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Ohrenzeugen

Titel: Ohrenzeugen
Autoren: Wildis Streng
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die Fingerabdrücke auf der Axt, die Sie ja sicherlich auch schon in der Hand hatten. Wenn Sie kurz den Mund öffnen, dann können wir es sofort hinter uns bringen, es geht auch ganz schnell.«
    Die Bäuerin verdrehte die Augen und ließ dann zu, dass das Wattestäbchen, das Heiko im Handumdrehen aus seiner Jackentasche zog, auf ihrer Mundschleimhaut entlangfuhr. Auch Karl ließ die Prozedur widerstandslos über sich ergehen.
    »Vom Max ist das aber schwieriger, der ist in Stuttgart und die Silke ist im Gschäft!«, murmelte die Bäuerin.
    »Der hat doch die Axt eh net ouglangt! Mim schaffa hat der’s net sou!«, kommentierte Karl. Heiko registrierte den Zynismus in der Bemerkung.
    »Macht nix, das kriegen wir hin.« Die Kommissare erhoben sich. »Ein paar Fragen hätten wir allerdings noch. Wir würden dann morgen noch mal bei Ihnen vorbeischauen! Vielleicht treffen wir dann auch Ihre Tochter an?«
    Die Bäuerin erhob sich ebenfalls. »Bitte. Kein Problem.«
     
    »Wie wär’s mit einer leckeren Pizza?«, schlug Heiko vor. »Schließlich haben wir quasi schon Feierabend. Und bei der Gelegenheit können wir die Leute im Da Silvio ein bisschen genauer unter die Lupe nehmen.«
    »Gute Idee«, fand Lisa. Und so setzten sie sich in Heikos BMW M3 und fuhren zum Restaurant. Stets stellte er den BMW etwas abseits von allen anderen Autos ab, damit niemand mit der Türe einen Kratzer in den Lack würde fabrizieren können. Was natürlich zur Folge hatte, dass man immer ein Stück laufen musste, wenn man mit ihm unterwegs war.
    ›Da Silvio‹ prangte da in verschnörkelten Lettern auf einem angeleuchteten Metallschild. ›Ristorante Pizzeria‹ stand darunter. Solche Kneipen gab es in Hohenlohe zuhauf. Die älteren Männer des Dorfes hatten da ihre Stammtische und die Pärchen aßen am Wochenende ihre Pizza. Sie stiegen die hölzerne Treppe zum Gastraum hoch, aus dem Gemurmel drang. Heiko öffnete die Tür und sie traten ein.
    Der Raum war nicht groß für ein Restaurant. Dunkle Holztäfelung. An den Wänden Hirschgeweihe, dazwischen Ölgemälde mit verschiedenen Ansichten von Venedig. Im Ganzen eine etwas grotesk wirkende Mischung aus Italien-Kitsch und rustikaler deutscher Einrichtung. Dunst waberte umher, um das Rauchverbot scherte sich hier anscheinend niemand.
    An den Fenstern, die mit beigefarbenen Gardinen verhangen waren, standen enorme Weinflaschen, allesamt leer. Ein Pärchen saß an einem Zweiertisch und an einem größeren Tisch, über dem ein Schild mit der Aufschrift ›Stammtisch‹ hing, hockten zwei ältere Herren und ein jüngerer Mann. Sie alle hatten ein Hefeweizen vor sich stehen und unterhielten sich angeregt.
    Außerdem entdeckte Heiko noch zwei Frauen, Mittvierzigerinnen, Typ frisch geschieden, mit hennaroten Haaren, die sich hinter großen Rotweingläsern verschanzten.
    Heiko und Lisa wurden kurz gemustert und durch allgemeines Nicken begrüßt. Der Kommissar wies auf einen freien Tisch am Fenster und die beiden setzten sich. Ein kleiner, rundlicher Mann mit Halbglatze und Schürze trat hinter der Theke hervor und werkelte umständlich an seinem Notizblöckchen herum. »Buona sera, Signori«, sagte er.
    Lisa strahlte. Eine Möglichkeit, Italienisch zu reden! Sie liebte Fremdsprachen und schnappte überall ein bisschen was auf. Nur mit Hohenlohisch hatte sie es nicht so. »Vorrei per favore un vino rosa«, bestellte sie begeistert.
    Der Wirt zog eine schmale Augenbraue hoch. »Vino ROSSO«, verbesserte er, lobte aber gleich darauf mit einem ›molto bene‹ ihre Kenntnisse. »Und der Herr?«, fragte er nun, an Heiko gewandt.
    »Ein helles Hefe«, orderte Heiko, »und eine Pizza Funghi!«
    »Und für mich einen großen italienischen Salat«, meldete sich nun Lisa.
    Der Mann nickte, klappte schwungvoll den Notizblock zu und verschwand in der Küche. Was die Weiber bloß immer mit ihrem Salat haben, dachte Heiko. Das ist doch nix zum Essen. Maximal Vorspeise. Und Lisa musste doch wirklich nicht auf ihre Figur achten. Sie war eher zu dünn für seinen Geschmack. Aber gut. Attraktiv. Eine hübsche Frau. Er würde sie schon mal besser kennenlernen wollen, wenn sich die Gelegenheit ergäbe.
    »Und? Was meinst du?«, fragte Lisa.
    Heiko machte ein »Hm«. Schön der Reihe nach. Der Wirt kam zurück und stellte die Getränke auf den Tisch.
    »Un vino ROSSO per la bella Signorina«, sagte er mit hochgezogenen Augenbrauen, »und ein Helles.«
    Heiko nahm einen Hohenlohischen Einschlag in seiner Intonation wahr.
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