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Nur einen Kuss, Kate!

Nur einen Kuss, Kate!

Titel: Nur einen Kuss, Kate!
Autoren: Anne Gracie
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entgegnete sie gelassen. “Ich wollte ins Dorf, einen Besuch machen.”
    “Ach? Ohne an jene zu denken, die sich Ihretwegen Sorgen machen? Wie sind Sie übrigens hergekommen?”
    “Ich mietete eine Kutsche mit berittener Begleitung.”
    “Und ich hielt jede verdammte Postkutsche zwischen hier und London auf.”
    “Ach nein … das ist nicht wahr!” Kate, die sich die Szene vorstellte, musste lachen.
    Ihr Auflachen gab den Ausschlag. Mit einem wütenden Ausruf beugte er sich vor, fasste sie unter den Achseln und hob sie auf sein Pferd. Der Korb entglitt ihren Händen, und die Zweige mit den sattgelben Blüten landeten im Staub. Dann gab er dem Tier die Sporen. Erst setzte sie sich zur Wehr, doch mit zunehmendem Tempo des Pferdes klammerte sie sich an Jack, um nicht herunterzufallen. Die Feldarbeiter kamen gelaufen, einige mit Stöcken und Knüppeln.
    Sofort verschloss Jack ihr den Mund mit einem Kuss, und Kates Abwehr erlahmte, als der vertraute Zauber sie erfasste. Schließlich war ihr größter Wunsch in Erfüllung gegangen. Sie umfing seinen Hals.
    Als der Kuss endete, hatten sie die verständnisvoll grinsenden Feldarbeiter längst hinter sich gelassen. Seufzend drückte Kate ihr Gesicht an seinen Hals.
    “Du hättest nicht davonlaufen müssen”, sagte er. “Alles ist gut. Du wirst ohne den Schatten eines Zweifels von der Gesellschaft akzeptiert.”
    “Davonlaufen? Hat Lady Cahill es dir nicht gesagt?”
    “Doch, woher hätte ich sonst gewusst, wo ich suchen soll?” Er drehte sie zu sich um und schüttelte sie. “Was hast du davon, in diesem öden kleinen Nest zu leben? Ein verfallendes Haus in einem zugegebenermaßen hübschen Garten? Einfache Landleute als Gesellschaft? Unmöglich, dass du dies London vorziehst.”
    Sie sah ihn an. “Alles, was ich auf der Welt möchte, ist hier”, sagte sie langsam. “In London ist nichts, woran mir liegt.”
    Er erbleichte, sein Griff lockerte sich. “Nichts?”
    “Nicht in London. Alles, was ich möchte, ist hier.”
    Er sank im Sattel zusammen. “Dann soll es so sein.”
    Niedergeschlagen lenkte er sein Pferd zum Dorf. Zwischen ihnen herrschte Schweigen. Auch Kate konnte nicht mehr sagen. Sie hatte schon so viel preisgegeben, ohne zu wissen, was er fühlte.
    Warum war er gekommen? Hatte seine Großmutter ihn geschickt und er war seinem Pflichtgefühl gefolgt? Oder konnte er sich nicht damit abfinden, dass jemand seine Pläne durchkreuzte? Er hatte ihren Ruf gerettet, ihr dann aber zu verstehen gegeben, dass er nichts mehr mit ihr zu tun haben wollte. Gewiss, er begehrte sie, sie aber wollte mehr.
    Das Dorf rückte immer näher, bis schließlich hinter ein paar blühenden Apfelbäumen das Kreuz auf dem Turm der kleinen Kirche deutlich zu sehen war. Das Pferd blieb stehen.
    “Ach, so oder so, ich pfeife auf die Konsequenzen!”, ließ Jack sich plötzlich grollend vernehmen und wendete sein Pferd, um in die entgegengesetzte Richtung loszugaloppieren. Kate klammerte sich an ihn.
    “Wohin reiten wir? Hier geht es nicht zum Dorf!”, rief sie schrill.
    Er umfing sie fester. “Ich entführe dich.”
    Kate hörte es fassungslos. Er wollte sie entführen?
    “Alle anderen tun es, warum also nicht ich?”, rief er ihr ins Ohr.
    “Nein, Jack, bitte, du nicht”, rief sie bebend und brach in Tränen aus.
    Erschrocken zügelte er sein Pferd, glitt aus dem Sattel und hob Kate herunter. Ihre Beine gaben unter ihr nach, sie sank ins Gras. Er ließ sich neben ihr nieder und nahm sie in die Arme. “Kate, weine nicht”, sagte er zerknirscht und zog ein Taschentuch heraus, um ihr die Wangen zu trocknen. “Das ertrage ich nicht.”
    Kate schluchzte nur noch heftiger.
    Er hielt sie an sich gedrückt und wiegte sie sanft, bis ihre Tränen versiegten. “Warum?”, flüsterte sie.
    Nach einem tiefen Atemzug schüttelte er verzweifelt den Kopf. “Ich dachte, wenn es dich wirklich nach ländlicher Einsamkeit gelüstet …”
    “Weiter”, drängte sie.
    Er machte ein verlegenes Gesicht. “Nun, ich dachte, du könntest …”
    “Ich könnte was?”
    Da explodierte er. “Also, wenn du es wissen willst, ich dachte, wenn du dich auf dem Land begraben möchtest, dann könntest du es mit mir tun! So, nun weißt du es. Ich bin ein verächtlicher Schuft, ein arroganter Narr, der glaubte, du würdest einverstanden sein …”
    “Womit?” Ihr Herz raste. Das war ja das Problem. Was hatte er geglaubt, dass sie tun wollte? Dass sie einverstanden sein würde, entführt zu werden?
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