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Olympiareife Nummern

Olympiareife Nummern

Titel: Olympiareife Nummern
Autoren: Doris Meissner-Johnannknecht
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beschäftigt.
Ein Glück bloß, dass mein Hübscher immer so leicht friert; wir lagen unter der Decke. Nick sah mich entsetzt an, aber ich hielt ihn einfach fest. Er lag auf mir. „Sag mal, Chris ... schon mal was von ,Anklopfen' gehört?", fragte ich meinen Sohn, der neben dem Bett stand und mit 'nem Brief wedelte, den er wohl gerade bekommen hatte.
„Ach, ihr knutscht ja ständig", sagte mein unsensibler Sohn abfällig, „wenn ich da immer anklopfen soll ..." Nick kicherte an meinem Hals.

„Also weißt du, wenn wir in der Küche knutschen, ist das ja was anderes, oder?" Christoph sah uns betroffen an. ,,'Tschuldigung", sagte er, jetzt sichtlich verlegen ,,hab' ich grad gestört?"

„Was ist jetzt?", fragte ich Nick, als Chris wieder verschwunden war. Der lag mittlerweile neben mir. „Tut mir leid ... aber wie heißt es? Rien ne va plus... nichts geht mehr ...", stöhnte er.

„Tja, das ist wohl so, wenn man älter wird", seufzte ich und warf ihm einen verständnisvollen Blick zu. Nick stützte sich auf und sah mich empört an.

„Wie bitte?" Na also. Ging doch noch was. Er ist doch ein potenter Bursche ...
Mein Vater klopft mir auf die Schulter. „Danke noch mal", sagt er, „dass du dir extra frei genommen hast... Ist uns doch gut gelungen, was?" Wir betrachten wohlgefällig die neue Auffahrt.
„Schönen Urlaub", sagt er, „und kommt heil wieder!" Ich setze mich in den Bus, kurbele die Scheibe runter. „Na, freuste dich auf ihn?", fragt er und kneift ein Auge zu. Ich grinse.
„Grüß ihn! Und sag ihm, die Schachpartie wartet!"

Nach Hause. Erst kurz vor elf. In Gedanken bin ich schon bei Nick (der schläft bestimmt noch, gestern war ja Freitag und er ist wieder Taxi gefahren). Eigentlich hat er's nicht nötig. Ich find's selbstverständlich, dass ich für ihn mitverdiene. Schließlich kümmert er sich tagsüber um die Kinder und fährt Lily ständig nach Hamburg zu Renate. Und überhaupt ... Aber ich kann's auch verstehen, dass er das Stück Unabhängigkeit nicht aufgeben will.

Kurz vor unserem Dorf steht ein Jogger am Straßenrand und hält den Daumen hoch. Ich bremse und halte an. „Na, überschätzt?", frage ich den jungen Mann, der die Tür öffnet. Er verzieht schmerzhaft das Gesicht.

    „Nee ... angefahren ... ich hab' totales Glück gehabt ..." Er erzählt, dass es auf dem Feldweg passiert ist.
    „Ich bin doch nicht zu übersehen gewesen!", schimpft er, „und der Idiot heizt an mir vorbei und streift mich ... ich bin natürlich böse gestürzt... umgeknickt bin ich auch."
    Seine Knie sind blutig und er nestelt an seinem linken Schuh.
    „Soll ich Sie zum Arzt fahren?", frage ich. „Nein ... das ist nicht nötig, glaub ich", sagt er, „ich werde den Fuß kühlen und hochlegen ... so 'n Mist", flucht er, „und ich kann den verdammten Kerl nicht mal anzeigen, weil ich das Nummernschild nicht lesen konnte ... ich hab' nämlich meine Kontaktlinsen nicht drin gehabt und beim Stürzen ist mir die beknackte Brille runtergefallen! Kaputt ist sie auch!" Ich fahre ihn nach Hause. Bevor er aussteigt, stellt er sich vor.
    „Andreas Kruse", sagt er. Ich stutze, dann frage ich ihn: „Unterrichten Sie zufällig Mathe?" Er sieht mich überrascht an.

    „Ja ... woher ... äh, kennen wir uns?"

    „Meine Tochter hat von Ihnen erzählt", sage ich, „die Beschreibung passt und jetzt der Name ... ich heiße Jan Grewe, ich bin Katharinas Vater! Wir wohnen im Nachbardorf, also gleich um die Ecke!"
    Er grinst. „Ach! Na so was! Katharina ... die hat sich ja mächtig gesteigert dieses Halbjahr!"
    Ich grinse ihn auch an. „Warum wohl?", denke ich, „daran bist nur du schuld!" Er sieht wirklich gut aus, ich kann meine Tochter gut verstehen.
    Sein Fuß ist mächtig angeschwollen, er hat sich im Wagen den Schuh ausgezogen. Er kann nicht mal auftreten. Kurzerhand steige ich mit aus.
    „So kommen Sie nie in Ihre Wohnung", sage ich, „ich helf' Ihnen!"
Ich lege den Arm um ihn und stütze ihn, während er hopsend den Weg zur Tür zurücklegt. „Er ist schwerer als Nick", denke ich, „aber genau so griffig." Er schließt auf. „Darf ich Ihnen noch was anbieten?", fragt er mich drinnen. Ich hab' ihn noch bis zu einem Stuhl gebracht. „Klar", sage ich, „ich setz mich jetzt hier hin und Sie hopsen auf einem Bein rum und kochen Kaffee und so!" Wir lachen.
„Eher umgekehrt - soll ich nicht noch was für Sie tun?", frage ich, „ich hab' noch Zeit, vielleicht doch noch zum Arzt?"
Den will er nicht, aber ...
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