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Ohne ein Wort

Ohne ein Wort

Titel: Ohne ein Wort
Autoren: Linwood Barclay
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Mann ist nicht mein Vater. Nicht mehr.«
    Clayton, der sie gehört hatte, ließ den Kopf sinken. Den Blick auf seinen Schoß gerichtet, sagte er: »Du hast alles Recht der Welt, mich zu verurteilen. Ich kann dir nur sagen, wie unendlich leid mir tut, was ich dir angetan habe, auch wenn ich nicht glaube, dass du mir vergeben wirst. Und ehrlich gesagt weiß ich nicht mal, ob du mir überhaupt vergeben solltest.«
    »Los, weg da!« Jeremy kam um den Toyota herum, die Waffe auf mich gerichtet. »Gehen Sie da rüber.«
    »Wie konntest du nur?«, fuhr Enid Clayton an. »Wie konntest du dein ganzes Geld nur diesem Miststück vererben?«
    »Mein Anwalt war ausdrücklich angewiesen, dir gegenüber nichts über den Inhalt meines Testaments verlauten zu lassen.« Clayton lächelte beinahe. »Tja, sieht so aus, als müsste ich mir einen neuen Anwalt suchen.«
    »Seine Sekretärin hat es mir gezeigt«, sagte Enid. »Erwar in Urlaub, und ich habe ihr gesagt, du hättest mich beauftragt, dir das Testament wegen einer Änderung ins Krankenhaus zu bringen. Du Dreckskerl. Mein ganzes Leben habe ich mich für dich aufgeopfert, und das ist der Dank!«
    »Erledigen wir es jetzt endlich, Mom?«, erklang Jeremys Stimme. Er stand neben der Fahrertür des Toyota, offensichtlich bereit, durch das Fenster zu greifen, den Zündschlüssel umzudrehen und den Ganghebel der Automatikschaltung umzulegen. Und dann brauchte er nur noch zuzusehen, wie der Wagen über den Felsvorsprung rollte.
    »He, Mom«, fuhr Jeremy fort. »Wär’s nicht besser, wenn wir sie losbinden? Sieht doch komisch aus mit den Fesseln. Ich dachte, es sollte wie ein Selbstmord aussehen.«
    »Was plapperst du da?«, keifte Enid.
    »Soll ich sie erst bewusstlos schlagen?«, fragte Jeremy.
    Ich überlegte, was ich unternehmen sollte, doch fiel mir nichts Besseres ein, als auf ihn loszustürmen und zu versuchen, seine Waffe gegen ihn zu richten. Zwar ging ich dabei das Risiko ein, selbst erschossen zu werden, aber wenn ich damit das Leben meiner Frau und meiner Tochter retten konnte, nahm ich das gern in Kauf. Hatte ich Jeremy erst ausgeschaltet, würde Enid nichts mehr unternehmen können. Ohne Hilfe kam sie nicht mal allein aus dem Auto.
    »Weißt du, was ich dir schon immer sagen wollte?«, richtete Enid das Wort an Clayton, ohne weiter auf Jeremy einzugehen. »Nie hast du zu würdigen gewusst, wasich alles für dich getan habe. Von Anfang an warst du ein Schmarotzer, ein elender Nichtsnutz und Versager! Und betrogen hast du mich auch noch!« Missbilligend schüttelte sie den Kopf. »Ehebruch! Die schlimmste Sünde von allen!«
    »Mom!«, unterbrach Jeremy sie erneut, die linke Hand an der Autotür, die rechte mit dem Revolver auf mich gerichtet.
    Sobald er sich in den Wagen lehnte, würde ich losstürmen. Was aber, wenn es ihm gelang, den Ganghebel umzulegen, bevor ich bei ihm war? Dann konnte ich ihn zwar vielleicht außer Gefecht setzen, aber der Wagen würde trotzdem in die Tiefe stürzen.
    Ich durfte nicht länger zögern. Jetzt oder nie.
    Im selben Moment hörte ich, wie ein Motor ansprang.
    Der Motor des Impala.
    »Zum Teufel, was machst du da?«, kreischte Enid. Doch Clayton schenkte ihr keine Beachtung. Ein leises Lächeln umspielte seine Lippen, als er sich nach links wandte und zu Cynthia in den Toyota sah. Er nickte ihr zu. »Ich habe nie aufgehört, dich zu lieben. Mein Lebtag habe ich an dich gedacht – und auch an deine Mom und Todd.«
    »Clayton!«, schrie Enid.
    Dann richtete er den Blick auf Grace. »Ich wünschte, ich hätte dich kennenlernen dürfen, Grace. Aber ich weiß auch so, dass du etwas Besonderes bist. Kein Wunder bei so einer Mutter.«
    Er wandte sich zu Enid. »Das war’s, du Miststück«, sagte er, legte den Ganghebel um und trat aufs Gas.
    Der Motor heulte auf und der Impala fuhr geradewegs auf den Abgrund zu.
    »Mom!«, schrie Jeremy. Er lief um Cynthias Wagen herum, direkt vor den Impala, als könne er ihn mit bloßen Händen stoppen. Vielleicht dachte er im ersten Moment, Clayton hätte versehentlich auf Leerlauf geschaltet.
    Was ganz und gar nicht der Fall war. Es waren vielleicht zehn Meter bis zum Abgrund, und Clayton trat mit aller Macht auf das Gaspedal, als wolle er den Wagen noch auf hundert Sachen bringen.
    Alles ging unglaublich schnell. Jeremy wurde auf die Motorhaube geschleudert, und dort befand er sich noch, als der Impala über den Felsvorsprung raste.
    Keine zwei Sekunden später hörten wir, wie er ins Wasser
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