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Nur Mut, liebe Ruth

Nur Mut, liebe Ruth

Titel: Nur Mut, liebe Ruth
Autoren: Marie Louise Fischer
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sie verfolgt
wird. Wenn einen dauernd ein bestimmter Mensch verfolgt, dann merkt man das
nach einiger Zeit wahrscheinlich doch. Sind es aber zwei Mädchen wie wir, so
fällt das viel weniger auf, besonders wenn die beiden so tun, als wenn sie zum
Vergnügen herumliefen. Sollten P. aber die beiden doch auffallen, so wird es
sie bestimmt beruhigen, wenn sie beim nächsten Rückblinzler verschwunden sind.
Ich hab übrigens noch eine Idee...“
    „Ja?“ fragte Ruth.
    „An der dritten Ecke“, sagte
Katrin, „also ich meine, falls sie um eine dritte Ecke geht, sollten wir neue
Paare bilden, also dann sollte ich mal abwechslungshalber mit Olga direkt
hinter ihr hergehen und Leonore mit Silvy zurückbleiben.“
    „Sehr gut“, erklärte Ruth
anerkennend. „So machen wir’s!“
    „Ich finde das alles viel zu
kompliziert“, erklärte Silvy, „und ich sehe nicht ein...“
    „...was die ganze Verfolgung
für einen Zweck haben soll!“ rief Leonore dazwischen. „Ich gebe ja zu,
vielleicht können wir ihr auf diese Weise quer durch die ganze Stadt
nachlaufen, ohne daß sie etwas davon merkt. Aber wozu das? Was soll dabei
herauskommen?“
    Katrin tippte sich an die
Stirn. „Daß wir wissen, was mit ihr los ist!“
    „Quatsch“, sagte Silvy, „das
wissen wir sofort, falls sie wirklich mit Perücke aus dem Haus kommen sollte,
wie Ruth uns weismachen will. So was täte doch nur ein Mensch, der nichts Gutes
im Schilde führt.“
    „Das sagst du!“ rief Olga.
„Aber das ist doch noch lange kein Beweis! Wir müssen beweisen, daß sie
wirklich eine Diebin ist.“ Silvy zog die farblosen Augenbrauen hoch und setzte
ihr arrogantestes Gesicht auf. „Da bin ich aber mal gespannt, wie ihr das
anfangen wollt!“
    „Es wäre ja hübsch, wenn du dir
zur Abwechslung auch mal was einfallen lassen würdest, anstatt dich einfach
aufs hohe Roß zu setzen und uns alleine die Köpfe zerbrechen zu lassen!“ rief
Katrin und warf wütend ihre schwarze Mähne in den Nacken.
    „Ihr könnt’s ja lassen, wenn es
euch zu anstrengend ist“, erklärte Silvy, sehr von oben herab.
    „Das könnte dir so passen!“
Katrin gab Silvy einen kräftigen Puff zwischen die Rippen.
    „Au! Was fällt dir ein!?“
    „Hört auf, euch zu zanken“,
sagte Leonore, „alle Leute schauen schon zu euch hin und wackeln mit den
Köpfen! Wenn ihr das unauffällig nennt!“
    Das genügte, um die beiden
Kampfhähne zu ernüchtern. Katrin stand auf und setzte sich ans äußerste Ende
der Bank, weit weg von Silvy.
    „Na also“, sagte Leonore, „und
nun möchte ich, auf die Gefahr hin, mich mächtig unbeliebt zu machen, doch noch
einmal die Frage stellen...“
    Sie alle hatten im Eifer des
Gefechtes vergessen, die Villa mit der „Pension Erika“ im Auge zu behalten. So
hatte keine von ihnen bemerkt, daß tatsächlich eine Frau auf die Ruths erste
Beschreibung der Perückendame haargenau paßte, das Haus durch die Nebentüre
verlassen hatte und jetzt durch den Vorgarten schritt.
    Erst in dem Augenblick, da sie
das Törchen öffnete und auf die Straße trat, entdeckte Ruth sie. Es war für sie
ein geradezu überwältigender Eindruck, denn allmählich hatte sie schon selber
nicht mehr geglaubt, daß sie wirklich recht behalten würde. Es war so, als wenn
ein Traum ganz plötzlich Wirklichkeit wird.
    „Achtung!“ zischte Ruth und
vergaß, ihr verabredetes Zeichen zu geben oder auch nur den Blick abzuwenden.
„Sie kommt!“
    Die Köpfe der Mädchen fuhren
herum, und sekundenlang starrten fünf Augenpaare auf die junge Frau im grauen
Kostüm, weißer Bluse, schwarzen Schnürschuhen, schwarzer Handtasche und
dunklem, gepflegtem Haar, das Ruth als Perücke erkannt hatte.
    Zum Glück beachtete die
Perückendame selber die Mädchen auf der Bank überhaupt nicht, sondern blickte
nur ganz kurz nach links, bevor sie nach rechts davonschritt.
    Die Mädchen hatten sich
inzwischen von ihrer Verblüffung erholt. Katrin und Leonore stürmten los und
verfielen, wie Ruth angeordnet hatte, drei Meter hinter der Perückendame in
einen Schritt, der sich dem Tempo ihres Opfers anpaßte.
    Katrin linste über die Schulter
zurück und stellte fest, daß Olga und Silvy, wie verabredet, hinter ihnen
herkamen.
    Die Perückendame ging weiter
geradeaus, überquerte bei der Kreuzung die Straße und blieb an der
Bus-Haltestelle stehen.
    Das war nicht vorberechnet, was
nun?
    Katrin und Leonore hielten es
für richtig, sich in einiger Entfernung von der Perückendame ebenfalls an
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