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Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep

Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep

Titel: Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep
Autoren: Deborah Crombie
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unter den Achseln und auf der Stirn, und die Panik, die sie im Traum empfunden hatte, stieg wieder in ihr hoch.
    Langsam setzte sie sich in Bewegung, zwanzig Schritte nach vorn, dann wandte sie sich nach links. Hier hatten die Fässer gestanden; die Erde war fest gewalzt wie Beton. Als sie den Spaten in den Boden rammte, vibrierten ihre Arme von der Erschütterung. Aber sie schwang ihn noch einmal, und noch einmal, ihre Miene ein Bild der Entschlossenheit, bis ihre Haare feucht waren vom Schweiß und ihre Hände sich taub anfühlten.
    Sie kannte diesen Boden; sie wusste, dass es nur eine dünne Krume war, die den harten Fels bedeckte. Wenn sie Rab Brodie hier begraben hatten, dann jedenfalls nicht sehr tief. Sie grub weiter und fragte sich allmählich, ob sie nun völlig den Verstand verloren hatte.
    Hazel wollte schon fast aufgeben, als der Boden unter ihrem Spaten plötzlich nachgab. Sie fiel auf die Knie und begann mit bloßen Händen in der Erde zu wühlen. Da – sie räumte noch eine Erdschicht beiseite, vorsichtiger jetzt – aber es fühlte sich gar nicht an wie Erde. Es zerfiel ihr zwischen den Fingern zu Krümeln… war es Torf? Darunter tastete sie etwas Weiches, Biegsames – ein Blatt – nein, es war Stoff, ein schwerer Stoff… Wolle… ein Herrenmantel vielleicht? Der verrottete Fetzen schien sich durch ihre bloße Berührung aufzulösen, und darunter wurde der dunkle Knauf eines Spazierstocks sichtbar – nein, es war kein Stock, es war ein Knochen – dunkelbraun verfärbt von der Torfschicht, in der er ruhte.
    Hazel zog blitzartig die Hand zurück und schlug sie mit einem unterdrückten Stöhnen vor den Mund. Sie hatte es nicht wirklich geglaubt; noch während des Grabens hatten ihre Zweifel überwogen, doch nun fühlte sie den Schmerz und die Trauer aus ihrem Traum, als hätte sie alles selbst erlebt.
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen, und sie begann zu weinen, in abgehacktem, krampfhaftem Schluchzen, das immer heftiger wurde, bis es ihr schier die Brust zu sprengen schien. Weinte sie um Livvy Urquhart und Rab Brodie, oder um ihren Großvater Will… oder um Donald… und Tim… und sich selbst?
    Allmählich löste sich der Krampf, und sie lehnte sich leise schniefend zurück. Sie würde es irgendjemandem sagen müssen – es war an der Zeit, dass die Umstände von Rab Brodies Tod endlich ans Licht kamen.
    Ihr Herz machte einen Satz, als sie die helle Stimme hinter ihrem Rücken hörte. »Hazel? Was machst du denn da?«
    Hazel sprang auf und musste die Augen zusammenkneifen, als sie die zierliche Gestalt im hellen Rechteck der Türöffnung fixierte. »Louise? Und was machst
du
hier?«
    »Ich wollte zu dir.« Louise kam näher, sodass Hazel sie besser sehen konnte. »Weißt du, wir haben noch gar keine Zeit gehabt, mal in aller Ruhe zu plaudern, seit du hier bist.«
    »Ist etwas passiert? Ist es wegen Tim? Oder John? Haben sie John verhaftet?«
    »Nein, ich glaube kaum, dass sie John verhaften werden«, sagte Louise, und in ihrer Stimme schwang etwas, was Hazel nicht identifizieren konnte. »Aber sag mal, was treibst du denn hier?«, fuhr sie fort, als sie nahe genug herangekommen war, um in das kleine Loch hineinsehen zu können, das Hazel gegraben hatte. »Suchst du etwas?«
    »Ich – ich weiß es nicht genau.« Hazel hatte plötzlich Bedenken, es ihr zu sagen. »Ich dachte… hier wäre jemand begraben worden, vor langer Zeit.«
    Louise ging in die Hocke und stocherte mit einem Finger in dem Loch herum. »Knochen?« Sie blickte erstaunt auf. »Du hast noch eine Leiche gefunden? Na, das ist wohl die Woche der großen Entdeckungen, wie?« Sie richtete sich auf, griff nach dem Spaten, den Hazel abgelegt hatte, und strich mit der Spitze über die Erde.
    Hazel streckte die Hand aus. »Louise, nicht –«
    »Den willst du wohl auch für dich allein haben, hm?« Louise hielt inne und lehnte sich auf den Spaten.
    »Was – ich verstehe nicht…« Hazels Herz begann zu pochen.
    »Nicht alles gehört dir, Hazel. Hast du das nicht gewusst? Bist du jemals auf die Idee gekommen, dass andere Leute auch ihren Anteil verdienen? Dass andere Leute Gefühle haben?«
    »Louise, wovon redest du überhaupt?«, flüsterte Hazel.
    »Hast du nie einen Gedanken daran verschwendet, damals vor all den Jahren, wie es
mir
dabei ging?«, fauchte sie giftig. »
Louise, die Unsichtbare. Louise, das fünfte Rad am Wagen.
Ich habe euch beobachtet, wenn ihr zusammen wart, aber ihr habt nie etwas gemerkt. Ich habe
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