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Nur ein kleiner Sommerflirt

Nur ein kleiner Sommerflirt

Titel: Nur ein kleiner Sommerflirt
Autoren: Simone Elkeles
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klingelt. Das war ja klar. Ich weiß, dass es Ron ist. Ein wenig ironisch ist es schon, dass er sich sonst im ganzen Jahr kaum zweimal meldet und jetzt ruft er innerhalb weniger Sekunden zweimal hintereinander an.
    Mom nimmt im Wohnzimmer ab, und ich versuche, durch die Tür meines Zimmers zu lauschen. Viel kann ich nicht verstehen, nur murmel, murmel, murmel. Nach ungefähr vierzig langen Minuten klopft sie an meine Tür und meint, ich soll für Israel packen.
    »Du machst Witze!«
    »Amy, du kannst ihm nicht ewig aus dem Weg gehen. Das ist nicht fair.«
    Nicht fair? Ich verschränke die Arme vor der Brust. »Entschuldige mal: Wenn was nicht fair ist, dann ist es die Tatsache, dass ihr zwei es nicht mal miteinander probiert habt. Erzähl du mir also nichts von Fairness.«
    Ja, ich weiß, mit sechzehn sollte ich eigentlich darüber hinweg sein, aber ich bin es nun mal nicht. Ich habe nie behauptet, ich wäre perfekt.
    »Die Dinge sind manchmal eben kompliziert«, sagt sie, »das wirst du verstehen, wenn du älter bist. Wir haben in der Vergangenheit alle Fehler gemacht, aber es wird Zeit, sie wiedergutzumachen. Du fliegst, das ist beschlossene Sache.«
    Ich kriege die Panik und verlege mich auf die Tour mit den Schuldgefühlen.
    »Ich könnte einem Anschlag zum Opfer fallen. Aber wenn es das ist, was du willst –«
    »Amy, übertreib nicht so schamlos. Er hat mir versprochen, gut auf dich achtzugeben. Es wird eine tolle Erfahrung.«
    Die nächsten zwei Stunden setze ich alle Hebel in Bewegung, um aus der Nummer rauszukommen, ich lasse nichts unversucht, echt. Dabei hätte ich wissen müssen, dass solche Diskussionen mit Mom nur zu Heiserkeit führen und sonst zu gar nichts.
    Ich beschließe, meine beste Freundin Jessica anzurufen. Die liebe, gute Jessica, die immer für mich da ist und mich versteht.
    »Hey, Amy, was gibt’s?«, antwortet eine fröhliche Stimme am anderen Ende der Leitung.
    »Meine Eltern haben beschlossen, mein Leben zu zerstören«, platze ich heraus.
    »Was meinst du mit ›Eltern‹? Hat Ron sich gemeldet?«
    »Ja, genau. Er hat angerufen. Und irgendwie hat er es geschafft, meine Mom davon zu überzeugen, dass sie meine Pläne für den Sommer cancelt, damit er mich mit nach Israel nehmen kann. Dabei will ich noch nicht sterben!«
    »Ähm, du willst meine Meinung darüber nicht wirklich hören, Amy, glaub mir.«
    Meine Augenbrauen ziehen sich zusammen, als mir klar wird, dass Jessica, meine allerbeste Freundin auf der ganzen Welt, nicht hundertzehn Prozent hinter mir steht.
    »Es ist ein Kriegsgebiet! « Ich sage es langsam, damit meine Worte ihre Wirkung richtig entfalten können.
    Ist das ein Lachen am anderen Ende der Leitung?
    »Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?«, fragt Jessica. »Also meine Mom fliegt jedes Jahr zum Shoppen nach Tel Aviv. Sie sagt, die haben da die reinsten Diamanten. Erinnerst du dich an das schwarze Kleid, das ich so gern mag? Sie hat es dort für mich gekauft. Die haben super-coole Mode, die neuesten Trends aus Europa und –«
    »Ich brauche jetzt deine Unterstützung, Jess, kein Gequatsche über Klunker und Klamotten«, unterbreche ich ihre Werbeveranstaltung für Israel.
    »Tut mir leid. Du hast recht«, sagt sie.
    »Schaust du nie Nachrichten?«
    »Sicher, in Israel gibt es Probleme. Aber meine Eltern sagen, dass vieles, was im Fernsehen gesendet wird, pure Propaganda ist. Halte dich einfach von Bushaltestellen und Cafés fern. Ron wird schon auf dich aufpassen.«
    »Ha«, mache ich.
    »Bist du jetzt sauer auf mich?«, fragt Jess. »Soll ich lieber lügen und sagen, dein Leben ist auf immer und ewig verpfuscht? Würdest du dich dann besser fühlen?«
    Jessica ist der einzige Mensch, dem ich es durchgehen lasse, wenn er mich auf den Arm nimmt. »Du haust heute die Kalauer nur so raus, Jess. Du weißt, dass ich dir nie böse sein kann, du bist meine ABF – meine allerbeste Freundin.«
    Andererseits, was sagt es über unsere Freundschaft aus, wenn meine ABF kein Problem damit hat, mich in ein Kriegsgebiet zu schicken?
    Jetzt, keine vierundzwanzig Stunden später, sitze ich am Flughafen und warte auf das Boarding für unseren Flug mit El Al Israel Airlines.
    Als ich mich gelangweilt umsehe, entdecke ich einen Typ im dunklen Anzug, der in die Hocke geht und die Unterseite jeder einzelnen Sitzreihe untersucht. Falls er eine Bombe findet, weiß er dann auch, wie man die entschärft?
    Ich werfe einen Blick auf meinen biologischen Vater, den fast inexistenten Mann in
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