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Nur für einen Sommer: Sommerträume (German Edition)

Nur für einen Sommer: Sommerträume (German Edition)

Titel: Nur für einen Sommer: Sommerträume (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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schmal, ohne gelehrt zu wirken, wettergegerbt, ohne zerfurcht zu wirken. Eine Kombination von beidem. Seine gerade Nase erforderte fast die Bestimmung aristokratisch, während der Mund wie der eines Dichters geschnitten war. Sein Haar war voll und zerzaust, als wäre er stundenlang im Fahrtwind gefahren. Aber es waren nicht diese Merkmale, die Lee die Sprache verschlugen. Es waren seine Augen.
    Sie hatte noch nie so dunkle Augen gesehen, die so direkt, so verunsichernd blickten. Es war, als sähe er durch sie hindurch. Nein, in sie hinein. Und innerhalb von zehn Sekunden hatte er alles von ihr wahrgenommen.
    Er sah ein überwältigendes Gesicht mit hellem Teint und dunklen Augen, die vor Überraschung weit aufgerissen waren. Er sah einen weichen, femininen Mund mit geschickt aufgelegtem Rot. Er sah Nervosität. Er sah ein eigensinniges Kinn und Haar in der Farbe geschmolzenen Kupfers, das sich zwischen seinen Fingern wie Seide anfühlen würde. Er sah eine nach außen hin sichere, innerlich angespannte Frau, die nach Frühlingsabenden roch und aussah wie ein Titelbild von VOGUE. Wenn nicht diese innere Anspannung gewesen wäre, wäre er gegangen. Doch es fesselte ihn immer, was unter der Oberfläche von Menschen verborgen lag.
    Mit einem ganz schnellen Blick überflog er ihr elegantes Kostüm. „Ja?“
    „Nun, ich …“ Sie brach ab. Das allein brachte sie in Rage. Sie würde sich nicht von dem Fahrer eines Hotels zum Stammeln bringen lassen. „Wenn Sie gekommen sind, um mich abzuholen“, sagte sie knapp, „dann sollten Sie mein Gepäck nehmen.“
    Er zog eine Braue hoch und sagte nichts. Ihr Fehler war offensichtlich. Es hätte ihn nur einen Satz gekostet sie aufzuklären.
    Und doch, es war ihr Fehler, nicht seiner. Hunter hatte schon immer mehr Impulsen als Erklärungen geglaubt. Er beugte sich, nahm ihren Koffer und warf sich den Kleidersack über die Schulter. „Der Wagen ist gleich draußen.“
    Mit der Aktentasche in der Hand und seinen Rücken ihr zugewandt, fühlte sie sich gleich viel sicherer. Die merkwürdige Verunsicherung, redete sich Lee ein, war auf die Erwartung, den berühmten Sonderling endlich zu treffen und den langen Flug zurückzuführen. Männer überraschten sie nie, und ganz gewiss brachten sie sie nicht zum Stammeln und Anstarren. Was sie jetzt brauchte war ein Bad und etwas Kräftigeres zu essen, als es das Würstchen gewesen war.
    Der Wagen, zu dem er sie führte, war kein Wagen, sondern ein Jeep. Sie nahm an, das sei sinnvoll bei den steilen Straßen und harten Wintern und stieg ein.
    Bewegt sich gut, dachte er und kleidet sich makellos. Ihre Finger konnte sie nicht einen Augenblick lang ruhig halten. „Sind Sie aus der Gegend?“ fragte er sie, nachdem er ihr Gepäck hinten verstaut hatte.
    „Nein. Ich bin hier wegen der Schriftstellertagung.“
    Hunter warf die Tür zu. „Sind Sie Schriftstellerin?“
    Sie dachte an die zwei Kapitel ihres Manuskripts, die sie zur Tarnung mitgebracht hatte. „Ja.“
    Hunter fuhr über den Parkplatz und nahm dann die Straße, die zum Highway führte. „Was schreiben Sie?“
    Lee lehnte sich zurück und dachte, sie könnte sich hier schon etwas Routine erwerben, bevor sie mitten unter zweihundert Schriftstellern steckte. „Ich habe Artikel und einige Kurzgeschichten geschrieben“, erzählte sie wahrheitsgetreu. Dann fügte sie hinzu, was sie kaum jemandem verriet: „Und ich habe einen Roman angefangen.“
    Mit einer Geschwindigkeit, die sie überraschte, aber nicht beunruhigte, bog er auf den Highway. „Werden Sie ihn beenden?“
    „Das hängt wahrscheinlich von vielem ab.“
    Er warf ihr erneut einen prüfenden Seitenblick zu. „Zum Beispiel?“
    Sie musste sich zwingen, still zu sitzen. Die Frage verursachte ihr wieder Unbehagen. „Zum Beispiel, ob das, was ich bisher gemacht habe, gut ist.“
    „Besuchen Sie häufig solche Tagungen?“
    „Nein, es ist meine erste.“
    Daher möglicherweise die Nervosität, dachte Hunter, glaubte aber nicht, die ganze Antwort bekommen zu haben.
    „Ich hoffe, etwas zu lernen.“ Lee überwand sich zu einem kurzen Lachen. „Ich habe mich erst in letzter Minute zur Teilnahme entschlossen. Aber als ich erfuhr, Hunter Brown werde da sein, konnte ich nicht widerstehen.“
    Das Düstere in seinem Blick kam und verschwand zu schnell, um von ihr bemerkt zu werden. Er hatte nur eingewilligt, an der Konferenz teilzunehmen, weil die Öffentlichkeit nichts davon erfuhr. Selbst von den Organisatoren wusste im
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