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Oliver Hell - Abschuss (Oliver Hells erster Fall) (German Edition)

Oliver Hell - Abschuss (Oliver Hells erster Fall) (German Edition)

Titel: Oliver Hell - Abschuss (Oliver Hells erster Fall) (German Edition)
Autoren: Michael Wagner
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nickte und Klauk verließ den Raum.
     

Kapitel 3
    Hell stand im Sektionskeller vor dem blitzeblanken Tisch. Mit sauberen Stichen hatte Beisiegel den Brustkorb des Toten wieder geschlossen. Seine Organe waren ausgelagert, sie ruhten in einigen polierten Gefäßen auf dem Tisch nebenan. Das rote Y prangte auf seinem Körper. Es hatte immer etwas Frankensteinhaftes, dachte Hell. Die Beleuchtung der OP-Strahler ließ den Körper grell erscheinen. Die Arme des Mannes lagen dicht an seinem Körper. Die Hände waren sauber, die Fingernägel gereinigt. Hell blickte auf den glatt rasierten Genitalbereich des Mannes. Beisiegel fing seinen Blick auf.
    „Er hat Verletzungen auf seiner Eichel. Abschürfungen, das muss höllisch wehgetan haben. Er hatte eine Creme aufgetragen zur Linderung. Tja, je nachdem, was man so alles vor die Kanone bekommt.“ Sie trug ein mitleidiges Grinsen. Natürlich wusste sie bereits von dem Buch, ein Kollege arbeitete zusammen mit der Spurensicherung.
    „Ich versuche diesen Menschen erst mal als Opfer zu sehen, nicht als den Perversen, den schon alle in ihm sehen.“
    „Das ehrt sie, Herr Kommissar.“ Sie strich mit einem feinen Kamm durch das Haar des Mannes. Hell hob die Brauen, ließ seinen Blick von dem Toten zu ihr herüberwandern. Er schätzte Frau Beisiegel sehr, manchmal war sie ihm allerdings zu flapsig, so wie in diesem Moment jetzt.
    „Soll ich Ihnen meine Ergebnisse verraten“, sagte sie und kämmte weiter das dichte Haar des Mannes.
    „Ich bitte darum, Frau Doktor.“
    „Der Tod ist zwischen ein und zwei Uhr eingetreten. Er starb durch den Blutverlust, er war nicht sofort tot. Der Pfeil hat die Herzkammer nur angeritzt, er ist innerlich verblutet. Außerdem hat er Abschürfungen an den Knien, an den Händen. Und er stand, als der Pfeil ihn traf. Da bin ich mir sicher.“ Sie legte den Kamm und die kleine Schale auf den silbernen Tisch neben sich und hob den linken Arm des Opfers hoch, um Hell ihre Beobachtungen zu zeigen.
    „Ich habe an der Hose allerhand Erde verschiedenster Art gefunden. Sie ist in der KTU. Er muss gekrochen sein. Die Tatsache, dass ich Erde über den Blutflecken gefunden habe, sagt mir, er war schon getroffen, als er weiter gekrochen ist. Das kann die KTU aber auch besser belegen.“
    Hell sah vor seinem inneren Auge den Mann durch den Wald kriechen, irgendwo hinter ihm der Mann mit der Armbrust. Hat er gejammert? Hat er den Kerl verflucht? War er überrascht worden? Wenn ja, wobei? Das würden die Kollegen mit den weißen Overalls beantworten. Dieses Szenario hatte er nicht erlebt. Die Kollegen hatten einträchtig neben dem Toten auf dem Boden gekniet, hatten alles, was nach einer Spur aussah, fotografiert, alles, was nach Beweis aussah, in die großen Asservatentüten verpackt. Sie hatten den Tatort oder besser, den Fundort der Leiche weiträumig mit Flatterband abgesperrt und dann waren sie den Spuren gefolgt. Dabei hatten sie die Kreise erweitert. Der Bus, der Spurensicherer stand auf dem Waldweg. Dort waren sie mittlerweile angekommen. Die Spuren führten weiter in Richtung der angrenzenden Weide. Die Kollegen hielten ihre Digitalkameras im Anschlag und platzierten die kleinen Dreiecke mit den Nummern neben den weiteren Spuren. Blitze zuckten auf. Sie hatten heute einen langen Tag vor sich. Wenn sie hier fertig sein würden, wartete auch noch die Wohnung des Opfers auf sie. Schließlich wurde Lohses Leichnam abtransportiert.
    „Das sieht alles nach einer Jagd aus.“
    „Jawohl.“
    „Aber wer hält denn still, wenn einer mit einer Armbrust vor ihm steht? Da geht einer ein großes Risiko ein. Er darf nicht danebenschießen. Bis er das Teil wieder geladen hat, ist der andere an ihm dran und haut ihn um. Wie lange hat das Warten vor dem Schuss gedauert? Sekunden, Minuten, länger? Für den, der weiß, dass er gleich sterben soll, für den ist es eine Ewigkeit. Haben die beiden gesprochen oder war schon alles gesagt?“
    Sie guckte ihn an und auch fast durch ihn hindurch, ein typischer Beisiegel-Blick.
    „Wir brauchen diesen Jäger hier. Vielleicht hat er etwas bemerkt.“
    Warten. Die Schattenseite der Ermittlungsarbeit. Warten auf die Ermittlungsergebnisse, warten auf eine Zeugenaussage. Der Jäger war nicht zu erreichen. Er steckte den Zettel mit der Nummer wieder ein. Hell ging in sein Büro und setzte sich an seinen Schreibtisch. Dort fand er eine Notiz von Klauk vor. Er hatte vor sich die Nachbarn von Lohse vorzunehmen. Alle waren unterwegs.
    Er
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