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Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep

Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep

Titel: Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep
Autoren: Deborah Crombie
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gegen die Fässer zur drücken. Dann wand Will sich los, geschmeidig wie eine Katze, und Rab wurde von der Bewegung mitgerissen. Will taumelte ein paar Schritte zurück, nur um sich im nächsten Moment mit ausgestreckten Armen auf Rab zu stürzen und ihm einen Stoß zu versetzen, hinter dem die volle Wucht seines Körpergewichts lag.
    Rab stürzte rücklings gegen die Fässer, und Livvy hörte nur noch das Krachen von Knochen auf Holz. Will ließ nicht von ihm ab und bearbeitete ihn weiter mit beiden Fäusten, als Rab schon leblos zu Boden gesunken war.
    »Will, halt ein!«, schrie Livvy und zerrte an ihm. »Er ist verletzt, Will.« Endlich gelang es ihr, die Arme um die Hüfte ihres Sohnes zu schlingen und ihn wegzuziehen. Erst jetzt merkte Will, dass sein Gegner sich nicht mehr wehrte.
    Whiskygeruch stieg Livvy in die Nase und brannte in ihrer Kehle. Der Spundzapfen des Fasses, an dem Rab sich den Kopf angeschlagen hatte, war herausgefallen, und der Inhalt tropfte auf den Boden.
    Sie starrte auf Rab Brodies zusammengesunkene Gestalt herab, und ihr Entsetzen wuchs. Livvys Mutter war in ihren Armen gestorben, wie auch ihre kleine Tochter und ihr Mann. Sie wusste, dass sie in das Antlitz des Todes schaute. Dennoch kniete sie sich nun neben ihn, schüttelte ihn und strich ihm schluchzend über die Wange. Er reagierte nicht.
    »O Gott, Will, du hast ihn umgebracht!«, flüsterte sie mit brechender Stimme.
    Will sank auf die Knie, als ob seine Beine urplötzlich den Dienst versagt hätten. »Nein. Er kann nicht tot sein. Ich hole Hilfe. Die Männer sind schon weg – ich habe sie früher nach Hause geschickt, weil wir schlechtes Wetter bekommen werden, aber ich kann ins Dorf laufen –«
    »Nein, Will.« Livvy fühlte, wie eine eisige Kälte von ihr Besitz ergriff. Sie hatte alles verloren, was ihr lieb und teuer war, bis auf ihren Sohn. Sie war entschlossen, ihn nicht auch noch zu verlieren.
    »Niemand kann ihm mehr helfen«, sagte sie. »Wir können nicht beweisen, dass es ein Unfall war. Helen Brodie hat einflussreiche Freunde. Ich werde nicht zulassen, dass sie dich ins Gefängnis werfen –«
    »Ins Gefängnis? Aber ich wollte ihn doch nicht –«
    »Was du wolltest, spielt jetzt keine Rolle. Wenn ich nicht –« Sie schüttelte resigniert den Kopf. »Will, diese Sache bleibt unter uns, das ist unser Geheimnis. Ich will nicht, dass du wegen meiner Verfehlungen leiden musst.«
    »Aber wir können doch nicht –«
    »Doch, wir können. Wir vergraben ihn hier, unter den Fässern. Niemand wird es je erfahren.«
    Aber sie selbst würde es nie vergessen können. Rabs Tod würde ihr anhaften wie ein Kainsmal, und in diesem Leben würde sie keine Vergebung mehr finden.
    Im Innern des alten Lagerhauses war es düster und einige Grad kälter als im Freien, wo sich, obwohl es noch nicht Mittag war, der Himmel bereits bedrohlich verdüstert hatte.
    Hazel verharrte am Eingang, bis ihre Augen sich an das schwache Licht gewöhnt hatten, und blickte sich um. Die Reihen von Fässern, die hier in ihrer Kindheit gelagert hatten, waren längst verschwunden, doch für einen kurzen Moment glaubte sie einen schwachen Whiskygeruch wahrzunehmen. Hatte der »Anteil der Engel« sich im Laufe der Zeit in dem alten Gemäuer festgesetzt, eine unauslöschliche Spur der Vergangenheit?
    Nein, sagte sie sich; es war nur ihre Einbildung, genau wie diese Träume. Aber hier schienen die inneren Bilder noch stärker, und wenn sie die Augen schloss, konnte sie fast ihre Stimmen hören. Olivia und Will Urquhart, Rab Brodie. Immerhin kannte sie jetzt die Namen, wenn auch nicht die dazugehörigen Gesichter.
    Plötzlich fiel ihr ein vergessener Schrecken ihrer Kindheit wieder ein. Hier im Lagerhaus hatte es eine Stelle gegeben, ungefähr in der Mitte der linken Reihe, vor der sie sich aus unerfindlichen Gründen immer gefürchtet hatte. War ihre Angst begründet gewesen?
    Kurz entschlossen verließ sie das Lagerhaus und ging über den mit Unkraut bewachsenen Hof zu der alten Scheune. Dort begann sie in einem Haufen verrosteter Werkzeuge und Geräte herumzuwühlen, ohne sich an Staub und Spinnweben zu stören, bis sie schließlich einen uralten Spaten gefunden hatte. Das Holz des Stiels war rissig, und das Blatt saß ein wenig locker, doch sie würde sich damit behelfen müssen.
    Sie ging zum Lagerhaus zurück und verharrte wieder mit geschlossenen Augen in der Tür, um sich bewusst in die Perspektive ihres Traums zu versetzen. Der Schweiß brach ihr aus,
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