" Das hat mich ja noch keiner gefragt! Ich nenne ihm die Adresse unseres Uni-Gebäudes. „Da sind sämtliche Kunstwerke zusammen ... kann man sich jederzeit ansehen", sage ich und bin ein bisschen geschmeichelt, weil er anscheinend wirklich interessiert ist. „Nick ... und was weiter?", fragt er.
„Zeidler", sage ich. Ist doch nichts dabei, wenn ich ihm verrate, wie ich heiße. Unauffällig sehe ich auf meine Uhr. Kurz nach halb zwei schon. Ich gähne demonstrativ und danach erhebe ich mich.
„Du, ich geh' dann mal", sage ich. Jetzt haben wir doch nicht über seine Probleme geredet. Trotzdem macht er einen zufriedenen Eindruck. An der Tür bleibt er stehen und sieht mich an.
    „Du, Nick ... darf ich dir was sagen?" Ich sehe ihn fragend an.

    „Ja", sage ich vorsichtig.

    „Du bist echt ein netter Typ", sagt er und seufzt, „hast du nicht 'n Zwillingsbruder, der zufälligerweise auch noch schwul und noch nicht vergeben ist?" Dabei lächelt er so lieb und legt den Kopf schief, dass ich ihn ganz spontan umarme. Ich hab' einfach nicht drüber nachgedacht. Er erschrickt erst und dann hält er mich fest. „Mensch, Nick", sagt er atemlos und wir starren uns an. Noch ehe ich mich von ihm losmachen kann, küsst er mich schon ... und ich ... reagiere. Und wie! Junge, bin ich scharf! „Oh, Mann", flüstert er, als er's registriert, „bitte, bleib hier ... !" Um Gottes Willen! Ich schiebe ihn erschrocken und hastig weg.
    „Andreas ... das geht nicht", sage ich und bin ganz schön durcheinander auf einmal. War ein bisschen plötzlich eben. „Bist du nicht neugierig?", fragt er aufgeregt. Himmel, er denkt ja, ich bin normal! Ich schüttle den Kopf und versuche wie ein Hetero zu gucken, der soeben den ersten Antrag von 'nem Typen bekommen hat. Wenn Andreas wüsste, wie 's wirklich in mir aussieht... !

    „Ach, Nick ... tut mir leid ... sehen wir uns trotzdem wieder?", fragt er, jetzt ängstlich und verunsichert. Ich sehe ihn an und denke „Du gibst nicht so schnell auf, was? Und wie gern ich dich wiedersehen möchte ..." „Ich weiß nicht", sage ich zögernd, „du bist ganz schön gefährlich!" Das ist wenigstens ehrlich. Er lächelt traurig. „Na ja, das ist ja schon was ... wenn's wenigstens einer denkt..."

    „Das denken bestimmt auch noch diverse andere ... Tschüss, Andreas", sage ich und habe es auf einmal eilig, von ihm wegzukommen. Besser, man geht so einer Versuchung schleunigst aus dem Weg.

    „Tschüss, Nick", sagt er leise.
    Mann, wird echt Zeit, dass Jan zurückkommt!

    Mein privater Russel Crowe ... Jan!

    Jan

    Samstag erwache ich bereits in aller Frühe und sitze schon um acht Uhr mit meinen Eltern am Tisch beim Frühstück. Normalerweise brauch ich am Wochenende immer das Ausschlafen, weil ich total kaputt bin, aber diese Woche klingelte der Wecker nicht schon um halb sechs und ich habe insgesamt sowieso mehr Schlaf gekriegt... warum wohl? Ich freue mich auf heute Abend, auf ihn. Lily holen wir erst morgen wieder ab, die wird uns in dieser Nacht schon mal nicht heimsuchen. Es ist alles fertig hier.

„Wißt ihr, ich würde gern schon jetzt losfahren", sage ich und lehne mich zurück.
„Christoph kommt doch heute auch wieder und ..." Meine Mutter lächelt wissend.

„Vermisst du deinen Nick?", fragt sie.

„Und wie", seufze ich. Sie hat vorgestern Abend was vom Telefonat mitbekommen. Mein Vater ist in der Zwischenzeit hinausgegangen, weil die Post kam.
„Papa hat sich auch schon dran gewöhnt", sagt sie zufrieden. Wir muten ihm aber auch nicht zu viel zu. Da ist er noch empfindlich, wenn Nick und ich uns berühren. Genau wie Christoph am Anfang. Der hatte sich inzwischen total daran gewöhnt.
„Ey, guckt mal, ein paar Profis vom HSV werden auch mal in unser Camp kommen!", so platzte er vor zwei Wochen morgens am Wochenende bei uns rein. Wir waren gerade ziemlich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher