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Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep

Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep

Titel: Nur wenn du mir vertraust - Crombie, D: Nur wenn du mir vertraust - Now May You Weep
Autoren: Deborah Crombie
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dieses innere Glühen zu einem nicht geringen Teil auf den Whisky zurückzuführen, den sie als Aperitif genossen hatten, und auf den Wein, der bei Tisch reichlich floss. Dabei waren sie noch nicht einmal beim Dessert angelangt, dachte Gemma und stöhnte innerlich auf. Als Vorspeise hatte es hauchdünne Crêpes mit Waldpilzen gegeben, gefolgt von Hirschfilet in Johannisbeergelee mit Bergen von köstlichen Röstkartoffeln und knackigen grünen Bohnen. Jetzt beäugte Gemma die letzte Scheibe Hirschbraten auf ihrem Teller mit einem Gefühl, das der Verzweiflung nahe kam. Es war zu gut, um es liegen zu lassen, doch sie würde platzen, wenn sie auch nur noch einen Bissen davon aß. Mit einem Seufzer schob sie ihren Teller weg und blickte sich im Zimmer um. Ihr fiel auf, dass Hazel ihr Fleisch nur geschickt auf dem Teller hin und her geschoben hatte, ohne irgendetwas davon zu essen.
    Passend zu den Sportgeräten, die sie in der Diele gesehen hatten, waren die weiß getäfelten Wände des Speisezimmers ringsum mit sorgsam handkolorierten Darstellungen von Fischen dekoriert. Auf den ersten Blick hatte Gemma geglaubt, die Fische seien direkt auf die Wände gemalt, doch als sie genauer hinsah, erkannte sie, dass sie aus Papier ausgeschnitten waren. Die Abbildungen unterschieden sich in der Größe ebenso wie in der künstlerischen Qualität, aber bei allen Exemplaren schien es sich um Arten zu handeln, die von Sportfischern gefangen wurden, wie Forellen oder Lachse. Gemma konnte nur raten, da sie den Tieren bisher ausschließlich auf dem Teller begegnet war.
    »Die sind übrigens alle handgemalt«, bemerkte der junge Mann neben ihr, der ihrem Blick gefolgt war. Er war ihr als Martin Gilmore vorgestellt worden, John Innes’ sehr viel jüngerer Bruder. »Das war schon Tradition in diesem Haus, bevor John es gekauft hat. Jeder, der einen Fisch von mehr als sieben Pfund Gewicht fängt, muss die Umrisse genau nachzeichnen und anschließend ausmalen.«
    »Ist da auch einer von Ihnen dabei?«, fragte Gemma und deutete mit dem Kopf in Richtung Wand. Martin hatte durchaus etwas von einem Künstler an sich, mit seinem schmalen, asketischen Gesicht und dem kurz geschorenen Haar, das seine scharfe, markante Nase noch zusätzlich betonte. In einem Nasenflügel entdeckte Gemma ein winziges Loch. Den dazugehörigen Stecker hatte Martin offensichtlich herausgenommen – vielleicht, weil er fürchtete, John könnte etwas dagegen haben.
    »Ich bin doch nicht verrückt«, antwortete Martin und verzog das Gesicht. »Ich bin ein Stadtmensch, aufgewachsen in Dundee. Mit Jagd und Angeln hab ich absolut nichts am Hut.« Sein Akzent, der anfangs »englischer« als der seines Bruders geklungen hatte, wurde breiter und breiter, je tiefer der Pegel in seinem Glas sank.
    »Oh«, erwiderte Gemma verwirrt. »Ich hatte angenommen, dass John aus dieser Gegend stammt, aber da muss ich mich wohl verhört haben –«
    »Nein, Sie haben schon richtig gehört«, bestätigte Martin. »Wir sind Halbbrüder. Unsere Mutter hat noch einmal geheiratet, und ich bin das Produkt ihres zweiten Frühlings.«
    Da sie nicht recht wusste, was sie auf den zweiten Teil seiner Bemerkung erwidern sollte, konzentrierte Gemma sich auf den ersten. »Aber Sie stehen sich doch recht nahe, Sie und John?«
    »Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, war ich gerade mit der Schule fertig.« Martin blickte sich verstohlen im Zimmer um, als wolle er sich versichern, dass sein Bruder nicht mithörte. Er rückte näher an Gemma heran und fuhr fort: »Ehrlich gesagt, ich hätte nie gedacht, dass ich ihn mal dazu kriegen würde, mich hierher einzuladen. Konnte mein Glück gar nicht fassen, als er anrief, um zu sagen, ich könnte am Wochenende kommen und an dem Kochkurs teilnehmen.«
    Gemma wich seinem warmen Atem aus. »Sie interessieren sich fürs Kochen?«
    Ehe Martin antworten konnte, kam Louise mit einem leeren Tablett herein. »Die Eiskönigin höchstpersönlich«, murmelte er und machte sich dann über die Reste seines Hirschfilets her.
    »Hat es denn allen geschmeckt?«, fragte Louise und blickte mit einem strahlenden Lächeln in die Runde.
    Die Frage wurde von der ganzen Gesellschaft uneingeschränkt bejaht. Während Louise die Teller einsammelte, wechselte sie mit jedem Gast leise ein paar Worte, was Gemma die Gelegenheit eröffnete, ihre Tischgenossen genauer in Augenschein zu nehmen.
    Ihr gegenüber saß Heather Urquhart, die Hazel ebenfalls wie eine gute Bekannte begrüßt hatte. Die
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