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Nur Dumme machen keine Fehler

Nur Dumme machen keine Fehler

Titel: Nur Dumme machen keine Fehler
Autoren: Andreas Schlueter
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ruhig und geordnet, beinahe als ob die Zengel in Mutters Wohnstube ein Großraumbüro eröffnet hätten. Johanna war mit ihrer Mutter schon mehrfach in Behörden gewesen. Das Treiben der vielenMenschen dort hatte einen ähnlich faden, eintönigen Eindruck auf Johanna gemacht.
    Selbst auf Alexanders Kopf hatten sich Zengel auf eine Art eingenistet, als ob sie dort oben wichtige Dinge zu erledigen hätten.
    Wie auf Befehl zogen die Zengel etwas Seltsames aus unsichtbaren Taschen hervor. Metallstäbe waren das. Lauter kurze dünne oder dicke Metallrohre. Es hätten Fenstergitter sein können, vielleicht sogar in Stücke zerschnittene Stäbe aus Gefängnistüren. Doch schnell begriff Johanna, was es mit diesen Metallstäben wirklich auf sich hatte. Es waren kleine Pusterohre! So wie Mörfi einen hölzernen Dreizack mit Ösen besaß, trug nun jeder Zengel ein solches Blasrohr aus hartem, kalten Metall bei sich.
    „Fieses Fehler-Gift-Gelee!“, rief Mörfi entsetzt.
    Noch ehe Johanna genauer erfragen konnte, was fieses Fehler-Gift-Gelee war und wie es sich von Mörfis fabelhafter Fehlerflüssigkeitunterschied, bliesen die ersten Zengel schon ihre Blasen durchs Zimmer. Während Mörfis Seifenblasen aber durchsichtig in den schönsten Regenbogenfarben schillerten und glitzerten und majestätisch dahingeschwebt waren, eierten die schmierigen Blasen der Zengel qualmend und rauchend in grell leuchtendem Giftgrün, stumpfem Ätzrosa oder dumpfem Sumpfbraun durch die Luft.

    Allein schon der Gedanke, dass solch eine widerliche Sabberkugel am eigenen Körper zerplatzen könnte, ließ einem einen Schauer über den Rücken laufen.
    Johanna hielt sich vor Entsetzen die Hand vor den Mund.
    Alexander arbeitete unterdessen schon wieder fleißig. Johannas Mutter wollte ihn zu einem Arzt fahren, doch Alexander hatte darauf bestanden, zuvor unbedingt den Text per E-Mail in sein Büro senden zu müssen.
    Er klappte seinen Laptop auf, sah aber nicht, wie im selben Moment eine der ekelbraunen Sabberblasen auf dem Deckel des Computers zerplatzte.
    Alexander startete seinen Laptop, erhielt aber nur die Fehlermeldung:
    Schwerer Systemfehler.
    Der Startvorgang wurde abgebrochen.
    „Oh nein!“, schrie Alexander. „Bloß das nicht!“
    Besorgt fragte Johannas Mutter nach, was passiert war. Alexander erklärte, seine Festplatte sei offenbar defekt, was bedeutete, dass eine sehr teure Reparatur bevorstand. Außerdem kam er solange nicht an seinen Text heran. „Heute geht aber auch alles schief!“, schimpfte er.
    Johanna wusste natürlich, woran das lag. Aber ihr hörte ja niemand zu.
    „Zerstörungs-Zengel!“, zeterte Mörfi.
    Johanna verstand. Das war der Unterschied zwischen Mörfi, dem Fehlerteufelchen, und den zerstörerischen Zengeln. Mörfi mit seiner fabelhaften Fehlerflüssigkeit konnte das Verhalten der Menschen beeinflussen und kleine Fehler bei ihnen verursachen.
    Die Zengel dagegen griffen die Dinge der Menschen an und zerstörten sie. So entstandenLöcher in Böden, über die man stolpern konnte. Computer gingen kaputt, Reifen platzten oder Möbel brachen auseinander. Die Fehler hatten immer eine Zerstörung zur Folge.
    Schon hatten sich einige Zengel auf dem aufgeklappten Laptop breitgemacht und sahen mit großer Vorfreude ihrer nächsten Schandtat entgegen.
    Alexander grübelte unterdessen, ob es nicht doch noch eine andere Möglichkeit gab, an den Text heranzukommen, um ihn an seinen Chef zu senden. Der Zeitpunkt, an dem der Chef den großen Versicherungskunden erwartete, um diesem den Text vorzustellen, rückte immer näher. Alexander lag wie ein Häufchen Elend auf dem Sofa, machte sich weiterhin Vorwürfe, dass er im Treppenhaus gestürzt war, und merkte nicht, wie dadurch die Zengel mehr und mehr anwuchsen.
    „Du musst zum Arzt!“, drängelte Johannas Mutter. „Wenn du weiter hier sitzt und dich ärgerst, hat die Praxis geschlossen und du wirstbis morgen diese entsetzlichen Schmerzen haben!“
    „Aber mein Text!“, jammerte Alexander. „Mein Chef reißt mir den Kopf ab. Morgen kommt der Kunde. Und wir hätten alles noch mal durchsprechen müssen!“
    Mörfi stützte seinen Kopf in die Hände. Wie konnte ein einzelner Mensch nur so viel jammern!
    „Es bleibt nichts anderes übrig“, entschied Alexander. „Ich muss den Text noch einmal schreiben. Ich weiß nicht, das wievielte Mal ich den jetzt schreibe. Es ist zum Verzweifeln.“
    „Hattest du ihn nicht gespeichert?“, wagte Johanna zu fragen.
    Es traf sie
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