Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Oktoberfest

Oktoberfest

Titel: Oktoberfest
Autoren: Scholder Christoph
Vom Netzwerk:
gehörten, ständig vergrößerte, machte er sich auch in der Münchner Gastronomie breit. Lokale, die er gerne haben wollte, deren Pächter aber weder mittels Geld noch guter Worte zu überzeugen waren, ihm ihr Geschäft zu überlassen, bekamen schon mal Besuch von seinen »Schankkellnern«.
    Hinter diesem unscheinbaren, harmlosen Namen verbarg sich eine Gruppe seiner Angestellten: allesamt muskulöse, junge Männer, die für Geld Lokale zertrümmerten. Wenn die unliebsamen Konkurrenten nach einer solchen Maßnahme noch immer nicht verstanden hatten, statteten die »Schankkellner« auch persönliche Hausbesuche ab. Solche Hausbesuche waren mit Platzwunden und Knochenbrüchen verbunden. Das waren jedoch nur Gerüchte, niemals konnte Hirschmoser juristisch belangt werden.
    Romberg dachte an die regelmäßig erscheinenden bissigen Kommentare in den lokalen Boulevardblättern.
    Gleichzeitig betätigte sich Hirschmoser als Menschenfreund mit sozialem Gewissen und veranstaltete in seinen Großgaststätten in München regelmäßig Wohltätigkeitsbälle. Das öffnete ihm manche Tür im Rathaus.
    So kam es, dass er sein eigenes Zelt auf dem Oktoberfest betreiben durfte. Außerdem wurden seine Hendln, Schweine und Ochsen in großer Zahl in Münchner Gaststätten und auf der Wiesn verkauft.
    Er spendete stets großzügig an die bayerische Staatspartei, was dazu führte, dass auch die Oberen des Freistaates Bayern ein offenes Ohr für seine Probleme hatten. Schließlich wurde er zum Sprecher der Münchner Wiesn-Wirte gewählt.
    Seitdem war er nicht nur der angesehenste Gastronom der bayerischen Landeshauptstadt, sondern auch der mächtigste.
    *
    An dem Nachmittag, an dem Romberg und Vogel in das riesige Büro von Hirschmoser eintraten, hatte der schlechte Laune. Aus einem einfachen Grund: Er hatte Zahnschmerzen.
    Sepp Hirschmoser erhob seine massige Gestalt aus dem Sessel. Selbst der maßgeschneiderte Designer-Trachtenanzug konnte seine gewaltige Leibesfülle nicht verbergen. Der Sessel machte ein Geräusch, als ob er aufatme.
    Hirschmoser reichte erst Romberg und dann Vogel seine fleischige Hand.
    Sein Kopf schien direkt auf den Schultern zu sitzen. Das Gesicht war etwas gerötet, von zahlreichen kleinen Adern durchzogen und wurde noch etwas röter, als Romberg kräftig in die zur Begrüßung gebotene Hand einschlug.
    »Nehmen Sie doch bitte Platz.«
    Romberg und Vogel versanken beinahe in dem tiefen Teppich, als sie sich zu den angebotenen Besucherstühlen begaben. Aus den Fenstern des Büros hatte man einen phantastischen Ausblick über die Stadt. An klaren Tagen konnte man sogar die Alpen sehen.
    »Ich habe schon gehört, um was es geht. Und wenn Sie die Kapazität aufbringen können, dann sind wir im Geschäft. Denken Sie aber jetzt schon daran, dass in einem halben Jahr Wiesn ist. Bis dahin muss alles laufen wie geschmiert.«
    Sepp Hirschmoser sprach ein Honoratiorenbayerisch, wobei er eigentlich mehr grunzte, als dass er sprach. Außerdem war er schwer zu verstehen, weil er sehr leise redete. So mussten seine Gesprächspartner viel Konzentration aufwenden, um überhaupt mitzubekommen, was er zu sagen hatte.
    Vogel unterdrückte ein Lächeln. Für ihn klang das wie eine schlechte Kopie von Marlon Brando als Don Corleone.
    »Ja, Herr Hirschmoser, das wird alles in Ordnung gehen«, entgegnete Romberg. »Wir sind bereit, für Sie die Kühltransporte zu übernehmen. Über die Kapazitäten sind wir im Bilde. Unsere Finanzierung steht. Wir sind dazu technisch und logistisch in der Lage. Wir würden uns freuen, mit Ihnen zusammenarbeiten zu dürfen.«
    Romberg stockte. Er hatte sich eine salbungsvolle Ansprache zurechtgelegt über gute Geschäftsbeziehungen und ihre wichtigste Grundlage, die Zuverlässigkeit. Aber Hirschmoser fiel ihm ins Wort.
    »Jetzt reden Sie doch keinen Schmarrn! Dem Jungen vom alten Vogel glaub ich schon, dass er das packt. Und von Ihnen hab ich auch gehört, dass Sie ein zuverlässiger Kerl sind. Sie haben ja auch den alten Rolls-Royce von meinem Freund Moosberger wieder hingekriegt.«
    Vogel holte Luft, um etwas zu sagen.
    Hirschmoser ließ ihn nicht zu Wort kommen, wischte die erwartete Entgegnung mit einer Handbewegung weg. »Die Verträge haben meine Anwälte bereits ausgestellt. Wenden Sie sich an Herrn Dr. Schrebner. Wenn Sie unterschrieben haben, unterschreib ich auch. Ich unterschreib alles, was mir meine Leute hinlegen.« Hirschmoser verzog sein Gesicht zu einer Grimasse, die wohl ein Lächeln
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher