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Ohrenzeugen

Titel: Ohrenzeugen
Autoren: Wildis Streng
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und beendete damit das Gespräch.
    »Wir werden Sie wannanders noch besuchen, Frau Weidner«, sagte Heiko nun.
    Die Bäuerin zuckte mit den Schultern und ging ins Haus zurück. Heiko konnte ihre Reaktion immer noch nicht genau einordnen. Entweder wusste sie mehr, als sie zugab oder sie war in den Mord verwickelt oder aber die ganze Sache war ihr schlichtweg egal. Aber vielleicht war es auch nur der Schock. Denn die Leiche sah wirklich schrecklich aus.
    »Zur Todesursache braucht man wohl nichts sagen«, meldete sich nun Uwe, der den weißen Plastikanzug der Spurensicherung trug, zu Wort. »Interessant ist aber, dass er sich vermutlich zu seinem Mörder umgedreht hat. Er muss ihn gehört haben.«
    Heiko stimmte zu. Ein schwieriger Fall würde das werden, das war ihm jetzt schon klar. Denn die einzigen Augenzeugen waren 25 Deutsche Riesenschecken.
     
    Uwe war ein guter Spurensicherer, und das seit 20 Jahren. Er verfügte über ein hervorragendes Gespür und war der unangefochtene König in seinem Ressort.
    Heiko mochte ihn, er war ein zuverlässiger Kollege, auch wenn sein rockiges Styling nicht jedem in den Kram passte.
    Er selbst, Kriminalkommissar Heiko Wüst, sah auch nicht immer aus wie dem Katalog entsprungen. Meistens trug er Jeans, vorzugsweise schwarz oder braun, und dazu irgendwas, was er schnell im Schrank fand. Manchmal leerte er auch nur nach und nach den Kleiderständer, bis er wieder waschen müsste. Wenn die Zeit knapp war.
    Nur zu Dates stylte er sich akribischer. Aber die waren in letzter Zeit rar. Nicht, dass ihm das etwas ausmachen würde. Er war zwar schon 35, und seine Mutter fragte ihn andauernd, wann sie denn mit Enkeln rechnen könnte. Aber da konnte sie lange warten. Auf solche Sachen hatte er nicht die geringste Lust. Außerdem mochte er seinen Job. Sein Traumjob, durchaus. Die Arbeit füllte ihn aus, ja, das konnte man durchaus so sehen.
    Gleich nach dem Abitur war er zur Polizei gegangen und hatte dann an der Polizeifachhochschule studiert. In Villingen-Schwenningen im Schwarzwald. Und er hatte sich unbändig gefreut, als er dann die Stelle als Kriminalkommissar in Crailsheim bekommen hatte. Denn ein echter Hohenloher, wie er einer war, konnte nur in der Heimat glücklich sein.
    Und auch wenn Mordfälle selten waren: Zu tun gab es immer. Zumindest so viel, dass die Sache mit den Enkeln noch warten musste.
    Eine Freundin konnte er sich in nächster Zeit mal wieder vorstellen, ja, vielleicht. Aber keinesfalls Kinder.
    Und das Crailsheimer Kommissariat war nett. Schnuckelig. Nicht zu groß. Es war mitten in der Stadt neben dem Alten Schloss, das gar nicht wie ein Schloss aussah und bloß nach einem zerschossenen Gebäude aus Vorkriegszeiten benannt war. Und dort war sein Arbeitsplatz, sein Büro.
    Es war klein und nicht besonders schick, aber er mochte es. Dasselbe galt für Crailsheim. Nicht groß, nicht schick, aber nett. Und was das Wichtigste war: Crailsheim war seine Heimat.
     
    Das Polizeirevier Crailsheim lag neben dem Jugendgefängnis. Gegenüber befand sich der Spitalpark, wo man im Sommer, auf einer Bank sitzend, seine Mittagspause verbringen konnte. Heiko hatte das Revier vom ersten Tag an gemocht. Hier wurde gearbeitet und das merkte man. Und die Atmosphäre war gut. Konstruktiv.
    Schutzpolizei und Kriminalkommissariat waren hier in den beiden Flügeln untergebracht, und die Gebäudeteile verband eine kurze Brücke. Die Brücke war rundrum verglast und gab einem so immer ein bisschen das Gefühl, ein Stück weit über dem Boden zu schweben.
    Lisa und Heiko betraten den hellgrauen Linoleumboden des Reviers und machten erst einen kurzen Abstecher in ihr Büro, um ihre Jacken abzulegen.
    Anders als in den meisten Büros gab es in ihrem keine Gummibäume, Yuccapalmen und Fici Benjamini. Heiko hatte es nicht so mit Pflanzen und hatte stattdessen ein kleines Mineralienarrangement auf seiner Seite der Fensterbank platziert. Mineralien waren sein Hobby und er war begeisterter Sammler.
    Den Mangel an floralen Dekoelementen glich Lisa mit den drei farbenprächtigen und immer blühenden Orchideen auf ihrer Seite wieder aus. Die wuchtigen Schreibtische hatten sie so gestellt, dass sie sich direkt gegenübersaßen. Und das war auch gut so, denn schließlich waren sie ja ein Team.
    Die Kommissare hängten ihre Jacken über die bordeauxroten Bürodrehstühle. Dann fischte Heiko seine neueste Errungenschaft, einen Rhodonit, aus seiner Hosentasche und legte ihn auf die Fensterbank. Zufrieden
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