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Oliver Hell - Das zweite Kreuz

Oliver Hell - Das zweite Kreuz

Titel: Oliver Hell - Das zweite Kreuz
Autoren: Michael Wagner
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vielleicht ein anderes Motiv? Wenn er keine Rache wollte, was könnte er dann von ihr wollen?
    Lea Rosin war schon bei ihrem Auto angekommen. Sie betätigte die Zentralverriegelung. Dreimal Blinken. In diesem Moment spielte ihr Smartphone eine Melodie. Eine SMS. Als sie das Telefon in die Hand nahm, um die Kurzmittelung zu lesen, hatte sie das Gefühl, jemand würde ihr Eiswasser in den Nacken schütten.

Kapitel 3
    Seit seiner Rückkehr hatte er eine lange Zeit für die Vorbereitung aufgewendet. Sechs Monate hatte es gedauert. Alles hatte er akribisch geplant. Damit ihm kein Fehler unterlief, hatte er sogar Ausweichpläne ersonnen. Falls etwas doch anders lief als geplant. Jetzt war er sicher, alles war bestens vorbereitet. Er schaltete das normale Licht aus, das Dunkelkammerlicht an. Schnell gewöhnten sich die Augen daran. Die Türe war geschlossen, die dicken Vorhänge zog er zu. Der Raum war groß, eigentlich zu groß für die paar Becken und die beiden Vergrößerer, doch hatte er die Mühe gescheut, noch eine Trennwand zu ziehen. Die Wände waren schalldicht und lichtundurchlässig. Das brauchte er. Ein Schwarz-Weiß-Vergrößerer stand vor ihm, darunter die Bühne für die Standardmaße für Fotoabzüge. Daneben das Gleiche für Farbabzüge. Diese beiden Vergrößerer und alle Utensilien, die man zum Abziehen von Schwarzweiß- und Farbnegativfilmen benötigte, hatte er im Internet ersteigert. Jetzt war alles komplett. Ebenso wartete die Kamera mitsamt den Objektiven auf ihren Einsatz.
    Als er anfing die Dinge zu suchen und zu kaufen, war der Plan noch ein Plan gewesen. Mit jedem Teil, was er erworben hatte, manifestierten sich seine Gedanken. Sie wurden Realität. Mehr und mehr.
    Er schaltete den Vorverstärker ein, wartete ein paar Sekunden, bis er die Endstufe ebenfalls anschaltete. Ein leises Brummen ertönte, verschwand aber sofort wieder. Auf dem Plattenteller lag seine Lieblingsouvertüre von Tschaikowski. Er hob den Tonarm mit der Hilfe eines Hebels an und setzte ihn behutsam auf den Rand der Schallplatte. Leises Knistern. Als die ersten Töne der 1812 erklangen, setzte er sich auf den einzigen Stuhl, der sich in dem Raum befand und lauschte.
    *
    Lea Rosin starrte auf das Display. Sie las erneut, was dort stand. „Darf ich Sie auf einen Kaffee einladen, Frau Kommissarin Rosin? Gruß, M.R.A.“
    Sie wischte die SMS weg, drückte hektisch die Kurzwahl der KTU.
    „ Ich bin‘s wieder. Ich brauche eine Handyortung, sofort. Woher kam die SMS, die gerade auf meinem Handy ankam? Die kommt von Agayer! Ich bin auf dem Weg zurück.“
    Atemlos rannte sie die Treppen wieder hinunter, die sie eben hinaufgeklettert war. Keine Minute später stand sie wieder im Raum zusammen mit Seib und einem weiteren Kollegen.
    „ Und? Habt ihr eine Ortung? Wo ist er? Hier in Bonn?“, bombardierte sie den armen Mann mit drei Fragen auf einmal.
    Der tippte hektisch auf seiner Tastatur herum. Blickte erst auf seinen Bildschirm, dann sie an. „Ähm, ja. Ich kann alle drei Fragen mit ‚Ja‘ beantworten. Allerdings ist das Handy jetzt ausgeschaltet.“
    „ Und wo hatte sich das Handy eingeloggt?“
    Er zögerte zu antworten.
    „ Was?“, fragte Rosin zappelig.
    „ Wenn meine Triangulation stimmt, dann hatte er genau bei uns vor der Türe gestanden, als er die SMS verschickte.“
    „ Nein, das kann nicht sein“, sagte Rosin, „Agayer wäre mir aufgefallen.“
    Sie überlegte fieberhaft. Wer war ihr begegnet? Es waren nur wenige Meter vom Präsidium bis zu ihrem Parkplatz gewesen. Kein dunkelhaariger Mann war dabei gewesen. Da war sie sicher.
    „ Sie sind sich hundertprozentig sicher?“
    „ Ja, bin ich. Tut mir leid, Frau Rosin. Den haben Sie jetzt am Hacken.“
    „ Na, dann sind Sie mal froh, dass es Sie nicht betrifft“, herrschte sie den Mann an. Ihre Augen sprühten Feuer.
    „ Hey, ich wollte nur einen Scherz machen“, sagte er abwiegelnd.
    „ Dieses Arschloch! Was sollen wir machen? Eine Fahndung ausrufen?“
    Seib mischte sich in das Gespräch ein. „Nach wem wollen wir fahnden?“
    „ Nach Agayer, nach wem sonst. Was soll die Frage?“
    Er wartete einige Sekunde, bis er sagte: „Sie haben ihn nicht gesehen, weil er nicht gesehen werden wollte. Denken Sie, es macht Sinn, jetzt nach ihm zu suchen? Er spielt mit Ihnen, Frau Rosin. Er beobachtet Sie ganz genau.“
    Lea Rosin blickte zu Boden. Er hatte Recht. Verdammt nochmal, er hatte Recht.
    „ Ich informiere Hell“, sagte sie. Das wollte sie nicht alleine
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