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GK436 - Die Geißel der Menschheit

GK436 - Die Geißel der Menschheit

Titel: GK436 - Die Geißel der Menschheit
Autoren: A.F.Morland
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Es war ein milder Juniabend. Stille herrschte im Kloster. In den langen Gängen brannten nur wenige Lampen. Dazwischen war es -vor allem in den vielen Erkern und Nischen – düster.
    Bruder Jonathan und Bruder Albert schritten nebeneinander einen dieser Gänge entlang. Ihre Kutten raschelten bei jedem Schritt leise. Jonathan war ein großer grauhaariger Mann. Seit zwanzig Jahren lebte er nun schon in diesem Kloster, während Albert erst vor wenigen Monaten hierher gekommen war.
    Albert – jung und vital – hatte von Kindheit an das Ziel gehabt, Klosterbruder zu werden. Er entstammte einer strenggläubigen Familie, aus der mehrere Priester und Bischöfe hervorgegangen waren. Von frühester Jugend an war sein Weg vorgezeichnet gewesen, und er hatte nichts Erstrebenswerteres vor Augen gehabt als ein Leben für den Glauben.
    Die beiden Klosterbrüder blieben vor einer Tür aus dicken Eichenbohlen stehen. Oben, in der Mitte und unten waren Riegel angebracht. Hinter der Tür summte ein Mann zufrieden ein Lied.
    »Wir behandeln ihn eigentlich wie einen Schwerverbrecher«, sagte Bruder Albert.
    »Es geschieht zu seinem eigenen Schutz«, erwiderte Bruder Jonathan. Er schob einen Riegel nach dem anderen zur Seite. Dann öffnete er die Tür.
    Sie traten in eine hell erleuchtete Buchbinderwerkstatt. Am Arbeitstisch stand ein kleiner Mann. Sein schwarz gelocktes Haar hing ihm wirr ins Gesicht. Er trug eine Nickelbrille, die bis zur Nasenspitze vorgerutscht war.
    Als er die beiden Klosterbrüder eintreten sah, hörte er zu arbeiten auf. Er lächelte die Kuttenträger freundlich an und faltete die Hände, als wollte er beten.
    »Freut mich, daß ihr mich besucht«, sagte er. Seine Stimme klang weich und angenehm.
    »Wie geht es dir, Arnie?« erkundigte sich Jonathan.
    »Oh, mir geht es ausgezeichnet«, antwortete Arnie Goretta.
    »Kommst du mit der Arbeit gut voran?«
    »O ja, sie geht mir flink von der Hand. Wollen Sie sehen, woran ich gerade arbeite?«
    »Aber natürlich, Arnie.«
    Voll Stolz präsentierte Arnie Goretta eine alte Bibel, für die er einen neuen Schweinsledereinband angefertigt hatte. »Es muß noch die Goldprägung dran, dann ist die Bibel fertig.«
    »Sie wird ein Prunkstück, das wir mit Freude jedem zeigen werden, Arnie«, sagte Jonathan. »Hast du irgendeinen Wunsch?«
    »Nein, Bruder Jonathan. Ich brauche nichts.«
    »Wir sehen uns ja später noch, bei der Abendmesse.«
    »Ja. Bei der Abendmesse.«
    »Arbeite nicht zuviel.«
    »Aber nein. Was ich tue, bereitet mir Vergnügen«, erwiderte Arnie Goretta, und Jonathan verließ mit Albert die Buchbinderei.
    »Er sieht weder aus, als wäre er verrückt, noch spricht oder benimmt er sich, als hätte er nicht alle seine Sinne beisammen«, sagte Albert draußen.
    Jonathan vergaß nicht, die Tür zu verriegeln. »Arnie hat eine schlimme Zeit hinter sich«, sagte er dabei. »Wir müssen annehmen, daß er vor drei Jahren eine Begegnung mit dem Bösen hatte. Man fand ihn bewußtlos in der Nähe des Klosters. Wochenlang blieb er ohnmächtig. Danach begann er zu phantasieren. Er redete von der Hölle, vom Grauen, vom Schrecken schwarzer Mächte. Wir bemühten uns sehr um ihn und schlossen ihn täglich in unser Gebet ein. Es half. Arnie Goretta kam wieder halbwegs auf die Beine, aber es kam zu Rückfällen. Dann schrie und tobte er und schlug alles kurz und klein. Wir mußten uns für ihn sogar eine Zwangsjacke anschaffen. Glücklicherweise kamen diese Rückfälle immer seltener, doch wir konnten niemals sicher sein, daß sie ganz ausbleiben würden. Arnie wurde auch nicht mehr ganz gesund. Er behielt ein einfältiges Gemüt. Manchmal kommt er mir wie ein kleines Kind vor…«
    »Wann hatte er seinen letzten Rückfall?« fragte Bruder Albert.
    »Das liegt nun schon fast ein Jahr zurück.«
    »Heißt das nicht, daß er endlich über den Berg ist?«
    »Das weiß ich nicht. Wir können nicht in seinen Kopf hineinsehen.«
    »Was sagt denn der Arzt?«
    »Der meint, daß Arnie Goretta wohl nie mehr normal wird. Der Schock, den er erlitten hat, muß etwas in seinem Gehirn zerstört haben. Das kann kein Doktor mehr reparieren. Damit muß Arnie nun leider leben.«
    »Er ist ein sympathischer kleiner Mann«, sagte Albert.
    »O ja, das ist er. Und äußerst umgänglich, hilfsbereit und arbeitswillig.«
    »Ist es möglich, daß sich ein Teil des Bösen in ihm festgesetzt hat?«
    »Ganz ausschließen kann ich das nicht«, sagte Jonathan.
    »Könnte das Böse nicht jederzeit wieder
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