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Nur ein Gerücht

Titel: Nur ein Gerücht
Autoren: Sabine Kornbichler
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interessiert.« 
    »Und du lässt sie warten?« Ich sprang auf und war mit zwei Schritten an der Tür. »Warum hast du das nicht gleich gesagt?«
    »Sie hat Zeit, sie macht Urlaub in der Gegend.«
    Ich wollte an ihm vorbei, als sich eine schwere Hand auf meine Schulter legte.
    »Das kann der Junge machen, dazu haben Sie ihn schließlich eingestellt. Wir haben zu reden.«
    Auf Bastis fragenden Blick hin gab ich ihm zu verstehen, dass ich einverstanden war, wenn auch widerstrebend. »Wenn sie Stunden nehmen will, dann übernimm du sie bitte, ich bin ziemlich ausgebucht.«
    »Geht klar.« Er zwinkerte mir mitfühlend zu.
    Kaum hatte ich die Tür hinter ihm geschlossen, drehte ich mich mit einem Schwung zu seinem Großvater um. »Das machen Sie nicht noch einmal mit mir! Ich bin Ihre Pächterin und nicht Ihre Weisungsempfängerin.«
    »Und Sie vergreifen sich im Ton«, giftete er. »Ich werde das alles genauestens protokollieren, damit es vor Gericht standhält.«
    »Wie bitte?« Jetzt war er übergeschnappt.
    »Sie sind eine unverschämte Person, die mit ihrem Benehmen gegen die guten Sitten verstößt. Und falls Sie sich erinnern, ist das ein Grund, Ihren Vertrag fristlos zu kündigen, was ich hiermit tue. Sie haben vier Wochen Zeit, den Hof zu räumen. Komplett, wenn ich bitten darf. Und das ist noch sehr kulant von mir. Vier Wochen! Haben Sie mich verstanden?«
    Schlagartig wurde mir klar, dass es ihm ernst war. Ich spürte, wie die Farbe aus meinem Gesicht wich und mir eiskalt wurde. »Ihr Enkel hat doch heute erst hier angefangen«, stammelte ich.
    »Machen Sie sich um den keine Sorgen.«
    Ich ließ mich in meinen Stuhl fallen. »Ich verstehe das nicht, Herr Pattberg. Fünf Jahre lang ist alles weitestgehend problemlos gelaufen, ich habe den Hof, wie ich dachte, auch zu Ihrer Zufriedenheit geführt und jetzt ...«
    »Und jetzt ist eben Schluss.« Mit der flachen Hand schlug er auf den Tisch zwischen uns.
    Ich zuckte zusammen, während mir das Adrenalin durch die Adern schoss. »Ich akzeptiere Ihre Kündigung nicht, Herr Pattberg.«
    »Werden Sie müssen, Frau Bunge, werden Sie müssen! Lesen Sie den Vertrag, dann wissen Sie, wovon ich rede.«
    »Wir haben einen Zehnjahresvertrag, den können Sie nicht so mir nichts dir nichts fünf Jahre vor Ablauf kündigen.«
    »Wer redet von mir nichts dir nichts? Ich rede von sittenwidrigem Verhalten. Steht unter Paragraph vier, können Sie dort nachlesen.«
    Ich hatte den Vertrag damals zwar genau gelesen und ihn auch von einem Münchener Anwalt prüfen lassen, aber den Wortlaut und die einzelnen Klauseln wusste ich längst nicht mehr. »Das ist lächerlich! Ich betreibe hier schließlich kein Freudenhaus.«
    »Aber Sie haben ein loses Mundwerk, das reicht.«
    Perplex starrte ich ihn an. Er bekam regelmäßig seine Pacht und hatte sein altes Pferd kostenlos bei mir unterstellen können, wofür er im Gegenzug nur abends vor dem Schlafengehen noch eine Runde durch den Stall drehen musste, um zu sehen, ob mit den Pferden alles in Ordnung war. Wenn er meinte, diese Arbeit sei zu gering honoriert, warum sagte er das nicht? Vielleicht war es ihm in letzter Zeit auch zu viel geworden. Aber über all das konnte man reden. »Herr Pattberg, wie wäre es, wenn wir uns beide ein wenig abkühlen und morgen noch einmal über alles sprechen?«
    »Eine niedrigere Körpertemperatur ändert nichts an meiner Entscheidung, Frau Bunge«, blaffte er.
    »Sagen Sie mir einen Grund, warum ...«
    »Sage ich doch: sittenwidriges Verhalten. Und jetzt genug davon! Ich habe noch zu tun.« Er wandte sich zur Tür. »Sie haben vier Wochen Zeit«, rief er mir im Hinausgehen zu.
    Noch Minuten nachdem er gegangen war, starrte ich auf die Tür, die er hinter sich ins Schloss gezogen hatte. Mein Körper fühlte sich kraftlos an. Meine Energie schien sich in meinem Gehirn zu verlieren, das kurz davor war, unter dem Ansturm von Fragen zu kapitulieren. Wohin mit den Pferden? Wo sollte ich so schnell eine neue Bleibe finden? Wer könnte mir bei der Suche behilflich sein? Hatte ich am Morgen noch anlässlich meines Fünfjährigen jubiliert, stand nur ein paar Stunden später meine Existenz auf dem Spiel.
    »Morgen um dreizehn Uhr nimmt sie ihre erste Reitstunde«, platzte Basti in meine Gedanken.
    »Fein«, sagte ich abwesend.
    »Darf ich?« Ohne meine Antwort abzuwarten, nahm er sich ein weiteres Stück von Susannes Kuchen.
    Ich sah durch ihn hindurch und spürte meinen Hals eng werden.
    »Du siehst aus, als wäre
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