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Öffnet den Himmel

Öffnet den Himmel

Titel: Öffnet den Himmel
Autoren: Robert Silverberg
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Zentrale.“
    „Hat er gesagt, wohin er gehen wollte?“
    „Wir haben nicht miteinander gesprochen. Er ist einfach gegangen. Awwwrh! Wir haben nicht miteinander gesprochen. Ich werde die Rechnung an Ihre Zentrale schicken. Awwwrh!“
    Kirby stieß einen Fluch aus und rannte nach draußen auf die Straße. Unwillkürlich warf er einen Blick zum Himmel. Er konnte dort, von der Dunkelheit abgehoben, die zitronenfarbigen Lettern sehen, die leuchtend die Zeit verkündeten und unregelmäßig mit roten Flecken versehen waren:
     
    22.05 UHR ÖSTLICHER STANDARDZEIT
    MITTWOCH, DER 8. MAI 2077
    KAUFEN SIE FREEBLES –
    DIE KROSSEN UND KNACKIGEN
     
    Noch zwei Stunden bis Mitternacht. Mehr als genug Zeit für diesen durchgedrehten Weiner, sich in Schwierigkeiten zu bringen. Das letzte, was Kirby jetzt gebrauchen konnte, war ein betrunkener Marsianer, der möglicherweise auch noch high war und in New York herumtobte. Sein Auftrag lautete nicht nur dahin gehend, den Marsianer gastfreundlich aufzunehmen; er sollte darüber hinaus auch noch ein Auge auf ihn werfen. Marsianer waren auch früher schon auf die Erde gekommen. Die allzu freizügige Erdgesellschaft war für sie wie ein schwerer Wein, der ihnen allzu rasch zu Kopf stieg.
    Wo war Weiner bloß hingegangen?
    Ein Ort zum Nachsehen war die Vorster-Halle. Vielleicht war Weiner dorthin zurückgekehrt, um dort weiter zu randalieren. Der Schweiß trat ihm aus jeder Pore, als Kirby über die Straße hetzte. Er wich den raketenschnellen, tränenförmigen Fahrzeugen aus, die an ihm vorbeirauschten, und eilte in die heruntergekommene Kultstätte. Die Andacht war noch nicht beendet. Anscheinend war Weiner jedoch nicht hier. Alle Anwesenden knieten gehorsam in ihren Bänken, und kein Gebrüll und kein grölendes Gelächter eines Betrunkenen ließ sich vernehmen.
    Leise schlich Kirby durch den Seitengang und sah in jede Bankreihe. Aber kein Weiner war da. Das Mädchen mit den chirurgischen Veränderungen befand sich jedoch noch in der Halle. Sie lächelte und hielt Kirby eine Hand entgegen. Einen bizarren Moment lang fühlte Kirby sich in seine Sniff-Halluzination zurückversetzt, und seine ganze Haut verkrampfte sich. Dann entspannte er sich wieder. Es gelang ihm, ein dünnes Höflichkeitslächeln aufzusetzen, und er machte, daß er so schnell wie möglich die Vorster-Halle verließ.
    Er gelangte auf das Gleitband und ließ sich aufs Geratewohl drei Blocks weitertragen. Nirgendwo war Weiner zu sehen. Kirby verließ das Band und fand sich vor einem öffentlichen Nichts-Kammern-Laden wieder, wo man sich für zwanzig Dollar in der Stunde von köstlichen Nebeln davontreiben lassen konnte. Vielleicht war Weiner hier hineinspaziert, voller Begierde, jede hirnvernebelnde Zerstreuung auszuprobieren, mit der diese Stadt aufwarten konnte. Kirby trat ein.
    Hier wurde man nicht von Robotern bedient. Ein lebendiger Unternehmer aus Fleisch und Blut trat nach vorne; er brachte sicher seine vierhundert Pfund auf die Waage und war überreichlich mit Kinnen versehen. Kleine Augen, unter Fett verborgen, betrachteten Kirby voller Zweifel.
    „Ein Stündchen Entspannung gefällig, mein Freund?“
    „Ich suche einen Marsianer“, stieß Kirby hervor. „Ungefähr so groß, mit breiten Schultern und hervorstehenden Wangenknochen.“
    „Ich habe ihn nicht gesehen.“
    „Hören Sie, vielleicht liegt er in einer Ihrer Kammern. Die Sache ist wichtig, eine Angelegenheit der UNO.“
    „Es würde mich auch nicht interessieren, wenn es eine Sache vom lieben Gott höchstpersönlich wäre. Ich habe ihn nicht gesehen.“ Der fette Mann warf nur einen kurzen Blick auf Kirbys UN-Plakette. „Was soll ich denn Ihrer Meinung nach tun – Ihnen alle Kammern öffnen? Ich sag Ihnen doch, er war nicht hier.“
    „Falls er noch kommen sollte, lassen Sie ihn auf keinen Fall eine Kammer mieten“, bat Kirby. „Halten Sie ihn fest und verständigen Sie sofort den UN-Sicherheitsdienst.“
    „Ich muß ihm eine Kammer geben, wenn er das will. Wir betreiben hier eine öffentliche Einrichtung, mein Bester. Wollen Sie, daß ich Ärger kriege? Hören Sie, Sie machen einen abgeschlafften Eindruck. Warum steigen Sie nicht eine Zeitlang in die Kammer? Das wird bei Ihnen Wunder bewirken. Sie fühlen sich danach wie neu …“
    Kirby machte auf dem Absatz kehrt und rannte nach draußen. In seinem Magen breitete sich Brechreiz aus; vielleicht rührte das von den Halluzinogenen her. Außerdem spürte er Angst und eine nicht
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