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Ohrenzeugen

Titel: Ohrenzeugen
Autoren: Wildis Streng
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Tablett stand fernerhin Süßstoff, aber weder Milch noch Zucker.
    Während die Spanierin ihre Tasse mit drei Süßstofftabletten versah, beschlossen Heiko und Lisa unter diesen Umständen, ihren Kaffee schwarz zu trinken.
    »Und, wie kann ich Ihnen helfen?«, fragte Frau Kaiser nun.
    Heiko räusperte sich. Der Kaffee war schwarz, aber gut.
    »Es geht um Willi Held.«
    Frau Kaiser blinzelte kurz und sagte dann: »Ah, Guillermo, ein sehr gebildeter Mensch.« Heiko hatte nicht mit dieser euphorischen Reaktion gerechnet, auch passte der Name ›Guillermo‹ nicht wirklich zum Oberstudienrat.
    Dann nahm ihr Gesicht einen ehrlich besorgten Ausdruck an. »Ihm ist doch nichts passiert?«
    Heiko verneinte.
    »Wir fragen uns nur, warum Herr Held denn Spanisch lernt«, schaltete sich nun Lisa ein und trank einen Schluck Kaffee.
    »Aber, Señora, Spanisch ist eine Weltsprache, und noch dazu eine der schönsten«, antwortete Frau Kaiser mit gespielter Entrüstung.
    Lisa nickte heftig. »Por supuesto«, stimmte sie zu, worauf Frau Kaiser lächelte und einen schnellen, aber kurzen Dialog auf Spanisch begann, von dem Heiko außer Si und No nichts verstand. »Meines Wissens möchte Guillermo nach Spanien auswandern. Er hat sich ein Haus in Ampuriabrava gekauft«, gab sie dann auf Deutsch Auskunft.
    »Wo ist das denn?«, fragte Heiko und Lisa antwortete sofort: »An der Costa Brava.«
    Frau Kaiser nickte und meinte anerkennend: »Ihre Kollegin kennt sich aus!«
    Heiko beschloss, die Spitze zu ignorieren.
    »Jedenfalls hat er bei meinem Bruder ein Haus gekauft. Mi hermano vende casas«, fuhr sie im Volkshochschulspanischlehrertonfall fort.
    »Und darf ich fragen, ob er das Haus schon bezahlt hat?«, wollte Lisa wissen.
    Frau Kaiser schüttelte den Kopf. »Meines Wissens nicht. Er hat aber wohl eine Freundin, die mit ihm dorthin will. Und die hat anscheinend Geld.«
    »Wissen Sie auch, woher die Freundin das Geld hat?«
    Die Spanierin schüttelte den Kopf. »No, que piensa usted, no soy tan curiosa!«
    Heiko klopfte sich auf die Oberschenkel und erhob sich. »Ich denke, wir haben alle Informationen, die wir brauchen. Bei Bedarf melden wir uns!«
    Frau Kaiser begleitete sie noch lächelnd und beflissen zur Tür und verabschiedete sich: »Hasta la proxima vez!«
    Was immer das hieß.
    »Ach, noch eine Frage.« Heiko drehte sich nochmal um. »Hat denn Ihr Guillermo noch andere Kurse gemacht?«
    Die Spanierin überlegte. »Ah, si, bei Frederico Klink! Etwas mit Computern.«
    »Sie haben nicht zufällig die Nummer von Frederico?«, feixte Heiko.
    »Doch, ich gebe sie Ihnen, espera.«
     
    »Die war ja mal arrogant«, regte sich Heiko auf, als sie zusammen im Kaffee Kett saßen. Lisa leckte Latte Macchiato von ihrem Löffel. Vor ihr auf dem Teller lag ein frischer Horaff.
    »Die ist halt so«, sagte sie grinsend. »Andalusisches Temperament!«
    »Jedenfalls scheint der Held Geld zu brauchen! Oder sich auf Erna Weidners Geld zu verlassen!« Heiko warf zwei Zuckerstückchen in seinen Kaffee und kippte eine Ladung Milch hinterher.
    »Den Lebensabend an der sonnigen Nordostküste Spaniens zu verbringen, ist ja nicht unbedingt das Schlechteste«, meinte Lisa und zeigte damit, dass sie wusste, wo genau diese Stadt mit dem unaussprechlichen Namen lag.
    »Also, Lisa, wie gebildet du bist, hach ja, die Costa Brava!«, äffte Heiko mit hoher Stimme und grinste. Dafür erntete er einen Schlag in die Rippen.
    »Ah ja«, machte Heiko, zückte sein Handy und wählte die Nummer von Friedrich Klink. Es tutete drei Mal, dann hörte der Kommissar ein: »Klink, Friedrich?«
    Sofort tauchten vor seinem geistigen Auge Bilder von einem alten, verbiesterten Computernerd auf. Die Stimme passte jedenfalls prima.
    »Äh, ja, Grüß Gott, Herr Klink! Wüst von der Kriminalpolizei Crailsheim, wir hätten da eine Frage bezüglich Ihrer Kurse an der VHS.«
    Lisa fiel beim süddeutschen ›Grüß Gott‹ immer sofort der Ruhrpott-Kalauer »Wenn ich ihn sehe, sag ich’s ihm« ein.
    »Hab’ ich was falsch gemacht?«, sagte die plötzlich sehr aufgeregt wirkende Stimme.
    »Nein, nein, machen Sie sich keine Sorgen. Wir möchten nur wissen, ob Sie Ihren Schülern auch beibringen, E-Mails so zu programmieren, dass sie sich zu einem späteren Zeitpunkt selbst verschicken.«
    »Natürlich, das ist eine der Standardfunktionen von Outlook.«
    »Aha. Und haben Sie das einem gewissen Willi Held auch beigebracht?«
    Die Stimme am anderen Ende der Leitung lachte nun erleichtert auf.
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