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Nur für einen Sommer: Sommerträume (German Edition)

Nur für einen Sommer: Sommerträume (German Edition)

Titel: Nur für einen Sommer: Sommerträume (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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nicht versucht, sie zurückzuhalten, als sie am Morgen, nachdem er sie gebeten hatte, ihn zu heiraten, abgefahren war. Er hatte nichts gesagt, als sie sich von Sarah verabschiedet hatte. Überhaupt nichts. Vielleicht hatten sie beide gewusst, dass alles gesagt worden war, was es zu sagen gab. Er hatte sie nur einmal richtig angesehen, und da war sie in ihrem Entschluss schwankend geworden. Dann war sie mit Bonnie in den Wagen gestiegen, der sie zum Flughafen brachte, was einen Schritt näher nach Los Angeles bedeutete.
    Seit ihrer Rückkehr hatte er sie nicht angerufen. Habe ich es erwartet? fragte sich Lee. Vielleicht, aber sie hatte gehofft, er würde es nicht tun. Sie wusste nicht, wie viel Zeit sie brauchte,ehe sie wieder seine Stimme hören konnte, ohne schwache Knie zu bekommen.
    Sie blickte hinunter und starrte den Gold- und Silberring an ihrer Hand an. Warum hatte sie ihn behalten? Er gehörte ihr nicht. Sie hätte ihn Hunter zurückgeben sollen. Es war leicht, sich einzureden, sie habe in der Verwirrung einfach vergessen, ihn wieder abzunehmen, aber das war nicht die Wahrheit. Als sie gepackt hatte, hatte sie gewusst, dass der Ring noch an ihrem Finger steckte, ebenso als sie aus Hunters Haus gegangen und in den Wagen gestiegen war. Sie hatte es einfach nicht über sich gebracht, ihn abzunehmen.
    Sie brauchte Zeit. Es war die Zeit, die sie jetzt hatte. Sie musste wieder etwas beweisen, aber nicht ihren Eltern, nicht Hunter. Da war nur sie selbst. Wenn sie das Buch beenden konnte. Wenn sie wirklich ihr Bestes hineinstecken und es wirklich beenden konnte …
    Lee erhob sich, ging an ihren Schreibtisch, setzte sich vor die Schreibmaschine. Von der leeren Seite starrte ihr Angst entgegen.
    Lee hatte Stress bei CELEBRITY gekannt. Die Minuten tickten vorbei, während die Termine näher und näher rückten. Wie oft stand sie unter dem Druck, aus etwas nicht so Faszinierendem etwas Faszinierendes zu machen, und das in einer begrenzten Zeit, das Woche für Woche, Monat für Monat, Jahr für Jahr. Und doch, nachdem sie fast einen Monat von diesem Druck weg war und nur sich hatte und die Geschichte, die sich entwickelte, lernte Lee die volle Bedeutung von Druck kennen. Aber diesmal auch von Freude.
    Sie hatte nicht geglaubt – nicht wirklich geglaubt –, dass es ihr möglich sein könnte, Stunde für Stunde vor der Schreibmaschine zu sitzen, um ein Buch zu beenden, das sie vor so langer Zeit aus einer Laune heraus begonnen hatte. Und es war wahr, in den ersten Tagen erlebte sie nur Frustration und Versagen. Ein Ring von Panik hatte sich um ihren Kopf gelegt. Warum hatte sie ihrenJob gekündigt, wo man sie in ihrer Arbeit respektierte, um jetzt derart ins Dunkle hineinzustolpern?
    Immer wieder war sie von neuem versucht, alles zur Seite zu legen und an ihren alten Arbeitsplatz zurückzukehren. Aber dann schob sich Hunters Gesicht vor ihr inneres Auge – leicht spöttisch, herausfordernd und irgendwie ermutigend.
    „Es erfordert Durchhaltevermögen und Ausdauer. Wenn du nicht mehr kannst und aufhören willst …“ Das hatte er auf dem Campingausflug zu ihr gesagt.
    Die Antwort war nein, ebenso grimmig, ebenso entschlossen, wie sie in dem kleinen Zelt reagiert hatte. Vielleicht würde sie scheitern. Sie schloss die Augen und bemühte sich, mit dem Gedanken klarzukommen. Vielleicht würde sie entsetzlich scheitern, aber sie würde nicht aufgeben. Was auch geschah, sie hatte ihre eigene Wahl getroffen, und sie würde damit leben.
    Je länger sie arbeitete, desto größeren Symbolwert bekamen die getippten Seiten. Wenn sie das konnte und es gut konnte, dann konnte sie alles. Der Rest ihres Lebens hing davon ab.
    Am Ende der zweiten Woche war Lee so eingetaucht in ihre Arbeit, dass sie kaum den Zwölf- oder Vierzehnstundentag bemerkte, den sie einlegte. Sie schaltete den Anrufbeantworter ein und vergaß meist, die Anrufe zu erwidern, wie sie auch zu essen vergaß.
    Es war, wie Hunter einmal gesagt hatte. Die Charaktere bildeten sich heraus, trieben sie an, frustrierten und erfreuten sie. Während die Zeit verging, merkte Lee, dass sie die Story beenden wollte, nicht nur um ihrer selbst willen, sondern wegen der Charaktere. Sie wollte, wie sie noch nie vorher gewollt hatte, dass ihre Geschichte gelesen wurde. Erregung und entsetzliche Angst darüber trieben sie an.
    Sie spürte einen sonderbaren kleinen Kitzel, als das letzte Wort getippt worden war, eine Euphorie, gemischt mit einer merkwürdigen Niedergeschlagenheit.
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