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Obduktion

Obduktion

Titel: Obduktion
Autoren: Robin Cook
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dritte Tüte heraus und drückte den Kofferraumdeckel mit dem Ellenbogen zu.
    Als sie sich der Eingangstür näherten, holte Sana ihren Schlüssel aus der Handtasche.
    »Es fällt mir ein bisschen spät ein«, sagte Shawn, »aber ich glaube, wir haben gestern Nacht die letzte Flasche Wein geleert.«
    »Wenn du willst, kannst du ja nachher noch einmal losgehen und welchen für heute Abend besorgen«, schlug Sana vor. »Die Feier, von der du Jack erzählt hast, wird ohne ein bisschen Wein wohl ziemlich lahm.«
    »Vielleicht frage ich Luke, ob er mich begleiten will«, sagte Shawn, »es wird ihm sicher guttun, mal aus dem Haus zu kommen.«
    »Das ist nett von dir«, meinte Sana aufrichtig. Gleichzeitig überlegte sie, was Shawn wohl sagen würde, wenn sie ihm erzählte, dass Luke sie in der vergangenen Nacht »Hure Satans« genannt hatte. Wenn Shawn wütend wurde, dann hatte er das Vokabular eines Matrosen.
    Sana schloss die üblichen drei Türschlösser mit den
passenden Schlüsseln auf, als sie plötzlich ein viertes bemerkte, das zweifellos neu war. Sie wollte Shawn gerade danach fragen, als sie den Türgriff herunterdrückte und die Tür sich problemlos öffnen ließ. Dann dachte sie nicht weiter darüber nach. Sie trat zur Seite und ließ Shawn, der den Großteil der Einkäufe trug, den Vortritt.
    »Hallo Luke«, hörte Sana Shawn rufen, als sie die Tür mit dem Fuß zuschob. Dann drehte sie sich um und schob die drei Riegel vor. Als sie sich umwandte, sah sie Shawn, der mit Luke sprach, aber es war kein freundlicher Small Talk. Shawn erklärte Luke gerade, dass er im Haus unter gar keinen Umständen rauchen durfte.
    »Es ist doch nur eine Zigarette«, antwortete Luke, dessen Tonfall weder verteidigend noch rechtfertigend war. Es klang eher provozierend, so als würde er die Regeln in diesem Haus festlegen.
    »Ich sage dir, in diesem Haus wird nicht geraucht«, wiederholte Shawn jetzt langsam, aber bestimmt.
    »Na schön«, sagte Luke unbekümmert. Er stand von dem Stuhl auf, auf dem er gesessen hatte, und ging an Shawn vorbei zur Eingangstür. Anstatt sie zu öffnen, verschloss er sie mit einem weiteren Schlüssel, den er in seine Tasche steckte, und ging dann in Richtung Treppe.
    »Wo willst du hin?«, fragte Shawn, der dachte, dass Luke nach oben verschwinden wollte. »Ich habe keine Lust, mich noch einmal zu wiederholen.«
    Luke ging zum Treppenaufgang und klopfte unbekümmert mit den Knöcheln gegen den Treppenpfosten. Er wirkte seltsam gleichgültig und ignorierte ganz offensichtlich seine Gastgeber, die gerade nach Hause gekommen waren.
    Shawn blickte zu Sana, als könne sie ihm Lukes skurriles Verhalten erklären. Der junge Mann hielt eine brennende Zigarette in der Hand, die er aber weder rauchte
noch ausmachte. Es hatte den Anschein, als machte er eine Besichtigungstour durch das Haus, bis er zur Kellertür kam, die sich unter der Treppe befand. Dort hielt er an, legte die Hand auf den Türgriff, drehte sich um und blickte Shawn und Sana direkt an. Ebenso forsch, wie er wenige Minuten zuvor geklungen hatte, sagte er jetzt das Ave-Maria auf. Als er damit fertig war, öffnete er die Kellertür, warf die brennende Zigarette hinunter und schlug die Tür wieder zu.
    »Zum Teufel noch mal!«, brüllte Shawn in voller Lautstärke. Ohne zu zögern, warf er die Tüten mit den Lebensmitteln auf die Couch und hetzte zur Kellertür. Ob er das dumpfe »Wumm«, das aus dem Keller grollte, gespürt oder gehört hatte, wusste niemand. Sana jedenfalls hatte es eher gefühlt als gehört, als der Krimskrams auf dem Kaminsims zu hüpfen begann. Sie rief nach Shawn, aber er war nicht mehr aufzuhalten. Sein Ziel war es, so schnell wie möglich die Zigarette zu finden und sie in harmlose Asche zu verwandeln. Mit einem großen Satz lief er in Richtung Kellertür, schubste Luke zur Seite, riss sie auf und wollte gerade die Treppe hinunterrennen, als ihm ein riesiger Feuerball aus explodierendem Benzin entgegenkam und ihm Wimpern, Augenbrauen und Haare versengte. Innerhalb von Sekunden wurde das alte Holzhaus zu einem flammenden Inferno, und die Tatsache, dass die einzige Isolation des Hauses aus zerknüllten Zeitungen bestand, beschleunigte die Ausbreitung des Feuers noch. Sekunden später überschritt die Hitze die kritische Marke von siebenhundert Grad Celsius, sodass alles im Haus sofort in Flammen aufging – die Menschen eingeschlossen.
    Sana und Shawn, die beide in Flammen standen, erreichten zwar die Eingangstür, aber es
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