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Nur ein kleiner Sommerflirt

Nur ein kleiner Sommerflirt

Titel: Nur ein kleiner Sommerflirt
Autoren: Simone Elkeles
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mal aufhören zu reden.
    »Die halten mich gegen meinen Willen hier fest und stecken mich in die Armee, stimmt’s?«
    Ich sehe es schon vor mir, wie ich meine Abercrombie-&-Fitch-Klamotten gegen einen Tarnanzug eintauschen muss. Mein Herz schlägt schnell und mir laufen kleine Schweißperlen übers Gesicht. Ich schwöre, es sind keine Tränen, nur Schweißtropfen.
    »Ron, um ganz ehrlich zu sein – ich bin wahrscheinlich nicht mal deine Tochter. Hast du jemals einen Vaterschaftstest machen lassen? Ich habe nämlich ein Foto von so einem Typ entdeckt, mit dem Mom im College zusammen war. Und der sieht mir total ähnlich.«
    Ron verdreht die Augen zur Decke und atmet laut aus. Als er mich wieder ansieht, sind seine braunen Augen noch dunkler als sonst. Er beißt die Zähne zusammen.
    »Beruhige dich, Amy. Mach hier nicht so eine Szene.«
    »Pass mal auf«, sage ich, so cool ich kann, und bekomme meine Stimme wieder unter Kontrolle. Jetzt klinge ich wie Angelina Jolie in diesem Film, in dem sie jedem in den Arsch tritt, der ihr in die Quere kommt. »Ich hab noch nicht mal damit angefangen, eine Szene zu machen.«
    Ein Soldat mit einem sehr, sehr großen Maschinengewehr kommt auf uns zu. Sein Schädel ist fast kahl geschoren, und allein schon sein Äußeres lässt ahnen, dass sein Finger am Abzug nervös ist. Großartig, mein Leben ist vorbei. Ich werde für den Rest meiner Tage in diesem Dritte-Welt-Land festsitzen … und die sind wahrscheinlich auch gezählt (also meine Tage).
    »Mah carrah?« , sagt der Soldat auf Hebräisch zu Ron. Für mich klingt es eher wie »Macarena?« oder »Kill Amy?«.
    »Ha’kol b’ seder« , erwidert Ron.
    Ich hätte nie gedacht, dass ich es einmal bereuen würde, kein Hebräisch zu können. In der Schule habe ich mich für Español entschieden.
    Mit klopfendem Herzen frage ich: »Was redet ihr? Was ist los?« Obwohl ich mich vor der Antwort fürchte, bemühe ich mich, einen kühlen Kopf zu bewahren, damit ich vor meiner Flucht noch so viel wie möglich für den Secret Service in Erfahrung bringen kann. Die amerikanische Regierung wird sich sehr dafür interessieren, was hier abgeht – da bin ich mir sicher.
    »Du bist keine israelische Staatsbürgerin«, sagt Ron. »Und du wirst auch nicht von der Armee eingezogen.«
    »Und was hat dieser Soldat dann zu dir gesagt?«
    »Er wollte wissen, ob es ein Problem gibt, und ich habe ihm geantwortet, dass alles in Ordnung ist. Mehr nicht.«
    Wenig glaubwürdig, finde ich, folge ihm aber zurück zu der Einwanderungsfrau – in erster Linie, weil er meinen Arm hält, als sei er in einen Schraubstock eingespannt.
    Diesmal spricht er Hebräisch mit ihr, wahrscheinlich, um sicherzugehen, dass ich nichts mitbekomme. Soweit ich dem Gespräch folgen kann, macht er einen Deal mit ihr, mich als Kindersklavin zu verkaufen. Obwohl ich von mir selbst behaupten kann, dass ich ziemlich gut informiert bin, was in der Welt vor sich geht, muss ich zugeben, dass ich noch nie von Kindersklaverei in Israel gehört habe.
    Nach kurzem Hin und Her drückt die Dame einen Stempel in meinen Pass, den Mom mir vor einem Jahr für Notfälle hat ausstellen lassen. Und ich Dummie habe auch noch zugestimmt, weil ich dachte, dass sie einen Überraschungstrip für mich nach Jamaika oder auf die Bahamas plant.
    Ron und ich gehen die paar Schritte zur Gepäckausgabe.
    »Komm, wir holen uns einen Gepäckwagen«, befiehlt Ron.
    Ich schüttle den Kopf. »Ich warte lieber hier.« Soll er ruhig gleich wissen, dass er mir gar nichts zu sagen hat.
    Er verschränkt die Arme vor der Brust. »Amy, nach dem Drama, das du gerade abgezogen hast, ist mir nicht danach, den vertrauensseligen Vater zu spielen.« Oder Fadder , wie er sagt.
    Dieser Vorlage kann ich nicht widerstehen. »In der Rolle des liebenden Fadders hast du auch nicht gerade geglänzt.« Die Worte purzeln von meinen Lippen, als hätte sie mir jemand anders in den Mund gelegt. »Was für einen Fadder kannst du denn spielen, Ron? Nur damit ich es dann auch mitkriege …«
    Ich habe Ron in den wenigen Momenten, die wir miteinander verbracht haben, selten wütend erlebt, aber dennoch erkenne ich es an bestimmten Lauten oder seinem Schnaufen, wenn er sich aufregt.
    »Denk nicht, du wärst zu alt für eine Bestrafung, junge Dame.«
    Mein berühmtes spöttisches Grinsen steht schon bereit. »Nur damit du es weißt, liebster Daddy, mit dir hier zu sein, ist schon Strafe genug.«
    Eigentlich führe ich mich sonst nicht so auf, ehrlich.
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