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Öffne die Augen: Thriller (German Edition)

Öffne die Augen: Thriller (German Edition)

Titel: Öffne die Augen: Thriller (German Edition)
Autoren: Franck Thilliez
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das… Lucie, bist du es?«
    Leise schlich Lucie Henebelle aus dem Zimmer und stand auf dem in kaltes Neonlicht getauchten Gang. Sie gähnte und zog ihre Bluse zurecht, um halbwegs zivil auszusehen. In der Ferne das Geschrei von Säuglingen, das an den Wänden entlangzugleiten schien. Auf der Kinderstation war Ruhe ein Fremdwort.
    Lucie brauchte einige Sekunden, um ihren Gesprächspartner einzuordnen. Ludovic Sénéchal. Ein kleines Abenteuer, das auf Meetic begonnen und nach mehrwöchigem intensivem MSN -Austausch sieben Monate später in einem Café in Lille wegen » Unvereinbarkeit der Charaktere« geendet hatte.
    » Ludovic? Was ist?«
    Lucie vernahm ein Geräusch, als wäre ein Glas auf dem Boden zerbrochen.
    » Man muss mich abholen. Man muss…«
    Offenbar von Panik ergriffen, gelang es ihm nicht, sich klar auszudrücken. Lucie bat ihn, sich zu beruhigen und deutlich zu sprechen.
    » Ich weiß nicht, was los ist. Ich war in meinem Taschenkino. Hör zu, Lucie, ich kann nichts mehr sehen. Ich habe alle Lichter eingeschaltet, aber das ändert nichts. Ich glaube… ich glaube, ich bin blind. Und ich habe die Nummer zufällig gedrückt und…«
    Typisch Ludovic, um vier Uhr nachts Filme anzuschauen. Eine Hand in die Hüfte gestemmt, lief Lucie vor einem großen Fenster, das auf die verschiedenen Gebäude des Kreiskrankenhauses Lille hinausging, auf und ab. Sie war ganz steif von der Querstrebe des verdammten Sessels. Mit siebenunddreißig Jahren steckt der Körper nicht mehr alles weg.
    » Ich schicke dir einen Krankenwagen.«
    Vielleicht hatte sich Ludovic irgendwo den Kopf angestoßen. Eine Platzwunde oder ein Schädeltrauma konnten fatal sein und solche Symptome auslösen.
    » Taste dich ab und leck dann an deinen Fingern, um zu schmecken, ob du blutest. Solltest du eine Wunde feststellen, drück mit einem Handtuch einen Eisbeutel darauf. Die Ambulanz bringt dich ins Krankenhaus nebenan, ich komme zu dir. Vor allem leg dich nicht hin. Stimmt deine Adresse noch?«
    » Ja. Mach schnell, bitte…«
    Sie beendete das Gespräch und lief zum Empfang der Notaufnahme, um einen Krankenwagen loszuschicken. Na, die Sommerferien fingen ja gut an. Ihre achtjährige Tochter war wegen einer viralen Magen-Darm-Grippe eingewiesen worden. Wirklich kein Glück, das kam im Sommer so gut wie nie vor. Ein Tornado, diese Krankheit, die Juliette in knapp vierundzwanzig Stunden völlig ausgetrocknet hatte. Sie war nicht einmal mehr in der Lage, ein Glas Wasser zu sich zu nehmen. Die Ärzte gingen davon aus, dass sie mehrere Tage hierbleiben müsste und anschließend viel Ruhe und eine Diät bräuchte. So hatte die arme Kleine nicht mit ihrer Schwester Clara in ihr erstes Ferienlager fahren können. Eine schlimme Trennung für die Zwillinge.
    Lucie lehnte sich ans Fenster. Als sie dem Krankenwagen nachsah, der mit Blaulicht losjagte, sagte sie sich, dass das Leben ihr wirklich überall Steine in den Weg legte– sei es bei der Arbeit im Hauptkommissariat oder im Urlaub.

Kapitel 3
    Wenige Stunden später und zweihundert Kilometer von Lille entfernt, beobachtete Martin Leclerc, Leiter des Office Central pour la répression des violences aux personnes, der Zentralstelle zur Bekämpfung von Gewalt, auf einem Macintosh-Bildschirm die dreidimensionale Darstellung eines menschlichen Schädels. Man erkannte deutlich das Gehirn und die verschiedenen Bereiche des Gesichts: Nasenspitze, Außenseite des rechten Auges, linkes Ohr… Und auch eine grüne Zone im oberen linken Temporallappen.
    » Und das leuchtet jedes Mal auf, wenn ich mit dir spreche?«
    Halb auf einem hydraulischen Stuhl ausgestreckt, auf dem Kopf einen Helm mit hundertachtundzwanzig Elektroden, starrte Hauptkommissar Franck Sharko an die Decke, ohne sich zu rühren.
    » Das ist das Wernicke-Zentrum, das heißt, das sensorische Sprachzentrum. Bei dir, ebenso wie bei mir, wird es durchblutet, sobald man eine Stimme hört. Daher die Farbe. Sehr eindrucksvoll.«
    » Nicht so sehr wie deine Anwesenheit hier. Ich weiß nicht, ob du dich erinnerst, aber ich hatte dich auf ein Glas zu mir nach Hause eingeladen, Martin. Denn hier gibt es nichts außer dem ekelhaften Kaffee.«
    » Dein Psychiater hat nichts dagegen, wenn ich einer Sitzung beiwohne. Und du hast es mir ebenfalls angeboten. Oder hast du jetzt auch das Erinnerungsvermögen verloren?«
    Sharko legte seine großen Hände auf die Sessellehne, sein Ehering traf klirrend auf das Metall. Seit Wochen ließ er diese Behandlung nun
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