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Ohrenzeugen

Titel: Ohrenzeugen
Autoren: Wildis Streng
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bekleidete Frau im Raum war, setzten sofort anzügliche Bemerkungen ein.
    »Mit dir däd i aa glei ebbes oufanga, Dricksie«, meldete sich ein Mann Mitte 60, der eine gewaltige Bierwampe vor sich herschob.
    Diadricksie kicherte verhalten und sagte dann: »Do ghearn immer zwaa darzua, mei Liawer!«
    Der mit der Wampe erntete nun hämisches Gelächter von den anderen Saunagästen. »No winschi eich vill Spaß.«
    Diadricksie goss die Flüssigkeit aus dem Kübel mit einer großen Schöpfkelle auf die heißen Steine, die sich auf einem gewaltigen Ofen in der Mitte des Raumes befanden. Sofort stieg mentholiger Eukalyptusduft auf und Lisa wusste nicht, ob sie es genießen oder ob sie sich ducken sollte.
    Sie beobachtete die anderen Saunagäste. Hoch aufgerichtet saßen die meisten auf der Bank, am höchsten streckte sich Heiko. Er hatte die Augen wiederum geschlossen und wirkte entspannt–konzentriert. Komische Mischung.
    »Guad, gä?«, sagte Diadricksie und erntete zustimmendes Murmeln von den Nackigen. Nun nahm sie ein Handtuch und begann, die heiße Luft zu verwirbeln. Ein wohliges Stöhnen entrang sich einigen Saunagästen, und Diadricksie grinste. »Is ja schee, dass ii eich so heiß mach!«
    »Sou muss sei«, sagte einer der Bierbäuchler aus der linken hinteren Ecke.
    Lisa verstand nun, dass all die Anzüglichkeiten wohl nicht allzu ernst zu nehmen waren und zu einer Art Spiel gehörten.
    Diadricksie goss noch zwei Mal auf und Lisa war am Schluss doch ganz froh, dass sie es geschafft hatte und dass sie letztendlich draußen war.
    Sofort lästerte Heiko über den ›laschen Aufguss‹ und behauptete, er könne das viel besser. Wie süß!, dachte sich Lisa.
    »Jetzt muss man kalt duschen«, informierte Heiko. Sie schlenderten also wieder nach drinnen, zur Dusche. Er zog voller Begeisterung an einer Schnur, die zu einem mit kaltem Wasser gefüllten Kübel lief. Ein Schwall von Eiswasser ergoss sich über ihn, von dem Lisa auch einige Spritzer abbekam. Sie schauderte und stellte die Dusche, die sie sich ausgesucht hatte, heimlich auf ›Warm‹.
    »Ah, tut das gut«, sagte Heiko. »Gell?«
    »Ja.«
    »Und jetzt einen Kaffee, oder?«, schlug er vor und Lisa nickte. Gute Idee.
    »Wo kommt eigentlich die Trixie her? Die ist aber keine Hohenloherin, oder?«, fragte sie, während sie auf die Bistro-Ecke zugingen.
    »Die ist Fränkin«, dozierte Heiko.
    Lisa reagierte mit: »Aha«, und dachte sich, dass die Sache mit den Dialekten schon kompliziert sei. Früher hatte sie ja gedacht, alle Baden-Württemberger seien Schwaben. Mittlerweile war sie aber eines Besseren belehrt worden.
     
    »Wer ist denn deine Freundin?«, fragte der Rothaarige mit der stattlichen Figur und dem Bart, als Heiko und Lisa am Tisch saßen. Heiko wies auf den freien Platz am Tisch und der Mann setzte sich mit seinem Hefeweizen dazu.
    »Ich bin der Till«, stellte er sich vor und streckte Lisa die prankenartige Hand hin.
    »Hallo!« Lisa schüttelte die Pfote.
    Die Bedienung, die zufälligerweise auch Diadricksie war, stellte einen Kaffee und einen Cappuccino vor ihnen ab.
    Lisa kippte reichlich Zucker in den Cappuccino. »Ich heiße Luft«, sagte sie, und fügte »Lisa« hinzu, als sie bemerkte, dass Siezen in Saunakreisen offenbar unüblich war.
    »Ougnehm«, Till lächelte freundlich. Dann begann er mit Heiko ein Gespräch auf Hohenlohisch, dem Lisa nicht wirklich folgen konnte und bei dem sie offenbar auch nicht vonnöten war.
    Etwas angesäuert rührte sie in ihrem Getränk. Schließlich stand Till auf und verabschiedete sich.
    »Was war das denn?«, beschwerte sich Lisa. Heiko machte ein fragendes:
    »Hm?«
    »Der hat mich ja gar nicht beachtet!«
    Heiko zuckte die Achseln. »Echt?«
    »Was für ein Macho!«, ereiferte sich Lisa und stellte die Tasse mit Wucht zurück auf den Tisch, sodass sie geräuschvoll schepperte.
    »Och, der meint das nicht so«, beschwichtigte Heiko. »Der weiß nur nicht so recht, was er mit Frauen reden soll.«
    Lisa sah Heiko zweifelnd an. Entweder es stimmte, was er sagte, oder Till war der größte Macho, der ihr jemals begegnet war.
     

Mittwoch, 6. Mai
    Lisa räkelte sich. Sie war gern in Heikos Schlafzimmer. Schon hatte sich Sita aufs Bett gewuchtet und sie schwanzwedelnd begrüßt.
    »Guten Morgen, Hund!«, sagte sie und hörte aus dem Wohnzimmer auch das mittlerweile vertraute »Rooooak« und ein fröhliches »Deppdu«.
    Sie schälte sich aus der Bettdecke und ging völlig nackt auf die Suche nach Heiko. Sie
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