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Nur Mut, liebe Ruth

Nur Mut, liebe Ruth

Titel: Nur Mut, liebe Ruth
Autoren: Marie Louise Fischer
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der
Haltestelle aufzustellen. Sie winkten Olga und Silvy zu, als wenn sie sie eben
erst entdeckt hätten.
    „Hallo, was macht ihr denn
hier?“ rief Katrin mit gespielter Harmlosigkeit. „Wollt ihr ebenfalls ins Grüne
fahren?“
    „Du hast es erfaßt“, gab Silvy
schlagfertig zurück.
    „Sieh mal einer an, da kommt
auch Ruth!“ rief Leonore. „Fährst du mit uns, Ruth?“ fragte Olga.
    Ruth schüttelte den Kopf. „Tut
mir leid, ich muß nach Hause!“
    „Was, du willst nicht...“, rief
Silvy.
    Aber Katrin ließ sie nicht
ausreden. „Vielleicht sehen wir uns morgen“, rief sie dazwischen.
    „Kann schon sein“, sagte Ruth,
„dann viel Spaß noch.“ Sie schlenderte weiter.
    Die vier anderen sahen sich an
und wußten im Moment nicht mehr, was sie reden sollten. Ihnen allen war
klargeworden, daß Ruth nicht mit ihnen fahren wollte, weil sie fürchtete, daß
die Perückendame sich an sie erinnern und Verdacht schöpfen könnte. Aber sie
kamen sich plötzlich ohne ihre neue Anführerin geradezu ein bißchen verlassen
vor.
    Katrin fand als erste die
Fassung wieder. „Wir wollen Peter und Paul besuchen“, sagte sie, „und ihr?“
    „Peter und Paul?“ fragte Silvy,
die kein Wort begriff, ganz dumm.
    Olga stieß sie an. „Na klar,
Peter und Paul! Kennst du die beiden etwa nicht?“
    Jetzt verstand auch Silvy, daß
Katrin diese Jungen nur erfunden hatte, um ein harmloses Gespräch in Gang zu
bringen und zu verhindern, daß die Perückendame auf die Idee käme, sie würde
verfolgt.
    „Und ob“, sagte sie, „aber mir
würde nie im Traume einfallen, die zu besuchen. Ich würde warten, bis sie zu
mir kämen.“
    „Na, versuch das nur! Da kannst
du warten, bis du schwarz bist!“ sagte Leonore.
    Alle vier begannen wie verrückt
über ihren eigenen Unsinn zu lachen.
    Ein Omnibus hielt, Fahrgäste
stiegen aus, und Katrin wollte schon hineinklettern.
    Da sah Silvy, daß die
Perückendame ganz ruhig auf ihrem Platz stehengeblieben war. Sie riß Katrin
zurück: „Menschenskind, das ist doch der falsche Bus!“
    „Tatsächlich?“ fragte Katrin.
„Na ja, so was kann passieren.“
    Und wieder mußten alle
furchtbar lachen.
    Erst in den übernächsten Bus
stieg die Perückendame ein, und die Mädchen folgten ihrem Beispiel.

    Jetzt wußten sie wenigstens,
wohin die Fahrt ging, nämlich in den Vorort Westend hinaus. Sie gaben dasselbe
Ziel an wie die Perückendame, drängten zur Mitte hindurch, damit sie
rechtzeitig abspringen konnten, hielten aber einen möglichst großen Abstand von
der Perückendame und unterhielten sich weiter lebhaft über die sagenhaften
Peter und Paul, über die sie die tollsten Geschichten zum besten gaben.
    Vor der siebten Station, als
die Perückendame Anstalten zum Aussteigen machte, verabschiedeten sich Olga und
Silvy eifrig von den beiden anderen, um den Anschein zu erwecken, daß ihre Wege
hier auseinandergingen.
    Dann nahmen Katrin und Leonore
die Verfolgung auf, wie Ruth es angeordnet hatte, und Olga und Silvy liefen in
einem entsprechenden Abstand hinter den beiden her.
    Aber diese Vorsichtsmaßnahme
schien ganz unnötig, denn die Perückendame blickte sich nicht ein einziges Mal
um. Trotzdem wechselten die beiden verfolgenden Paare sich ab, als sie um die
nächste Ecke bog, und als sie sich einen Häuserblock weiter nach links wandte,
tauschten Katrin und Silvy rasch die Partnerinnen, so daß Katrin mit Olga vorne
lag.
    „Sieh mal, jetzt biegt sie in
die Dahlienstraße“, sagte Olga. „Kennst du dich denn hier aus?“ fragte Katrin
ganz erstaunt. „Ich bin hier noch nie im Leben gewesen.“
    „Ich schon. Hier wohnt nämlich
meine Tante Adelheid. Das heißt: eigentlich ist sie die Tante meiner Mutter,
aber gleichzeitig ist sie auch meine Patentante.“
    „Hochinteressant“, sagte
Katrin, „doch um die Wahrheit zu sagen, wäre es mir lieber, du erzähltest mir
deine Familiengeschichte...“
    Aber Olga hörte gar nicht zu,
und das war gut so, denn sonst wäre sie bestimmt wieder beleidigt gewesen. Sie
fiel Katrin ins Wort und flüsterte: „Stell dir vor! Jetzt geht sie doch
wahrhaftig in das Haus, in dem Tante Adelheid wohnt!“
    „Dann nichts wie hinterher!“
rief Katrin und stürmte voran. Olga packte sie beim Arm und hielt sie fest. „Halt
mal! Wenn sie wirklich zu meiner Tante geht...“
    „Dann klingeln wir einfach
und...“
    „Nein, das wäre nicht besonders
schlau“, widersprach Olga, „denn wenn wir klingeln, geht meine Tante an die
Türe, und P. hat
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