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Nur ein kleiner Sommerflirt

Nur ein kleiner Sommerflirt

Titel: Nur ein kleiner Sommerflirt
Autoren: Simone Elkeles
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»Scheiß-Vater«-Rede ein jähes Ende findet. Der Handy-Wegreißer ist natürlich niemand anders als der beschissene Vater selbst.
    »Hey, gib es zurück!«, rufe ich.
    »Hallo, wer spricht da? Who is dis? «, bellt Ron wie ein Heeresführer mit Sprachfehler in mein Telefon.
    Ich kann Jessica nicht hören und hoffe nur, sie antwortet ihm nicht.
    »Jessica, sie ruft dich zurück, wenn es besser passt«, sagt er und beendet die Verbindung.
    Jetzt konnte ich sie nicht mal bitten, Mitch Bescheid zu sagen, dass ich den Sommer über weg bin.
    »Warum? Warum musst du mir die Ferien verpfuschen und mich unbedingt nach Israel mitschleppen?«
    Er steckt mein Handy in seine Gesäßtasche.
    »Weil ich möchte, dass du deine Grandmudder kennenlernst, bevor es zu spät ist. Darum.«
    Dann hat das alles also nichts damit zu tun, dass Ron mich besser kennenlernen und Zeit mit mir verbringen möchte. Kein von jetzt an will ich dir der Vater sein, der ich dir schon immer hätte sein sollen .
    Ich sollte nicht enttäuscht sein, aber ich bin es trotzdem.
    »Sehr geehrte Fluggäste, der El-Al-Flug Nummer 001 nach Tel Aviv mit Zwischenlandung in Newark ist nun zum Einstieg bereit«, schallt eine Stimme mit israelischem Akzent aus dem Lautsprecher. »Passagiere der Reihen fünfunddreißig bis fünfundvierzig, bitte halten Sie Ihre Bordkarten und Pässe bereit.«
    »Vorschlag«, sagt Ron. »Ich gebe dir das Telefon zurück, wenn du kooperierst und ins Flugzeug einsteigst. Abgemacht?«
    Als ob ich eine andere Wahl hätte.
    »Okay.« Ich halte die Hand auf. Wenigstens bleibt mir damit ein kleiner Rest von Normalität und Unabhängigkeit erhalten.
    Er gibt mir das Handy und ich folge ihm widerstrebend an Bord der Maschine.
    Ron und ich sitzen ganz hinten, in Reihe sechzig. Ich bin irgendwie froh, dass keiner hinter mir sitzt, so kann ich es mir auf dem zwölfstündigen Flug nach Tel Aviv wenigstens gemütlich machen.
    Außer natürlich, es befindet sich eine Bombe an Bord oder die Maschine wird von Terroristen gekapert und wir sterben alle, noch ehe wir das Kriegsgebiet erreicht haben. Während ich über Terroristen in unserem Flugzeug nachdenke, sehe ich zu Ron hinüber.
    »Ich habe gehört, dass auf allen El-Al-Flügen Sky-Marshals an Bord sind«, sage ich und stopfe meinen Rucksack unter den Vordersitz. »Stimmt das?«
    Ich bin mir nicht sicher, ob ich je zuvor ein Gespräch mit Ron angefangen habe – er wirkt jedenfalls erstaunt und sieht sich, ehe er antwortet, um, ob ich die Frage vielleicht jemand anderem gestellt habe.
    »Bei El Al gab es schon immer Sky-Marshals.«
    »Wie viele?« Denn wenn nur ein Sky-Marshal auf fünf Terroristen kommt, dann wird der Sky-Marshal wohl als Erster geröstet.
    »Viele. Keine Sorge, El Al ist in puncto Sicherheit die Nummer eins.«
    »Aha«, mache ich wenig überzeugt, als ich links von mir einen Typ mit einer dicken, zusammengewachsenen Mono-Augenbraue entdecke, der ziemlich verdächtig aussieht. Mr Mono-Braue schenkt mir ein Lächeln, das jedoch schnell erlischt, als er merkt, dass Ron ihn anfunkelt.
    Nach so vielen Jahren, in denen Ron lediglich als reiner Geburtstags-Dad in Erscheinung getreten ist, hat er in meinen Augen absolut kein Recht, sich als mein Vater zu bezeichnen, geschweige denn sich als Beschützer aufzuspielen. Als ich noch klein war, habe ich den Boden verehrt, auf dem er lief – auch wenn er mich nur zu meinem alljährlichen Geburtstagsausflug abgeholt hat. Er war für mich der Superheld, der mir jeden Wunsch erfüllte, und für einen Tag fühlte ich mich wie eine Prinzessin.
    Doch als ich irgendwann kapierte, dass ein Vater jeden Tag für einen da sein sollte, begann ich, ihm das übel zu nehmen. Letztes Jahr habe ich ihn sogar versetzt. Ich habe mich aus dem Haus gestohlen, eine Nachricht hinterlassen, dass ich mit Freunden ausgegangen sei, und bin erst spätabends wiedergekommen.
    Meine Mom ist kein einfacher Mensch. Sie wechselt die Männer wie Unterwäsche. Aber soweit ich weiß, gehörte Ron früher einer Kommandotruppe der israelischen Streitkräfte an.
    Ein Kommandosoldat, der zu feige ist, für eine Frau zu kämpfen, die er geschwängert hat, ist in meinen Augen der reinste Hohn.
    Wenn ich erwachsen bin, will ich nicht so werden wie meine Mutter. Und wie Ron auch nicht.
    Es dauert nicht lange und wir landen in Newark, wo noch weitere Passagiere zusteigen. Ich habe noch nie Sardinen gegessen, doch als immer mehr Leute hereindrängen und jedes noch so winzige Fleckchen im
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