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Oelspur

Titel: Oelspur
Autoren: Lukas Erler
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schon gar nicht von einem Bayern.«
    »Halbschwede«, sagte ich automatisch.
    Geldorf winkte ab und deutete auf die Parkbank unter den Bäumen. Er zog seinen Mantel aus, legte ihn auf die Sitzfläche und ließ sich schwer darauf fallen. Für mich war auch noch Platz.
    »Wie lange sind Sie denn schon korrupt?«
    Geldorf schüttelte den Kopf.
    »Für jemanden, der eigenhändig einen Menschen getötet und zwei andere lebensgefährlich verletzt hat, reißen Sie das Maul ganz schön auf!«
    »Und wie haben Sie Ihre Schmiergelder an der Innenrevision vorbeigebracht? Oder halten die auch die Hand auf?«
    »Wenn Sie einen Augenblick aufhören, mich blöd anzumachen, erzähle ich Ihnen die Geschichte. Ansonsten …«
    Er machte eine vage Handbewegung in Richtung Parkausgang und fing dann an, seine Jackentaschen zu durchsuchen. Wenn er jetzt wieder mit seinen Zigarillos herummacht, haust du ihm eine rein, flüsterte Helen, und ich versprach es ihr. Aber Geldorf hatte nichts zu rauchen dabei, und die Gelegenheit verstrich.
    »Als Frau Jonas’ Leiche gefunden wurde«, sagte er, »deutete nichts auf ein Verbrechen hin. Die Begleitumstände waren unauffällig, das Tox-Screening negativ und das Ganze ein bedauerlicher, aber natürlicher Todesfall. Wir haben unsere Arbeit gemacht, und zwar gut. Dann entdeckte jemand – reichlich spät, aber immerhin – die Einstichstelle in der Armbeuge, und praktisch zeitgleich brachten Sie die Geschichte von der Platzangst des Opfers in Umlauf. Ich wurde hellhörig, der Staatsanwalt schaltete sich ein, und dann, auf einmal, wurden wir zurückgepfiffen.
    »Was soll das heißen?«
    »Es gab eine interne Anweisung von ganz oben, den Fall zügig abzuschließen. Ich hasse so was. Jedenfalls hatte ich nicht die Absicht, mich daran zu halten, aber dann wurde mir mitgeteilt, dass im Körper der Toten trotz einer gründlichen Autopsie nichts gefunden wurde, was auf ein Verbrechen hinwies. Also haben wir den Fall offiziell abgeschlossen. Aber die Sache mit der Klaustrophobie von Frau Jonas und die merkwürdige Dienstanweisung, die natürlich niemals schriftlich irgendwo festgehalten wurde, sind mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Hab ich schon erwähnt, dass ich mich nicht gerne verarschen lasse?«
    Ich nickte.
    »Der Fall interessierte mich«, fuhr Geldorf fort, »und ich war auch beeindruckt von Ihrer Hartnäckigkeit. Dann gab es den Toten auf dem Bahnhofsklo, und die Sache nahm eine überraschende Wende. Es passte überhaupt nichts zusammen, aber als ich Sie mit ihrem demolierten Gesicht zusammen mit der Kleinen in Frau Jonas’ Wohnung gesehen habe, wusste ich, dass Sie mit drinhängen. Nur was hatte ein Psychoheini aus München mit einem albanischen Gangster zu tun? Die Ausrede mit den bierverblödeten Halbstarken fand ich übrigens klasse. Die kleine Schwester ist echt erfinderisch. Wo steckt sie eigentlich?«
    »Sie ist nach Deutschland zurückgefahren. Ich wollte sie beim Schlussakt nicht dabeihaben.«
    »War das, was Sie da drin gemacht haben, der Schlussakt?«
    »Für mich ja!«
    »Schauen wir mal«, sagte Geldorf. »Jedenfalls, als ich damals von Ihnen weg bin, war ich stinksauer. Weil ich nicht kapiert habe, was auf dem Klo abgelaufen ist, und weil ich mir sicher war, dass Sie mich belügen.«
    »Und wann genau haben Sie sich schmieren lassen?«
    »Sie können damit nicht aufhören, nicht wahr, Sie blöde Moralwachtel«, sagte Geldorf jetzt wirklich böse. Ich hob beschwichtigend die Hände und verfluchte meine Unbeherrschtheit. Schließlich wollte ich wissen, wie es weiterging. Geldorf schwieg und ließ mich zappeln.
    »Vor acht Jahren wurde ich geschieden«, sagte er schließlich, »es war die schmutzigste Scheidung seit der Erfindung des Klärschlamms. Sie kriegte alles. Das Kind, das Haus, die Hälfte meiner Rente und den verdammten Hund. Ungefähr zu dieser Zeit bekam ich zufällig Wind von zwei großen Razzien, die von der Sitte und vom Drogendezernat auf dem Kiez geplant waren. Ich habe Ort und Zeit weitergegeben und dafür abkassiert.«
    »Danach nicht mehr?«
    Geldorf schüttelte den Kopf.
    »Die Informationen hätten damals gar nicht über meinen Schreibtisch gehen dürfen. Es war ein Versehen und kam nie wieder vor. Es gab ein paar Kiezgrößen, die mich gerne mit einem monatlichen Festbetrag auf ihrer Lohnliste gehabt hätten, aber ich hatte nichts mehr zu bieten. Trotzdem hatten sie mich jetzt am Haken. Sie haben mich heimlich fotografiert, als ich das Geld in Empfang genommen
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