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Ohrenzeugen

Titel: Ohrenzeugen
Autoren: Wildis Streng
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von euch verdächtigen! Und dann sagen wir euch schon Bescheid. Uns wäre wichtiger, dass ihr uns sagt, ob jemand was gegen den Rudolf Weidner hatte. Ob er vielleicht Schulden hatte. Eine Affäre oder so? Hatte er eine Affäre?«
    Die Herren schüttelten einvernehmlich und heftig die Köpfe.
    »Do hätt der doch gor ko Zeit ghett dafür! Mit seina Hoosa!«, meinte Held und trank einen Schluck aus seinem schon deutlich geleerten Glas. »Ja, also, da war er gar nicht der Typ dafür«, bekräftigte Maler. »Hm«, machte Heiko. ›Hm‹ war die hohenlohische Universaläußerung und konnte je nach Intonation einfach alles bedeuten. Geübte Hohenloher wussten die stimmlichen Feinheiten eines jeden ›Hms‹ entsprechend zu interpretieren, Lisa hatte da immer so ihre Schwierigkeiten.
    »Und hatte er finanzielle Probleme? Schulden?«
    »Reich war er nicht, der Rudi, aber arm auch nicht!«, gab Maler Auskunft. »Der hatte schon seinen Mercedes und seine 200.000 auf der Bank. Für einen Kredit war der auch viel zu spießig.«
    »Und gibt es irgendwelche zwielichtigen Bekanntschaften? Verbindungen zum kriminellen Milieu? Wisst ihr da was?«, bohrte Heiko weiter.
    Herbert schnaubte. »Also, jetzt will ich euch mal was sagen: Der Rudi war ein ganz Anständiger! Den könnte man sich als Letztes als Zuhälter oder Dealer vorstellen.«
    Heiko schüttelte den Kopf. »So was meine ich auch nicht. Hat er mal jemanden beschissen oder so? Übervorteilt?«
    Die Herren dachten angestrengt nach, was sich durch tiefe Längs- und Querfalten auf ihren Stirnen äußerte. Dann schüttelten sie wieder kollektiv die Köpfe.
    Heiko stöhnte. Schwierig. Schließlich angelte er nach der Uhr. »Kennt jemand von euch diese Uhr?«, wollte er wissen. Er legte das Beweisstück zwischen die Hefeweizentulpen. Alle betrachteten sie sinnend, jedoch konnte keiner der Männer etwas über sie sagen.
    Heiko beobachtete die drei genau, bemerkte aber bei keinem von ihnen etwas Verräterisches. Entweder sie kannten die Uhr tatsächlich nicht oder sie verstellten sich ausnehmend gut.
    »Und das Datum? Der 27. Oktober 1914? Sagt das jemandem was?«
    Wieder Kopfschütteln.
    »Vielleicht ein Geburtsdatum?«, schlug Winterbach vor.
    Heiko nickte. »Wäre möglich.«
    »Und, was hältst du von der Truppe?«, fragte Heiko auf der Fahrt zurück ins Revier.
    »Komischer Haufen«, fand Lisa. »Die wissen doch mehr, als sie zugeben!«
    »Vielleicht wollen sie sich nur wichtigmachen«, schlug Heiko vor.
    Lisa schnalzte mit der Zunge. »Die stecken da mit drin. Das hab’ ich im Gefühl! Wenn schon nicht alle, dann wenigstens einer von denen.«
    »Für heut’ reicht es sowieso.« Heiko sah auf die Uhr. Zu gerne hätte er Lisa gefragt, was sie heute Abend machen würde. Um mit ihr etwas zu unternehmen. Aber er wusste nicht, wie.
    Sonst war er nicht so schüchtern, keineswegs. Und er hatte sich auch nie über einen Mangel an weiblicher Gesellschaft beklagen können. Aber das waren alles– nun– Bekanntschaften gewesen.
    Seine letzte Beziehung lag schon fünf Jahre zurück. Und als es vorbei gewesen war, hatte er sich Sita, eine Dackelhündin, geholt. Und seither hatte es keine Frau gegeben, die ihn wirklich interessierte. Egal. Er hatte sich sowieso für heute Abend mit Till zum Saunieren verabredet.
     
    Diesmal trafen sie sich im Schenkenseebad in Schwäbisch Hall.
    In seiner Kindheit war das Bad so ziemlich das Beste gewesen, was es an Freizeitmöglichkeiten gegeben hatte. Dabei war der Eintritt nicht gerade billig und das führte dazu, dass man nur zu besonderen Gelegenheiten– wie etwa an Geburtstagen – ins Schenkenseebad ging. Noch heute hatte Heiko immer, wenn er hierher kam, ein bisschen das Gefühl, er hätte Geburtstag.
    Das Bad besaß ein großes Spielbecken, einen heißen Pool mit Sprudeldüsen und, was überhaupt das Beste war, eine Wasserrutsche. Keine besonders wilde Rutsche. Aber eine Rutsche. Mintgrün, mit zwei Wirbeln und einer scharfen Kurve.
    Und nebenan war noch das Freibad mit dem Zehn-Meter-Turm, wo man als Junge seinen Mut beweisen konnte. Oder auch nicht. Aber Heiko war immer runtergesprungen, zähneknirschend zwar, aber er hatte sich getraut.
    Heutzutage interessierte er sich sowieso eher für die Sauna. Im Schenkenseebad gab es mehrere Saunen, große, kleine, warme und heiße.
    Dort traf er sich mit Till, seinem besten Freund, nach Feierabend öfter, um zu entspannen. Und nirgends konnte er dies besser als in der Sauna. Wenn heißer Dampf seine
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