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Nur ein kleiner Sommerflirt

Nur ein kleiner Sommerflirt

Titel: Nur ein kleiner Sommerflirt
Autoren: Simone Elkeles
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Aber meine Abneigung gegen Ron, gepaart mit der Unsicherheit, was seine Vatergefühle für mich angeht, macht mich zickig. Mir ist das oft gar nicht so bewusst. Wahrscheinlich bin ich so mies zu ihm, damit er einen triftigen Grund hat, mich nicht zu lieben.
    Seine Atmung ändert sich. »Warte. Hier. Sonst«, sagt er.
    Er marschiert weg, aber ich kann hier nicht tatenlos rumstehen. Ich sehe mich um, und mein Blick fällt auf das eine, dem die meisten amerikanischen Jugendlichen nicht widerstehen können.
    Ein Coca-Cola-Automat. (Stellt euch an dieser Stelle Harfenklänge vor, denn genau die erschallen gerade in meinem Kopf.)
    Wie in Trance bahne ich mir meinen Weg durch die Menge. Kalte Cola ruft nach mir. »Amy, Amy, Amy. Ich weiß, dir ist zu heiß und du bist angenervt. Amy, Amy, Amy. Ich weiß, du schwitzt wie ein Schwein. Amy, Amy, Amy. Ich löse all deine Probleme.«
    Ich berühre den Cola-Automaten und fühle mich sofort erfrischt. Hastig krame ich nach meinem Portemonnaie, um Geld in den einladenden Schlitz zu stecken. Zum ersten Mal seit vierundzwanzig Stunden huscht ein Lächeln über mein Gesicht. Irgendwie finde ich es tröstlich, dass es sogar im Nahen Osten Cola gibt. Dann schaue ich auf den Preis. Meine Cola-Sucht wird mich eine Stange Geld kosten.
    »Sieben Dollar und achtzig Cent?«, quieke ich. »Das ist Ausbeutung!«
    »Das ist der Preis in Schekel«, sagt eine Mutter, an der zwei Kinder hängen, mit israelischem Akzent. »Sieben Schekel und achtzig Ah-go-rot.«
    »Schekel? Ah-go-rot?« Ich habe keine Schekel. Und todsicher keine Ah-go-rots. Und auch keine Ah-go-grüns oder -gelbs.
    Ich habe nur amerikanische Dollar. Doch da entdecke ich einen Wegweiser, der mir verrät, dass es am Flughafen eine Bank gibt. Ich folge der Beschilderung zu der Bank, die sich am anderen Ende des Terminals befindet. Wenn ich mich beeile, wird Ron nicht mal merken, dass ich weg war.
    Doch vor der Bank steht eine Schlange. Ich sollte zurück zur Gepäckausgabe gehen, aber ich will meinen Platz in der Warteschlange nicht aufgeben. Wenn diese Leute nur ein bisschen schneller machen würden, hätte ich in Nullkommanichts meine Schekel und Ah-go-rots für meine Cola.
    Ich sehe auf die Uhr und frage mich, wie lange ich wohl schon anstehe. Zehn Minuten? Zwanzig? Man verliert leicht das Zeitgefühl.
    Endlich bin ich dran. Ich krame eine Zwanzig-Dollar-Note aus dem Portemonnaie und reiche sie dem Mann am Schalter.
    »Pass?«, sagt er.
    »Ich möchte nur Geld wechseln«, stelle ich klar.
    »Ja, das habe ich verstanden. Aber dafür brauche ich Ihre Ausweisnummer.«
    »Den hat mein … Vater.« Nachdem mein Pass abgestempelt wurde, hat Ron ihn an sich genommen, damit er nicht verloren geht. »Können Sie mir die Schekel nicht auch so geben?«
    »Nein. Der Nächste.« Er gibt mir meinen Zwanziger zurück und sieht bereits den Kunden hinter mir an.
    Mir bleibt der Mund offen stehen. Ich betreibe so einen Aufwand für eine Cola und kriege trotzdem keine? Unglaublich.
    Ich gehe zurück zur Gepäckausgabe und entdecke Ron, der mit zwei Soldaten spricht. Als er in meine Richtung sieht, ist mein erster Impuls, umzudrehen und davonzurennen, dabei habe ich nichts Schlimmes gemacht. Ja, er hat gesagt, ich soll mich nicht von der Stelle rühren, aber ich schwöre hoch und heilig, dass ich mich wirklich nur für eine Minute entfernen wollte.
    Nennt es weibliche Intuition, aber irgendetwas sagt mir, dass er sich meine Erklärung nicht unvoreingenommen anhören wird. Er wechselt noch ein paar Worte mit den Soldaten, dann kommt er auf mich zu. Betont langsam. Wahrscheinlich lässt er sich so viel Zeit, weil er gerade überlegt, wie er mich am besten killt oder in Stücke reißt. Lernen die in der Ausbildung zum Kommandosoldaten das Einmaleins der Zerstückelung?
    Schließlich steht Ron vor mir und ich mache mich auf etwas gefasst.
    Laute wie »arrr« und »yuh« kommen aus seinem Mund, doch dann dreht er sich zum Laufband der Gepäckausgabe um, auf dem gerade unser Gepäck kommt. Unsere Taschen sind die einzigen, die noch im Kreis fahren. Er wuchtet sie herunter und wirft sie auf einen Wagen, als würden sie nur zwei Pfund wiegen.
    Dabei war mein Koffer über dem Gewichtslimit. Das weiß ich, weil Ron über hundert Dollar nachzahlen musste, damit ihn die Fluggesellschaft überhaupt mitgenommen hat. Notiz an mich selbst: Ron ist sehr stark.
    Ich sehe ihm zu und warte auf seinen Wutausbruch. Glaubt mir, der kommt. Angst macht mir nur die Tatsache,
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