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Nur ein Gerücht

Titel: Nur ein Gerücht
Autoren: Sabine Kornbichler
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Menge auf dem Kasten hat.«
    »Ich werde es mir überlegen.« Viktor Janssen war der letzte Mensch, den ich anrufen würde. Ich hatte es in den vergangenen zwanzig Jahren nicht getan, und ich würde es auch jetzt nicht tun.
    »Kopf hoch, Carla! Der alte Pattberg ist manchmal unausstehlich, aber auf seinen Geschäftssinn ist Verlass. Und er macht ein gutes Geschäft mit dir.« Er kam auf mich zu und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. »Wenn ich in jemandes Fähigkeiten Vertrauen habe, dann in deine.«

3
    D er Nachmittag war nur so dahingeflogen. Nach dem Unterricht hatte ich an einer der Weiden einen Zaun repariert und anschließend mit zwei Pensionspferden im Dressurviereck gearbeitet. Zwischendurch hatte ich mehrere Anwälte angerufen. Einer von ihnen hatte meinem Drängen nachgegeben und sich bereit erklärt, mich am nächsten Morgen zu empfangen. Ich wollte aus dem Mund eines Fachmanns hören, dass meine Sorgen unbegründet waren.

    Gemeinsam mit Basti fütterte ich am Abend die Pferde. Ich liebte diese Zeit des Tages, wenn sich die Unruhe im Stall langsam legte und die Schritte in der Stallgasse vom zufriedenen Kauen und Schnauben der Pferde übertönt wurden. Es hatte etwas Friedliches, das auch an diesem Abend nicht spurlos an mir vorüberging. Ich atmete den vertrauten Geruch ein, während ich einen Blick in jede Box warf, um mich vom Wohlergehen meiner Schützlinge zu überzeugen. Zwölf Boxen waren leer, da die Tiere von ihren Besitzern noch geritten wurden. Die Mehrzahl der Pferde begleitete mich bereits seit fünf Jahren. Ich war stolz darauf, dass es in meinem Stall so selten einen Wechsel gab. Wenn eine Box gekündigt wurde, dann nur, weil der Besitzer des Pferdes umzog oder sich von dem Vierbeiner trennen musste. Zum Glück geschah das sehr selten. Es hatte sich schnell herumgesprochen, dass ich auch mit schwierigen Pferden umgehen konnte. Kein Pferd, das jemals als Problemfall auf dem Bungehof abgeladen worden war, war ein solcher geblieben. Die Erfahrung mit Oskar hatte mich gelehrt, worauf es ankam: auf Einfühlungsvermögen und klare Hierarchieverhältnisse, auf eine Engelsgeduld und manchmal hartes Durchgreifen im rechten Moment.
    Auf meinem Gang durch die Stallgasse gesellte Basti sich zu mir. »Ich bin fertig für heute.« Er hatte viel geschafft an diesem Tag, was seinem Gesicht nicht anzusehen war, denn es sah so frisch aus wie am Morgen. »Und? Wie habe ich mich gemacht?«
    »Gut.«
    »Gibt's was auszusetzen?«
    »Nein ... ich möchte dich nur bitten ...«
    »Sag es nicht!« Mit einer dramatischen Geste gebot er mir Einhalt. »Ich werde morgen früh nicht zu spät kommen.«
    Ich runzelte meine Brauen. »Warum ist es so schlimm, wenn ich dich daran erinnere?«
    »Erstens komme ich mir vor wie ein Kind und zweitens bedienst du damit deinen Kontrollzwang.«
    Meine Sprachlosigkeit war zum Glück nur vorübergehend. »Die Tatsache, dass der Bungehof deinem Großvater gehört, sollte dich nicht dazu verleiten, dir Respektlosigkeiten zu erlauben. Ich dachte, das hätte ich im Einstellungsgespräch klargemacht.«
    Seinem amüsierten Lachen nach zu urteilen war es mir nicht gelungen, ihn in seine Schranken zu weisen. »In diesem Gespräch hast du mir eigentlich nur klargemacht, dass du händeringend eine Unterstützung suchst, die  absolut vertrauenswürdig  und  hundertprozentig zuverlässig  einen unterbezahlten  Traumjob  macht.«
    »Diese Stellenbeschreibung hat dich offensichtlich angesprochen«, sagte ich muffig. Er hatte meinen Tonfall täuschend echt imitiert.
    »Ist ja auch wie für mich gemacht. Oder kannst du dir Attribute vorstellen, die besser auf mich zutreffen als  absolut vertrauenswürdig  und  hundertprozentig zuverlässig ?«
    »Das sage ich dir in einem Jahr, wenn ich dich besser kenne.« Wenn es den Bungehof dann überhaupt noch gibt, dachte ich besorgt und stellte nicht zum ersten Mal an diesem Tag fest, dass es Hans Pattberg gelungen war, mein Gefühl von Sicherheit zu erschüttern. »Und jetzt Schluss für heute!« Ich machte Anstalten hinauszugehen, als mir noch etwas einfiel. »Wie war übrigens deine Reitstunde?«
    »Sie hat ihr so gut gefallen, dass sie drei Mal die Woche wiederkommen will. Sie ist blutige Anfängerin. Ich habe sie jeweils für dreizehn Uhr in die Liste eingetragen. Da komme ich dir mit deinen Stunden nicht in die Quere.«
    »Prima. Und jetzt mach, dass du nach Hause kommst.«
    »Zu Befehl,  Chefin .«
    Die Fäuste in die Hüften gestemmt
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